Gebäudemonitoring und Indoor-Navigation: BKG erstellt digitalen Zwilling der Villa Mumm

„Digitale Zwillinge“ eröffnen nicht nur Möglichkeiten in der Fertigungsindustrie, sondern auch im Gebäudemonitoring und der Indoor-Navigation. Das zeigt ein aktuelles Projekt des BKG in Kooperation mit der LocLab Consulting GmbH.

Mithilfe von Fotoaufnahmen einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera, Referenzmaßnahmen und dem Gebäude- umriss der Villa Mumm entstand deren „Digitaler Zwilling”. Foto und Grafik: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG)
Mithilfe von Fotoaufnahmen einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera, Referenzmaßnahmen und dem Gebäude- umriss der Villa Mumm entstand deren „Digitaler Zwilling”. Foto und Grafik: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG)

Durch die dynamische und stetige Entwicklung digitaler und vernetzter Technologien haben sich in den letzten Jahren – unter anderem für Sicherheitsbehörden – völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Modernste Sensortechnik ermöglicht es der Einsatzleitung, zum Beispiel den aktuellen Aufenthaltsort der Einsatzkräfte auch innerhalb von Gebäuden im Blick zu behalten. Hier sind neben entsprechender Ausrüstung ebenso intelligente, digitale 3D-Gebäudedaten gefragt. Diese können einen wertvollen Beitrag leisten, um Situationen effizienter einschätzen und wiederum gezielter handeln zu können.

Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) untersucht als zentraler Dienstleister des Bundes für topographische Grundlagendaten, Kartographie und geodätische Referenzsysteme, wie ein bundesweiter Datensatz von digitalen 3D-Modellen öffentlicher Gebäude in Nutzung gebracht werden kann. Das Hauptziel des seit Beginn des Jahres 2017 unter Leitung von Joachim Bobrich, Referatsleiter von GI2-Geodateninfrastrukturleistungen beim BKG, laufenden Forschungs- und Entwicklungsprojekts „3D-Gebäudemonitoring“ (kurz: 3DGeMo) ist dabei die Konzeptionierung eines eng mit dem potentiellen Nutzerkreis abgestimmten Workflows. Dieser erstreckt sich von der Datenaufnahme über die Informationsgewinnung und -bereitstellung bis hin zur Realisierung verschiedener Show Cases.

Digitaler Zwilling als Ausgangspunkt

Konkret geht es darum, Methoden der vermessungstechnischen Erfassung von Innenräumen zu testen und anschließend zu vergleichen. „Hier werden sowohl sogenannte ,Low-Cost-Varianten‘ – wie zum Beispiel Ansätze aus der terrestrischen Photogrammetrie – als auch ,High-Cost-Varianten‘, etwa die Erfassung mittels 3D-Laserscanner, untersucht“, erklärt Benjamin Weber, einer der beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter des Projektes. Basierend auf Fotoaufnahmen mit einer handelsüblichen Spiegelreflexkamera, Referenzmaßen und dem Gebäudegrundriss entstand im Zuge der Projektarbeiten ein „Digitaler Zwilling“ der Villa Mumm, welche der Sitz des BKG in Frankfurt am Main ist. Der Projektpartner, die LocLab Consulting GmbH aus Darmstadt, entwickelte ein semi-automatisches Verfahren, das auf der 3D-Modellierung über Objekterkennung und einer Objektbibliothek beruht. Eine Desktopanwendung ermöglicht es, die Villa Mumm virtuell zu begehen und mit den Objekten bzw. Einrichtungsgegenständen zu interagieren.

„Wäre dies für alle öffentlichen Gebäude möglich, könnten intelligente Gebäudedaten und darauf basierende Applikationen zum Beispiel Übungseinheiten aber auch Einsätze von Sicherheitsbehörden unterstützen“, betont Bobrich.

Einsatzmöglichkeiten Indoor-Navigation und BIM

Semantische 3D-Gebäudemodelle können jedoch auch Grundlage für lokale Anwendungen wie die Indoor-Navigation sein. Diese liefert auch den primären Use Case für 3DGeMo, hebt Andreas Marx, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt, hervor: „Da eine Ortung über GPS in Innenräumen nicht funktioniert und für den Anwendungsfall zudem zu unpräzise wäre, wurden bis dato bereits unterschiedliche Infrastrukturen und Methoden zur Indoor-Positionierung und -Navigation in der Villa Mumm installiert und getestet. In ihrer Aufmachung und Handhabung erinnert die von der Firma Contagt GmbH entwickelte mobile App an gängige Navigationsanwendungen.“

Zur Positionsermittlung in der Villa Mumm wurden Bluetooth-Low-Energy (BLE)-Beacons im Gebäude, an Decken und Wänden angebracht. Die von Google entwickelten und ebenfalls bei 3DGeMo getesteten Technologie-Plattformen für Augmented Reality „Tango“ und „ARCore“ erfordern dagegen keine Installation weiterer Infrastruktur zur Positionsbestimmung im Gebäude. Die Berechnung des eigenen Standorts erfolgt ausschließlich über das Smartphone, wobei bei Tango – welches von Google nicht weiterverfolgt und von ARCore abgelöst wurde – spezielle Sensorik im Gerät verbaut sein muss. Sind die bildbasierten, räumlichen Daten eines Gebäudes hinterlegt, lassen sich so Augmented-Reality-Indoor-Navigationsanwendungen entwickeln. Für das Fallbeispiel „Villa Mumm“ hat dies die Cologne Intelligence GmbH realisiert.

Darüber hinaus werden die Möglichkeiten zur Verbreitung der dreidimensionalen Gebäudedaten in der Bundesverwaltung im Projekt beleuchtet. Zu diesem Zweck befindet sich derzeit eine Sharing-Plattform in der Entwicklung, welche es anderen Bundesbehörden ermöglichen soll, einen direkten Zugriff auf den digitalen Bestand von 3D-Modellen öffentlicher Gebäude zu erhalten und eigene Daten zu verwalten, zu verknüpfen und zu kollaborativen Zwecken zu teilen. Dabei werden auch die Potenziale und die Möglichkeiten der Integration von dreidimensionalen Gebäudedaten, die bei der Entwicklung und dem Betrieb von Gebäuden mit digitalen Daten (Building Information Modeling / BIM) entstehen, untersucht.

„Mit 3DGeMo bringt das BKG den Raumbezug hinter die Türschwelle öffentlicher Gebäude, zeigt Einsatzmöglichkeiten für 3D-Gebäudemodelle auf und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung in der Bundesverwaltung“, schließt das Projektteam Andreas Marx und Benjamin Weber. (vb)

www.bkg.bund.de

 

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