Scan3D erstellt 3D-Modelle für Wasserkraftwerke mit dem Ziel der energetischen Optimierung. Die Verfahren sind gleichermaßen wirtschaftlich optimiert und hochgenau.
Die Wasserkraft ist wichtig für die Energiewende. Sowohl aus technisch-wirtschaftlicher als auch ökologischer Sicht ist das Potential, was sinnvoll nutzbar ist, zum größten Teil erschlossen. Die Potentiale für die Optimierung sind aber nach Angaben der Kraftwerksbetreiber noch nicht ausreichend ausgeschöpft. Die ältesten Wasserturbinen in Europa stammen aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Unter den heute betriebenen Kraftwerken sind viele älteren Datums. Dementsprechend sind auch die Daten zum technischen Bestand weitestgehend nur auf analogen Trägern vorhanden. Beispielsweise in Form von Linienrissen der Laufräder auf Papier.
Für die Revision von Wasserturbinen benötigen Kraftwerksbetreiber ein hochgenaues 3D-Modell des kompletten Wasserwegs. Dafür eignen sich 3D-Laserscanner hervorragend. Bild: Scan3D GmbH
Plandaten liegen zwar häufiger digital vor, die As-Built-Daten weichen aber oft stark ab – was ein generelles Problem in vielen Branchen darstellt. Konkrete Herausforderungen entstehen dann beispielsweise bei Modernisierungsprojekten: Soll das Potential zur Leistungssteigerung einer Turbine untersucht werden, benötigt man ein hochgenaues digitales 3D-Modell. „Um die strömungsmechanischen Eigenschaften untersuchen zu können, ist nicht nur die Abbildung der Turbine selbst, sondern auch des gesamten Wasserweges vor und hinter der Turbine notwendig“, sagt Lars Sörensen vom Berliner Dienstleister Scan3D. Seit dem Jahr 2001 ist das Unternehmen im Bereich 3D-Laserscanning tätig und hat als Pionier viel Erfahrung in verschiedensten Anwendungsbereichen.
Den gesamten Wasserweg vermessen
In zahlreichen Projekten hat das Unternehmen bei der Revision von Anlagen im trocken gelegten Zustand die Wasserwege mittels Terrestrischem Laserscanning (TLS) vermessen. Hierzu zählen die Gewässerprofile oberhalb und unterhalb der Staustufe, der Einlauf, die Spirale, der Leitapparat, das eigentliche Turbinenlaufrad sowie das Saugrohr bis zum Auslauf.
In einem Pilotprojekt hat das Unternehmen bereits im Jahr 2008 in Kooperation mit dem Rheinkraftwerk Säckingen sowie dem Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen der TU Stuttgart einen Arbeitsablauf zur Erstellung hinreichend präziser Freiformflächenmodelle dieser komplexen zweifach gekrümmten Geometrien erarbeitet. Ziel war es, 3D-Modelle zu erhalten, die geeignet sind für Strömungsmodellberechnungen mittels CFD-Verfahren (Computational Fluid Dynamics, Strömungsmechanik). „Hierfür ist es zum einen erforderlich, die für die Freiformflächensegmente zu Grunde liegenden Kurven in geeigneter Art und Weise zu verteilen und aufzubauen. Zum anderen muss die Aufteilung in sogenannte Rechennetze der einzelnen Bereiche beim Modellaufbau berücksichtigt werden“, beschreibt der Ingenieur Sörensen.
Bei den Aufnahmen setzt der Ingenieurdienstleister Scan3D auf ein ausgeklügeltes Verfahren, um Genauigkeit und Wirtschaftlichkeit im optimalen Verhältnis zu erreichen. Bild: Scan3D GmbH
Schnell sei daher klar geworden, dass automatisierte Softwarelösungen, die zunächst aus Punktwolken Vermaschungen machen, um sie dann in NURBS-Modelle zu überführen, ungeeignet sind. „Die automatisiert erstellten Modelle führen zu zwei unnötigen Zwischenschritten, die jeweils die Toleranzen des Ergebnisses negativ beeinflussen“, so der Scan3D-Gesellschafter. Der erste Schritt betrifft die Vermaschung der Punktwolke, der zweite die in Folge des unstrukturierten Flächenaufbaus erforderliche Neuaufteilung des Modells in korrekt sortierte Kurvennetzwerke. Scan3D hat hier zusammen mit Softwareherstellern ein Verfahren entwickelt, um direkt aus den Punktwolken sortierte und gefilterte Punktwolkenprofilschnitte zu generieren, die dann bereits die Kontrollpunkte des Kurvenaufbaus darstellen.
Hoch entwickelte Messverfahren
Des Weiteren ist eine möglichst genaue Orientierung aller einzelnen Laserscans erforderlich. „Die gängigen Cloud-to-Cloud-basierten Lösungen sind hierfür zu fehleranfällig“, so Sörensen. Scan3D hat daher einen Weg der Scandatenauswertung etabliert, bei dem eine Kombination aus Zielmarken, Kugeln und automatisch registrierten Ebenen aus der Umgebung sowie eine Netzausgleichung aller Standorte zur qualifizierten Verteilung und Beurteilung der resultierenden Fehler herangezogen werden.
Der Nutzen aus der geometrischen Überbestimmung zur Orientierung mit vielen hundert Teilebenen wird dann für den Kurvenaufbau weiterverfolgt. Die Kurven bilden in ausgeglichener Form die Punktwolkenschnitte ab, aus allen Kurven setzen sich die Freiformflächensegmente und aus allen NURBS-Segmenten die Modellgeometrie zusammen.
Lokale Unebenheiten werden durch dieses Verfahren der Modellierung mit bereinigt – eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Optimierung der Turbinengeometrie mittels CFD und hydraulische Versuche mit verkleinerten Modellen, die mittels 3D-Druck und Fräsen hochgenau gefertigt werden können.
Wenn darüber hinaus lokale Verformungen oder andere Schäden untersucht werden sollen, dann kommen handgeführte 3D-Scanner zum Einsatz. Mit ihnen untersucht Scan3D gezielt die lokalen Unregelmäßigkeiten in ihren Auswirkungen.
Zur Genauigkeit der Ergebnisse
„Die beschriebene Vorgehensweise hat wesentliche Vorteile in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit im Verhältnis zur Genauigkeit der Messungen“, so Sörensen. Mit industrieller (d.h. submillimetergenauer) Messtechnik dauere die 3D-Vermessung einer Turbine erheblich länger als mit einem TLS, der heutzutage eine lokale Genauigkeit von einem Millimeter liefern kann. Aufgrund der vielfachen geometrischen Überbestimmung aus der Punktwolke zur Orientierung und der Flächenrückführung sei die Modellgeometrie bezogen auf ihr ursprüngliches Idealdesign mindestens so genau wie die Genauigkeit einer Einzelkoordinate der Punktwolke. „Dies konnte mittels Referenzmessungen bestätigt werden“, so Sörensen. „Mit den in unserem Pilotprojekt entwickelten Verfahren haben wir seit 2008 nahezu 40 Wasserturbinen hauptsächlich in Europa aber auch schon in Afrika vermessen.“ (sg)