Daten für 3D-Wärmebilder

Ein innovatives Kamerasystem kombiniert Bild- und Wärmedatenerfassung – per Gyrocopter aus der Luft.

Kombinierte Kamerasysteme kommen in der Luftbilderfassung seit rund zehn Jahren zum Einsatz. Sie liefern heute Nadir- und Oblique-Bilder in sehr guter Auflösung als Datengrundlagen für 3D-Punktwolken, aus denen dann dreidimensionale Modelle von Gebäuden oder Geländen erstellt werden können. Auch Wärmebilder lassen sich seit einiger Zeit per Drohne und Infrarotkamera aus der Luft erfassen – bei Inspektionen von Photovoltaik-Anlagen, bei thermografischen Untersuchungen von unzugänglichen Gebäuden oder Starkstromleitungen sowie im Feuerwehr- und Polizeieinsatz leisten Wärmebildkamera- Drohnen bereits gute Dienste. Eine Möglichkeit, photo- und thermographische Aufnahmen mit einem einzigen System aus der Luft zu erfassen, gab es allerdings bis 2017 weltweit noch nicht.

3D-Wärmebild von Magdeburg (in der Bildmitte der Magdeburger Dom). Foto: Institut für Geoinformation und Vermessung, Dessau

Für Prof. Lutz Bannehr vom Institut für Geoinformation und Vermessung der Hochschule Anhalt in Dessau war das eine Herausforderung. Aufgrund seiner Erfahrungen mit der Wärmebildtechnik war er sich sicher, dass eine solche Lösung umsetzbar ist. Mögliche Anwendungsbereiche dieses Systems reichen vom Waldbrand- und Umweltmonitoring bis hin zu Zustandserhebungen im Dämmungsbereich oder Ertragsschätzungen für Photovoltaik und Solarthermie. Sprich: Sowohl digitale Gelände- als auch Stadtmodelle könnten durch die Integration von Wärmedaten aufgewertet werden.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts entwickelte er mit seinem Team das neuartige Kamerasystem AOS-Tx8, das überlappende Wärmebild- und konventionelle RGB-Aufnahmen aus der Befliegung heraus liefert – als Datengrundlage für dreidimensionale Wärmebilder.

Die Kameras

Das AOS-Tx8 kombiniert in einer sich überlappenden Schräganordnung 4 kompakte RGB-Kameras mit 4 Wärmebildkameras des Typs FLIR A65sc. Foto: Institut für Geoinformation
und Vermessung, Dessau

Für das System wählte das Team vier Wärmebildkameras des Typs FLIR A65sc sowie vier kompakte RGB-Kameras mit einer Auflösung von jeweils etwa 5 Megapixeln aus. Hermann Kaubitzsch von der FLIR-Integrator bgk infrarotservice GmbH empfahl die ungekühlte Variante der Kamera: „Die FLIR A65sc eignet sich mit ihrer guten Wärmebildauflösung von 640×512 Pixeln, ihrer Bildwiederholrate von 30Hz, ihrem Ethernet-Anschluss und ihren äußerst kompakten Abmessungen sehr gut für diese Anwendung.” Hermann Kaubitzsch war auch für die Synchronisation und die Auswertung der Kameras zuständig – keine ganz triviale Aufgabe, wie sich noch zeigen sollte.

Steuerung und technische Spezifikationen

Ein Team von Studierenden entwickelte eine 3D-Anordnung für die insgesamt acht Kameras, die auf möglichst kleinem Raum angeordnet werden mussten, um im Bodenbereich des ultraleichten Fluggeräts Platz zu finden. Für den Einbau im Gyrocopter wurde eigens eine offene Bodenplatte mit Halterung angefertigt. Die Steuerung des Systems findet über Ethernet, die Anzeige der Bilddaten auf einem 10″-Display statt. „Vor einigen Jahren hatten wir mit einer Wärmebildkamera eines anderen Anwenders experimentiert, aber da funktionierte die Steuerung über Ethernet nicht wie versprochen” erklärt Professor Bannehr. „Bei den FLIR-A65sc-Modellen war das dagegen kein Problem.” Insgesamt wiegt das AOS-Tx8-System nur 11,6 Kilogramm bei Abmessungen von 33 x 40 x 32 Zentimetern. Anschlüsse für die manuelle Kamerabedienung, das Flugmanagement-System, für Maus, Bildschirm und Tastatur ( jeweils über USB) sowie für die Stromversorgung sind vorhanden. Auch ein Name für das „Aerial Oblique System” war schnell gefunden: AOS-Tx8.

Synchronisation der Wärmebildkameras

Die Überlappung der FLIR-Kameras beträgt zwölf beziehungsweise drei Prozent. Um verwertbare Daten der vier einzelnen Wärmebildkameras zu erhalten und Temperatursprünge in den Messdaten am Übergang des Messbereichs von zwei Kameras zu vermeiden, mussten die vier Kameras miteinander synchronisiert werden. Technikbedingt weisen ungekühlte Wärmebildkameras eine Abweichung von bis zu +/- fünf Prozent in der Temperaturmessung auf. Ein Test aller vier Kameras gegenüber einem Referenzstrahler zeigte allerdings, dass sich die Abweichungen sehr linear über das gesamte Spektrum verteilten. Insofern war es möglich, die Kamera mit dem mittleren Wert zur Referenzkamera zu machen und die anderen Kameras darauf abzustimmen.

Premiere und Ergebnisse

Am 15. August 2017 war es soweit: AOS-Tx8 war – eingebaut in den Gyrocopter – bereit für erste Testmessungen im Flug. Die Flugplanungsdaten mit den Auslösepunkten sind dabei im Flugmanagementsystem hinterlegt, welches bei den Befliegungen das AOS-Tx8 und andere Sensoren triggert. Als Kartenbasis diente Google Earth.

Auf Testflüge über dem Campus Strenzfeld der Hochschule Anhalt folgten Testflüge über Magdeburg, bei denen nicht nur sogenannte IR-Orthobilder, sondern auch großflächige 3D-Wärmebilder entstanden, die beispielsweise auch die Dämmung der Fassaden zeigen. Aus den Daten ließen sich ein digitales Oberflächenmodell (DOM) mit Ermittlung der Gebäudehöhe und ein digitales Geländemodel (DRM) in RGB und Infrarot ableiten. Die Auswertung der Daten erfolgt mit auf dem Markt befindlicher Software wie Photoscan oder Pix4D. Für Messungen aus der Luft, bei denen keine 3D-Daten gefordert sind, verfügt das Institut mittlerweile auch über eine FLIR A655sc.

www.flir.de

http://igv.afg.hs-anhalt.de

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