Bestandsvermessung am Rheintunnel Basel

Wie erstellt man aus einer 3D-Bestandsvermessung entsprechende Modelldaten für die Weiterverwendung in BIM-Modellen? Die AKG Software hat dafür im Rahmen eines Tunnel-Großprojektes in der Schweiz ein strukturiertes Verfahren entwickelt.

Um die Schweizer Autobahn A2 im Umfeld von Basel zu entlasten, soll bis vor-aussichtlich 2036 der Rheintunnel Basel gebaut werden. Dafür wurden bereits Bestandsmodelle als Planungsgrundlage für das Projekt, das sich an der BIM-Methode orientiert, erstellt. Dafür waren die Vermessungsabteilung des Bau- und Verkehrsdepartements Kanton Basel-Stadt zuständig. Auftraggeber ist das Schweizer Bundesamt für Strassen (ASTRA). Das Unternehmen AKG Software hat unterschiedliche Aufgaben im Rahmen eines Customizing-Auftrags erhalten: Als Dienstleister hat es die Aufgabe, Bruchkanten aus den 3D-Punktwolken abzuleiten und großflächige DGM zu erzeugen. Zudem sollen Volumenkörper für Straße und Kanal erstellt werden, die dann einem kantonalen BIM-Projektraum bereitgestellt werden. Als Grundlage für die Auswertung standen Daten aus verschiedenen Quellen zur Verfügung: Airborne Laserscanning (ALS), Mobiles Laserscanning (MLS), Ergänzungsmessungen, Stereovideo-/Kamerasysteme sowie hochauflösende Orthophotos unter anderem aus Drohnenbefliegungen.

Straffer Zeitplan

Insgesamt galt es, im Zeitraum von sechs Monaten, rund 50 km Bestand auszuwerten. Als Auswertungssystem wurde unter Berücksichtigung der Datenweitergabe VESTRA INFRAVISION auf DWG-Basis festgelegt. Da im Kanton Basel-Stadt alle jemals erfassten Punktwolken in einer PostgreSQL-Datenbank vorliegen, entschied man sich mithilfe einer dafür bereitgestellten Anwendungsschnittstelle (API), die Punktwolkendatenbank projektspezifisch abzufragen. Die resultierende „handlichere“ und projektrelevante Punktwolkendatei wurde anschließend mit der VESTRA INFRAVISION Punktwolke zur weiteren Verwendung in VESTRA aufbereitet.

Bestandsmodell des Horburgtunnels, an den der neue Tunnel angeschlossen werden wird. Hier wurden 3D-Laserscans überlagert. Foto: AKG Software Consulting GmbH

Im Zuge der Projektplanung wurde ein für das Projekt passender Workflow entwickelt, mit dem man präzise, schnell und zuverlässig Bruchkanten aus den bereitgestellten Punktwolken ableiten kann. Im Wesentlichen lässt sich dieser Workflow in vier Phasen aufteilen:

  1. Achsen und Profilbreiten
    Zunächst wurden Achsen und Profilbreiten festgelegt. Dies erfolgte durch das Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt. Das vorgegebene Auswertegebiet bestand aus fünf Abschnitten. Diese wurden von ortskun-digen Mitarbeitern des Kantons in insgesamt 125 Achsen mit Profilbreiten von 10 bis 80 m unterteilt. Dies stellt den Grundstein für das Abrufen und Aufbereiten der Punktwolkenbereiche sowie für die eigentliche Auswertung dar. Die Dokumentation des Projektfortschritts sowie die Qualitätssicherung waren durch die Aufteilung in Achsen nach Angaben von AKG denkbar einfach.
  2. Datenabruf
    Der Abruf projektrelevanter Daten aus der globalen Punktwolkendatenbank erfolgte über eine API. Für jede Achse war ein Achskorridor als Umgrenzung für die API bereitzustellen, sodass die Punkte der Punktwolke nur in diesem Bereich als Datei zurückgegeben werden. Dies wurde über eine Standard-VESTRA-Funktionalität und die Ausgabe einer Excel-Tabelle gelöst.
  3. Bruchkantenerfassung
    Die Bruchkantenerfassung erfolgt achsbezogen über Querprofile. Diese Methode eignet sich nach Angaben von AKG hervorragend für Ober- und Untersichten von Ingenieurbauwerken wie Brücken und Tunnel, aber auch für Bereiche mit abschnittsweise regelmäßigen Querprofilen. Im Querschnitt von VESTRA INFRAVISION kann für jede Achse eine Punktwolke temporär dargestellt werden. Diese Transformation der Punktwolke auf die Achse geschieht für jede Querprofilstation „on the fly“. Mithilfe des Horizontlinieneditors können nun Linienhorizonte auf der Vorlage der Punktwolke digitalisiert werden.
  4. Bruchkantenerfassung im Lageplan
    Für eine achsunabhängige Erfassung von Bruchkanten ist die 4-View-Lupe ein bewährtes Werkzeug. Es gibt hierbei unterschiedliche Möglichkeiten der Herangehensweise. Letztendlich ist das Prinzip aber immer dasselbe: Bruchkanten werden in erster Näherung digitalisiert, anschließend wird die exakte Lage- und Höhenbestimmung mittels 4-View-Lupe vorgenommen.

Die Verwendung der 4-View-Lupe eignet sich, so AKG, besonders dort gut, wo es einen permanenten Wechsel der Bestandssituation gibt. Man digitalisiert z. B. als erste Näherung in der Lage auf einem hochauflösenden Orthophoto und vergibt anschließend eine Zirkahöhe. Die exakte Lage- und Höhenbestimmung erfolgt dann im Nachhinein in der Lupe selbst (Linieneditor). Aus den Bruchkanten wurden für jeden Projektabschnitt möglichst großflächige, thematisch zusammenhängende DGM berechnet. Dieses Ziel stellte nach Angaben von AKG eine große Herausforderung dar, da im Basler Verkehrsnetz oft mehrere übereinanderliegende Ebenen für Fußgänger, Radfahrer, Straßenbahn und Autoverkehr vorzufinden sind.

Blick in den erstellten Bestandstunnel Horburg im Abschnitt Klybeck. Foto: AKG Software Consulting GmbH

Ein Blick in die zu Beginn erfasste Tunnelröhre verdeutlicht die Komplexität der erstellten Modelle. Die erzeugten DGM wurden zur Qualitätskontrolle und zur kantonsinternen Veröffentlichung an den GeoViewer-Kartendienst und nach Autodesk BIM 360 übergeben. Im GeoViewer werden alle bestehenden Grundlagendaten (Kataster, Bestandsvermessungen, Punktwolken, Befahrungsvideos, Rheinüberwachung, Gebäudetiefen, Orthophotos, Kanalbestand u. v. m.) zentral in einer Datenbank verwaltet.

Die 3D-Datenbankkomponente macht es zudem möglich, BIM-Modelle zu verwalten und anzuzeigen. Aufgrund eines parallel durchgeführten Customizing-Projektes konnte auch die bestehende Kanaldatenbank (Oracle) in VESTRA INFRAVISION migriert und daraus Volumenkörper für Schächte und Haltungen erzeugt werden. Zur Darstellung von Bestand und Vorplanung wurden in VESTRA INFRAVISION schließlich auch die Planungsentwürfe nachkonstruiert und ebenfalls als Volumenkörper bereitgestellt. (sg)

www.akgsoftware.de

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