Trimble testet in einem Projekt in den USA den Einsatz von Mixed Reality auf der Baustelle. Microsoft HoloLens und Trimble-Software wurden dazu integriert.
Verschmelzung von Wirklichkeit und Digitalem: Mit Trimble Connect für HoloLens können Architekten, Bauleiter und Ingenieure Planungsdetails einer Baustelle in ihr reales Sichtfeld einblenden. Foto: Trimble
Das Klirren von Stahl auf Stahl ist zu hören. Der Boden vibriert. Die Luft flimmert vor Hitze und Staub. Ei- gentlich ein ganz nor- maler Tag auf einer x-beliebigen Baustel- le in Deutschland, wäre da nicht ein Mann, der wild mit Armen und Händen gestikulierend alleine vor einer Wand steht. Er betrachtet sie eindringlich, spricht dabei scheinbar unaufhörlich mit sich selbst. Das einzige was auffällt: Er trägt eine ungewöhnliche Brille.
Um es kurz zu machen: Diese heute noch seltene Situation beschreibt einen Bauingenieur, der die sogenannte Mixed Reality (MR) nutzt. Über eine an seinem Helm montierte Microsoft HoloLens, eine für MR-Technologien entwickelte Brille, kann er schnell und einfach sehen, wie das Projekt im Zeitplan liegt, was an einem falschen Ort installiert wurde oder wo ein möglicher Konflikt zwischen Planung und Ausführung vorliegt. Dafür werden ihm digitale (Entwurfs-)Modelle des Projekts angezeigt, die direkt in das Sichtfeld der realen Umgebung eingebettet werden. Somit wird ihm beispielsweise ersichtlich, wo laut Entwurfsplan eine Leitung in der Wand verlaufen soll und ob diese Leitung in der Realität auch an der richtigen Stelle platziert ist. Diese automatische Konstruktionsprüfung in Echtzeit hat der US-amerikanische Softwarehersteller Trimble mit einer Kombination aus MR und BIM sowie seiner Plattform „Trimble Connect für HoloLens“ bereits in der Praxis realisiert.
Trimble Connect für HoloLens ist eine cloudbasierte Lösung für das Baumanagement, die als Schnittstelle für Bauprojekte dient. Dafür kann die Plattform Daten aus verschiedensten BIM-Softwarelösungen einlesen – darunter etwa Revit oder SketchViewer. Anschließend können Modelle über Trimble Connect für HoloLens koordiniert und verwaltet werden. Der Nutzer sieht über die HoloLens die eingespielten Entwurfspläne im Maßstab 1:1 und kann mit diesen durch natürliche Gesten interagieren – etwa durch Fingerklicks, Zwei-Finger-Gesten oder durch Verschieben von Objekten auf dem Bildschirm.
So funktioniert die MR-Technologie
Zunächst müssen dafür alle Projektentwurfsdaten in die Plattform Trimble Connect für HoloLens überspielt werden. Weil die Plattform dabei so ausgelegt ist, dass sie BIM-Daten herstellerunabhängig verarbeiten kann, können hierdurch alle Projektbeteiligten einfach in den Workflow integriert werden. „Sind die Daten in die Plattform Trimble Connect für HoloLens überführt worden, müssen sie verwaltet werden, um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten”, beschreibt David Burczyk, Leiter der Field Technology Group bei Trimble. „Anschließend verbindet sich die MR-Brille auf der Baustelle über Mobilfunk mit der Plattform und zieht sich die benötigten und gewünschten Daten aus der Cloud. Braucht ein Elektriker also beispielsweise die genaue Lage der Stromleitungen, kann er sich diesen Datensatz einfach aus der Cloudschnittstelle von Trimble Connect für HoloLens herunterladen, die Modelle einblenden und damit arbeiten. Somit können mögliche Konflikte frühzeitig erkannt und behoben werden.”
Um das ausgewählte Modell dann an der richtigen Stelle platzieren zu können, scannt Trimble Connect für HoloLens nach Her- stellerangaben die reale Umgebung. Burczyk dazu: „Ebenen, die sowohl in der Realität als auch in der virtuellen Welt vorkommen, müssen im Anschluss vom Benutzer identifiziert werden. Sobald das geschehen ist, bringt unsere Lösung Modell und Wirklichkeit in Deckung.“
Tests in Westminster
Über eine am Helm montierte Microsoft HoloLens werden den Arbeitern Planungsdetails, etwa zum Zeitplan oder zu möglichen Konflikten, direkt in das Sichtfeld eingeblendet. Foto: Trimble
In der Praxis hat Trimble den Nutzen und die Funktionalität der MR-Technologie bereits testen können. Ge- meinsam mit JE Dunn, dem QZ-Architekturbüro und verschiedenen Partnerunternehmen für Mechanik-, Beton-, Sanitär- und Elektrokonstruktionen nutzte Trimble die Lösung für die Planung und den Bau der neuen Firmenzentrale in Westminster im US-Bundesstaat Colorado.
Neben der Überprüfung von Funktionen und Nutzen der MR-Lösung lag der Fokus der Experten hierbei auf der Entwurfsvisualisierung, der visuellen Konflikterkennung und der Überprüfung des Ist-Zustandes der Baustelle, wie Burczyk erläutert: „In Westminster entdeckte das Team einen Konflikt im Rohrleitungssystem, bei dem sich die Lage der Rohre im Entwurf und in der Wirklichkeit unterschieden. Nachdem der zuständige Stahlbauer darüber informiert wurde, konnte er sich die Szene 1:1 von seinem Büro aus ansehen und die Modelle prüfen. Somit konnte die Problematik schnell, effizient und kostengünstig korrigiert werden.”
Positives Fazit
Mixed Reality-Lösungen sollen den Nutzen von BIM verstärken, indem sie Einfachheit, Praktikabilität und das Potenzial zur Problemlösung auf die Baustelle bringen, wie Burczyk erläutert: „Die Baubranche hat viele Möglichkeiten zur verbesserten Effizienz und Produktivität mit BIM erhalten, die sich zunehmend auch auf die Bereiche der Versorgungs- und Industrieanlagen sowie Kraftwerke erstreckt.“ Dabei würden die enge Zusammenarbeit zwischen Projektbeteiligten, cloudbasierten Diensten sowie die neuen Funktionen und Technologien der Mixed Reality zur Visualisierung dazu führen, „dass die Effizienz und der Wirkungsgrad von BIM mit der Zeit weiter anwachsen wird.“ (jr)