Mehr Gründächer für das Klima
|Begrünte Dächer wirken sich nicht nur positiv auf das Klima aus. Sie schützen versiegelte Räume auch bei Starkregenereignissen. Die Firma tetraeder.solar bietet ein spezielles Verfahren zur Erstellung von Katastern, die die Potenziale für den Bau von Gründächern zeigen.
Die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (FBB) hat im letzten Jahr die „Bundesweite Strategie Gebäudegrün“ ins Leben gerufen. Damit soll die Begrünung von Dächern in deutschen Städten gefördert werden.
Der Gründachmarkt wächst nur geringfügig und liegt nach Angaben des FBB seit Jahren bei etwa acht Millionen Quadratmeter Zuwachs pro Jahr. Gebäudebegrünung wird noch selten von den Kommunen als strategisches städtebauliches Instrument genutzt. In Bebauungsplänen tauchen sie kaum auf. Direkte Zuschüsse steigen nicht, obwohl die Erfahrungen vieler größerer Städte wie Stuttgart, München, Karlsruhe oder Darmstadt, die Fördergelder von bis zu 20 Euro pro Quadratmeter vergeben, positive Auswirkungen auf Umwelt- und Lebensqualität bescheinigen.
Das Thema Gebäudebegrünung lässt sich jedoch in vielerlei Initiativen integrieren. Beispiele sind die Charta „Zukunft Stadt und Grün“, die UN-Dekade Biologische Vielfalt (2011 – 2020), die „Zukunftsstadt. Strategische Forschungs- und Innovationsagenda“ oder das „Grünbuch Stadtgrün“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Diese steigern auch die Möglichkeiten für Kommunen, weitere Fördermittel zu beantragen.
FBB-Präsident Gunter Man zielt auf die Vergrößerung des Marktes der Gebäudebegrünung: „Das heißt: mehr Festschreibungen in Bebauungsplänen, mehr direkte und indirekte Förderungen durch Bund, Länder und Gemeinden. Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung sollen eine Art Selbstverständlichkeit werden.“
Aktuell haben Kommunen eine weitere innovative Möglichkeit, die Dachbegrünung bekannt zu machen. Die Firma tetraeder.solar aus Dortmund hat ein neues Verfahren entwickelt, mit dem ein Gründachpotenzialkataster erstellt werden kann. Analog zu dem seit Jahren bekannten Solarkataster wird dabei ein kartografischer Datensatz erstellt, bei dem alle Dachflächen, die sich für eine Begrünung eignen vermessungsgenau dargestellt werden.
Gründächer mit weitreichenden Effekten
Solche Gründachpotenzialkataster zeigen also potenziell begrünbare Dachflächen und stellen damit eine Informations- und Planungsgrundlage zur Verfügung. Begleitend bietet das Unternehmen Beratung von Eigentümern über technische Lösungen, Fördermöglichkeiten und mögliche Reduktion der Niederschlagswassergebühren. Die Stadt Düsseldorf und der Kreis Mettmann, bei denen tetraeder.solar bereits entsprechende Projekte durchgeführt hatte, konnten durch die Steigerung des Bekanntheitsgrades von Dachbegrünungen eine stetige Zunahme des Gründachanteils feststellen.
Das Prinzip der Erstellung des Gründachkatasters ist eng verwandt mit dem des Solarkatasters, nur dass eben andere Dachflächen als geeignet klassifiziert werden. Die Ausrichtung zählt weniger, dafür die Steilheit der Dachform. „Wir gehen davon aus, dass eine Neigung von 15 Grad als maximaler Wert berücksichtigt werden kann“, sagt Stephan Wilforth, Geschäftsführer von teraeder.solar. Basis ist bei beiden Verfahren ein 3D-Stadtmodell, das aus Laserdaten oder einer stereometrischen Bildauswertung erstellt wird. In der Regel liegen solche Daten bei Städten oder den Vermessungsverwaltungen vor.
Kommunen, die bereits ein Solarkataster erstellt haben, können eine neue Auswertung in Auftrag geben und so auf der gleichen Datengrundlage kostengünstig die für Begrünung geeigneten Dachflächen berechnen lassen. Kommunen können aber auch umgekehrt denken. „Wir haben zuletzt viele Gespräche gehabt, die aufgrund des Interesses an Solar zustande kamen, wo aber dann das Gründach wesentlich mehr Interesse auf sich gezogen hat“, sagt Wilforth. Fakt ist: Lassen Kommunen beide Analysen im gleichen Schritt durchführen, fallen kaum Mehrkosten an. Die Ergebnisse werden meist im Rahmen einer WebGIS-Darstellung auch im Internet öffentlich gezeigt.
Die Stadt Witten beispielsweise hat sich letztes Jahr von tetraeder. solar ein Gründachpotenzialkataster erstellen lassen, nachdem sie im Jahr 2012 eine Solarpotenzialanalyse in Auftrag gegeben hatte. Das Interesse liegt in einer gesamtstädtischen Untersuchung aus Sicht der Klimafolgenanpassung.
„Grundsätzlich deckt das Gründachpotenzialkataster vielfältige Themen ab“, sagt Sonja Eisenmann, die bei der Stadt Witten als Klimaschutzmanagerin angestellt ist und das Projekt leitet. Gemeinsam mit der Stadtentwässerung sollen etwa für Starkregenereignisse Quellbereiche identifiziert werden, die die hydraulische Belastung erhöhen und so für lokale Überschwemmungen sorgen können.
Damit steht das Thema auch im Kontext von lokalen Starkregenereignissen, die Kommunen in den letzteren Jahren bedingt durch den Klimawandel immer mehr Sorgen bereiten und zu einem Umdenken geführt haben. Zwar müssen die Kanalnetze lediglich für sogenannte 20jährige Hochwasser konzipiert werden, dennoch steht zunehmend die Frage im Fokus, welche baulichen Maßnahmen man ergreifen kann, um den oberflächenbezogenen Regenabfluss besser zu steuern und so überflutete Keller oder Straßendurchfahrten zu vermeiden.
Auch die Stadtwerke zeigen Interesse



In erster Linie geht es aber um den Klimaschutz, bei dem man zwischen Nachsorge und Vorsorge unterscheidet. „Das Potenzialkataster ist dabei eindeutig letzterer Kategorie zuzuordnen“, sagt Eisenmann. Gründächer sind in Bezug auf Umwelteinflüsse Alleskönner (siehe Kasten). Allein städtebaulich gesehen können sie für bessere Frischluftschneisen sorgen, bei Hitzewellen in stark versiegelten Baugebieten kühlen und die Biodiversität erhöhen – alles Parameter, die für eine grüne Kommune hoch im Kurs stehen.
Witten hatte bereits im Jahr 2012 bei der Zertifizierung des European Energy Awards teilgenommen und dabei eine Silber-Platzierung erreicht. In diesem Jahr ist wieder eine Teilnahme geplant, wobei auch das neue Grünkataster dafür sorgen soll, dass die Stadt mindestens das gleiche Ergebnis erzielt. Das Gründachpotenzialkataster, das in Witten zeitnah online gestellt werden soll, verfolgt dabei das Ziel, vielerlei Projekte des Klimaschutzes in den nächsten Jahren zu pushen.
Beim Gründach-Projekt war auch die Wittener Sparkasse involviert, die bereits spezielle Kreditmodelle für Photovoltaik-Installationen entwickelt hatte. „Auch die Stadtwerke zeigen großes Interesse, vor allem, da diese sich immer mehr als Energiedienstleister positionieren und Gründächer in diesem Umfeld eine wichtige Ergänzung auch zur Wärmedämmung sein können“, weiß die diplomierte Geographin Eisenmann.
Gleichzeitig stehen Fördermittel in Aussicht. Generell soll die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des BMUB dafür sorgen, dass die Fördergelder im Umfeld des Klimawandels erhöht werden. Auch die NRW-Bank fördert Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Das dürfte das kommunale Interesse am Gründachpotenzialkataster weiter erhöhen.
http://solar.tetraeder.com
www.witten.de
www.gebaeudegruen.info
Bild: Tetraeder