Künstliche Neuronale Netze: Datenanalyse im künstlichen Gehirn mit EFTAS
|Fernerkundungsdaten beantworten verschiedenste Fragestellungen über alle Branchen hinweg. In der Energieversor- gung und Rohstoffnutzung helfen sie beispielsweise, Ressourcen zu erschließen, aber auch die Umwelt bei deren Erschließung zu schonen. Im Umweltmonitoring analysieren sie Pflanzenbestände und machen – wenn nötig – auf Erhaltungsmaßnahmen aufmerksam. In der Agrarwirtschaft können sie bei der Ertragsmaximierung und ökologischen Kultivierung helfen. Und in der Agrarverwaltung ermöglichen sie großflächige Kontrollprozesse. Viele Analysen dieser Daten werden durch manuelle Verfahren von speziell geschulten Mitarbeitern durchgeführt. Dass man heutzutage solches Handwerk auch unterstützt von Künstlicher Intelligenz durchführen und damit wesentlich schneller zu Ergebnissen kommen kann, zeigt ein Beispiel für Agrarsubventionskontrollen. In diesem Aufgabengebiet prüft die EFTAS Fernerkundung Technologietransfer GmbH mit ihrem Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem (InVeKoS), ob Landwirte tatsächlich gemäß deren Antragstellung anbauen.
Basis für die InVekoS-Kontrolle sind Luft- und Satellitenbilder. Für die Fälle, die mit Fernerkundungsdaten jedoch nicht eindeutig zu bewerten sind, werden sogenannte schnelle Feldkontrollen durchgeführt, bei denen Mitarbeiter vor Ort die Anbaukulturen erfassen und ihre Ergebnisse mit Fotos dokumentieren. So entstehen jährlich mehrere 10.000 Landschaftsfotos und Nahaufnahmen. In der Qualitätssicherung müssen die Ergebnisse der Erfasser mit den Fotoaufnahmen am PC verifiziert werden. Bei der Auswertung steht also zunächst die Frage im Raum, was überhaupt auf den aufgenommenen Bildern zu sehen ist: Gerste beispielsweise, Weizen oder Roggen. Dazu müssen anhand verschiedener Merkmale im Bild Argumente für und wider die jeweilige Anbauart gesammelt werden, um dann zu einem belastbaren Ergebnis zu kommen. Diese Routinearbeit wird bei der EFTAS inzwischen nicht mehr alleine durch die Interpretation der Mitarbeiter, sondern in großen Teilen durch ein künstliches Neuronales Netz (NN) geleistet. Das NN stützt sich bei der Analyse auf lernfähige Algorithmen, die über Deep-Learning (DL)-Verfahren ihre Erkennungsgenauigkeit verbessern.
Der Natur nachempfunden
Deep Learning ist eine Teildisziplin des Machine Learnings (ML) – zu Deutsch: Maschinelles Lernen – und integraler Bestandteil der Künstlichen Intelligenz (KI). Machine Learning befähigt Computer, selbstständig zu lernen und anhand mathematischer und statistischer Verfahren Muster zu erkennen – wie etwa solche bestimmter Anbaugruppen in der Landwirtschaft. „Das Machine Learning ist in der GeoIT prinzipiell nicht neu“, sagt Dr. Cordt Büker, Produktionsleiter bei EFTAS. In der Fernerkundung werden zur Bilddatenklassifikation etwa Verfahren wie Support Vector Machines und Random Forest Methoden eingesetzt. „Die Verfahren zerlegen Datenbestände in hierarchische Strukturen, also Entscheidungsbäume, oder ermitteln Ähnlichkeiten zwischen den Datensätzen über Vektorauswertungen“, erklärt Büker. „EFTAS realisiert seit Jahren solche ML-basierten Klassifikationen im Umweltmonitoring.“ Der Ansatz der NN basiert aber nicht nur auf rein mathematischen Theorien, sondern ahmt die Funktionsweise des menschlichen Gehirns nach. Die künstlichen Neuronen sind dabei Recheneinheiten. Sie analysieren die Fotos der schnellen Feldkontrollen anhand einer bestimmten Struktur. Die Analyse wird dazu in Abfolgen beliebig vieler Layer, also Ebenen, organisiert. Die Recheneinheit des ersten Layers analysiert beispielsweise die Farben oder Kanten auf dem Landschaftsfoto oder der Nahaufnahme. In jedem Neuron prüft der Algorithmus des NN, ob ein bestimmter, gewichteter Schwellenwert erreicht wird. Je nach Ergebnis wird eine Information als wichtig oder unwichtig eingestuft. Diese Gewichtung bestimmt dabei gleichzeitig deren Einfluss auf den weiteren Verlauf der Analyse. „Ähnlich wie ein EFTAS-Mitarbeiter gelangt das NN durch die Anpassung der Kriterienbewertung dann zu einem Ergebnis, um welche Anbauart es sich im analysierten Bild handelt“, erklärt Büker.

„Je häufiger ein Mitarbeiter verschiedene Variationen von Weizenfeldern gesehen hat, desto besser kann er zu einem richtigen Ergebnis kommen“, betont Büker. Der Mitarbeiter erkennt etwa Abweichungen durch Perspektivwechsel, andere Lichtverhältnisse oder jahreszeitliche Bedingungen und kann so die Kriterien für seine Schlussfolgerung neu gewichten. Das Deep Learning ahmt dieses Vorgehen nach, indem Trainingsdaten wiederholt das NN durchlaufen. Die Ergebnisse werden anschließend jeweils mit dem hinterlegten korrekten Ergebnis der Trainingsdaten verglichen und das NN kann dadurch seine Gewichtungen und Schwellenwerte für den nächsten Durchlauf anpassen. Es lernt.
Modifikation vortrainierter Neuronaler Netze
Zur Klassifikation von Bilddaten setzt EFTAS Convolutional Neuronal Networks (CNN) ein, bei denen durch eine Vorverarbeitung einzelne Sektoren des Bildes im Neuronalen Netz analysiert werden. Das EFTAS CNN baut bei der Analyse auf vortrainierte Neuronale Netze auf, die über freie Bibliotheken bezogen werden können und bereits auf bestimmte Bildeigenschaften wie Kanten oder Farben trainiert wurden. Das Unternehmen hat diese vortrainierten Neuronalen Netze für seine Analysen in Teilen modifiziert und durch weitere Layer ergänzt.
„Das entwickelte EFTAS CNN zur Erkennung von Feldfrüchten auf Landschaftsfotos und Nahaufnahmen hat seine Aufgabe inzwischen so gut gelernt, dass für 13 Anbaugruppen eine Genauigkeit von über 90 Prozent erreicht werden konnte“, berichtet der EFTAS-Produktionsleiter. Das CNN wird nun auch im operativen Geschäft des Unternehmens eingesetzt. „Das Verfahren dient der Qualitätssicherung der Fotos“, erklärt Büker. Die Verifizierung der vom Kartierer erfassten Anbaukultur durch das Foto ist dabei ein zentraler Aspekt. „Über die CNN-Auswertung konnten wir den Prozess bei der Auswertung von rund 50.000 Fotos um etwa 30 Prozent beschleunigen“, so der EFTAS Produktionsleiter. Aktuell implementiert EFTAS darüber hinaus vielversprechende CNN, die auch Monitoring-Verfahren zur Auswertung von Satellitendaten-Zeitreihen unterstützen.
Mit der Anwendung von NN ist allerdings noch keine Künstliche Intelligenz per Definition erreicht. Intelligenz zeichnet sich nicht nur durch Lernen aus, sondern auch durch die Fähigkeit, das Gelernte sinnvoll einzusetzen. In KI-Systemen arbeiten DL-Algorithmen also zusammen mit Verfahren zur Logik und wissensbasierten Entscheidungen. Von solchen Systemen ist die Branche in der operativen Fernerkundung noch ein gutes Stück entfernt. „Der momentane Hype um das Machine Learning in der GeoIT sollte also nicht suggerieren, dass in naher Zukunft jede raumbezogene Fragestellung über eine Knopfdruck-Datenanalyse realisiert wird“, so Büker. Die bestehenden Potentiale will EFTAS Schritt für Schritt seriös erschließen. (vb)