Open Data in NRW
|Interview: Christian Elsner von der Bezirksregierung Köln über die bisherigen Erfahrungen mit Open Data in Nordrhein-Westfalen
Nachdem sich Deutschland lange Rückständigkeit bei dem Thema Open Data vorwerfen lassen musste und die Bundesregierung mit einem Open-Data-Gesetz bis im Mai 2017 auf sich warten ließ, haben einige Länder bereits Initiative gezeigt und ihre Daten frei und kostenlos zur Verfügung gestellt.
In dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen zum Beispiel stehen Geobasisdaten ab dem 01.01.2017 als Open Data zur Verfügung. Business Geomatics sprach mit Christian Elsner über die bisherigen Erfahrungen.
Business Geomatics: Wie hat sich der Download im Vergleich zu letztem Jahr entwickelt?
Christian Elsner: Auf der Basis der aktuell verfügbaren Kennzahlen verläuft die die Open Data Entwicklung wie erwartet positiv. Sind 2016 noch rund 6.000 Datenabrufe über den ehemaligen Online-Shop der Vermessungsverwaltung ausgelöst worden, so wurde diese Zahl 2017 schon nach wenigen Tagen erreicht. In den ersten vier Monaten sind mehr als 450.000 Datenpakete der Geobasisdaten aus Nordrhein-Westfalen heruntergeladen worden. Das abgerufene Datenvolumen umfasst 313 TB und entspricht in etwa dem 60-fachen des redundanzfreien Datenbestands. Inzwischen hat sich das tägliche Abrufvolumen bei etwa 2 TB eingependelt.
Wo liegen die Schwerpunkte der Downloads?
Bei den topographischen Bildinformationen, also den digitalen Orthophotos, die heute im Produktstandard mit 20 Zentimeter Bodenauflösung verfügbar sind. Weiterhin liegt das Interesse bei den topographischen Höheninformationen, die als digitale Geländemodelle, Oberflächenmodelle, als Schummerungen oder 3D-Gebäudemodelle zur Verfügung stehen. ALKIS-Daten aus dem NRW-weiten Sekundärdatenbestand des Liegenschaftskatasters sowie die zugehörigen Folgeprodukte sind im Reporting des Landes mit rund zwei Prozent aller Downloads dokumentiert.
Welche neuen Zielgruppen sind auf den Zug Open-Data-Nutzung aufgesprungen?

Der Zugriff auf die Open-Data-Geobasisdaten ist ohne jede Zugriffsbeschränkung und anonymisiert realisiert. Somit können Anwender und deren Aktivitäten nicht unmittelbar identifiziert werden. Erst vereinzelt sind innovative Ansätze durch deren Veröffentlichung in den Medien erkennbar. Beispielsweise die Auswertung zum großen Straßennamen-Report des WDR, bei dem sich die Datenjournalisten Anfang 2017 der frei verfügbaren ALKIS-Gebäudereferenzen bedient haben oder die Realisierung eines Webviewers der Firma virtualcitysystems, bei der eine webbasierte 3D-Kartenanwendung umgesetzt wurde. Frei verfügbare Orthophotos werden in der Flugsimulation (flightx.net) eingesetzt. Ebenso haben global agierende GIS-Anbieter die Geobasisdaten in ihren Basiskartenbestand übernommen und sorgen für eine breite, aber eben nicht dokumentierte Nutzung.
Welche Nutzer-Wünsche werden neu formuliert?
Vereinzelt werden Änderungen zur Paketierung der Download-Dateien angeregt, die aufgrund des zum Teil beachtlichen Datenumfangs und der Dateigrößen als zu anspruchsvoll eingeschätzt werden; eine Bereitstellung von Einzelkacheln wird daher für weitere Produkte vorbereitet. Die anwenderseitige Umstellung der Arbeitsabläufe durch Einbindung von Geodatendiensten wäre ebenfalls eine sinnvolle Alternative.
Sollen weitere Services oder Produkte bereitgestellt werden?
Die Bereitstellung der Geobasisdaten erfolgt in Nordrhein-Westfalen auf Grundlage der Prinzipien der Sunlight Foundation zur Freigabe von offenen Regierungs- und Verwaltungsdaten. Daher ist es bezüglich der amtlichen Geobasisdaten nicht vorgesehen, alternative Premium-Produkte oder Services einzuführen, um damit Erlöse zu erzielen.
Bedarf es weiterer Investitionen in das Beschaffungssystem und die Datenbereitstellung?
Langfristige Perspektive ist ein online-Datenzugriff über Geodatendienste. Sprich: Der online-Shop mit integrierter Bestellfunktion ist überholt – es lebe die Geodateninfrastruktur. Die Metadatenkataloge der Geodateninfrastruktur beinhalten die Sprungadressen der zentralen und aktuellen Datenressourcen. Der online Zugriff und eine Verschneidung mit individuellen Fachdaten erfolgt dienstbasiert. Für dieses Szenario sind die Open Data Geobasisdaten in NRW vorbereitet. Die installierten Geodatendienste bedienen standardisierte Schnittstellen und sie werden performant mit hoher Servicequalität betrieben.
Zum Thema Lizenzen: Gibt es diesbezüglich bereits Erfahrungen und soll daran gearbeitet werden?
Auch gebührenfrei bereitgestellte Geobasisdaten unterliegen Lizenzbedingungen, die bei Verwendung der Daten einzuhalten sind – tatsächlich ist dies noch nicht allen Open-Data-Anwendern bewusst. Als einheitliche und einfach anwendbare Lizenzbedingung ist die „Datenlizenz Deutschland – Namensnennung – Version 2“ eingeführt worden. Dabei ist festgelegt, dass die Namensnennung der Rechteinhaber und Bereitsteller im Quellenvermerk mit „Land NRW“ sowie dem Jahr des Datenbezugs in Klammern erfolgen soll. Auch aus Gründen des Verbraucherschutzes ist diese Information zur Datenherkunft sinnvoll; die Angabe ist Bestandteil der vom IT-Planungsrat im Datenportal für Deutschland (GovData) formulierten Datenlizenz. Rückfragen zur Datenlizenz und zur Ausgestaltung des Quellenvermerks haben bislang den meisten Beratungsbedarf verursacht. Bei einer Einbindung in GIS-Anwendungen oder Web-Portale können die Anforderungen an den Quellenvermerk nicht automatisiert umgesetzt werden. Weiterhin ist identifiziert, dass die Behandlung unterjährig fortgeführter Geobasisdaten, also dynamischer Datenbestände, durch die derzeitige Regelung nicht abgedeckt ist. Hier ist Entwicklungsbedarf erkannt und gegenüber der Geschäftsstelle Open.NRW kommuniziert.