Neuaufstellung bei der BIL eG
|Die BIL eG stellt sich neu auf. Die Neuausrichtung des Betreibers des Leitungsauskunftsportals BIL orientiert sich an einem erweiterten Leistungsportfolio und neuen Serviceangeboten, so eine aktuelle Mitteilung des BIL-Teams unter Leitung von dem Aufsichtsratsvorsitzenden Andreas Haskamp und Vorstand Markus Heinrich. Der bisherige Vorstand Jens Focke ist aus der BIL eG ausgeschieden. Das Auskunftsportal soll für Anwendungsfälle jenseits der klassischen Leitungsauskunft qualifiziert werden, wie es etwa mit der Bundesnetzagentur oder den Übertragungsnetzbetreibern Strom bereits realisiert wurde. Ziel ist es, neue Servicebausteine, flexible Beitragsoptionen und Testmodelle zu entwickeln. Es sei ein „neues BIL-System entstanden, das nun schrittweise in den Markt eingeführt wird“, so die Pressemitteilung.
Kommentar Stefan Grebe, Chefredakteur BUSINESS GEOMATICS:
Die BIL eG stellt sich neu auf. Das zeigt, wie es um die Leitungsauskunft in Deutschland heute bestellt ist.
Es war eine visionäre Idee: Als 2015 die BIL eG gegründet wurde und wenig später das gleichnamige Portal für Leitungsauskünfte an den Start ging, konnte die Aufmerksamkeit in der Branche kaum größer sein. Es entstand nicht nur ein modernes Internetportal, sondern die Auskunft sollte auf völlig neue Füße gestellt werden: Kostenlos für alle Nutzer, ein zentraler Zugang für alle Anfragenden, über den alle Netzbetreiber erreicht werden. Das Ganze über ein solidarisches gemeinnütziges, genossenschaftlich geprägtes Unternehmenskonzept: Abhängig von der Leitungslänge bzw. Versorgungsfläche sollten alle Netzbetreiber mit einem im Vergleich geringen Beitrag das Modell unterstützen, um der Bauwirtschaft eine vollständige, moderne und belastbare Auskunft zu ermöglichen.
Damit war die BIL eG Visionär in einem Bereich, der bis dahin keine wesentlichen Modernisierungsimpulse erfahren hatte, außer vielleicht, dass Anfragen direkt bei den Netzbetreibern über das Internet gestellt werden konnten. Sie hat einen wertvollen Beitrag geleistet, die Modernisierung der Leitungsauskunft voranzutreiben. Schließlich gibt es in diesem Bereich noch viel zu tun. Zum einen wegen der immer noch vielen Unfälle und Leitungsschäden, die vermieden werden könnten, zum anderen haben Auskunftssuchende noch großen Aufwand bei Recherche und Auskunftseinholung. Dies führt zu hohen Kosten und Bauverzögerungen, die sich ein Land wie Deutschland heutzutage nicht mehr erlauben kann.
Jetzt aber die Ankündigung der Genossenschaft, sich neu auszurichten. Damit ist nicht nur die Demissionierung des Vorstandes Jens Focke gemeint, der die eG von Anfang an geleitet und maßgeblich geprägt hat, sondern vor allem die in der Pressemitteilung angedeutete neue Fokussierung auf „neue Serviceangebote, flexible Beitragsoptionen und Testmodelle“. Dies zeigt: Die ursprüngliche Idee der BIL eG wird offenbar nicht mehr mit Priorität 1 weiterverfolgt.
Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Gründungsgenossen der eG, größtenteils Pipelinebetreiber im Gas- und Ölsektor, allesamt durch den Zwang zur Dekarbonisierung unter höchstem Druck stehen. Nicht nur wirtschaftlich, auch in Bezug auf Modernisierung, Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und Suche nach neuen ideellen Leitbildern und Zukunftsvisionen. Da scheint es fast zwangsläufig, die BIL eG nicht auf dem erreichten Status Quo ausruhen zu lassen – zumal die Mitgliederzahlen der BIL eG in den letzten Jahren nicht gerade dynamisch gewachsen sind.
Der „BIL-Weg“ scheint gewissermaßen gescheitert oder mindestens in Frage gestellt zu sein. Wie also entwickelt sich die Leitungsauskunft in Deutschland? Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen. Eine entsprechende Gesetzeslage, die ein deutschlandweites zentrales Auskunfts- oder Rechercheportal vorschreiben könnte, ist weit und breit nicht in Sicht.
Die Alternative lautet: Leitungsauskunft muss ein professionelles Dienstleistungs-feld werden, auf das Auskunftssuchende kostenpflichtig zugreifen können. Das heißt dann auch: Diese Dienstleistung sollte qualitativ klar bewertbar, auf einem transparenten Preis-Leistungs-Modell basieren und je nach Anfragevolumen skalierbar sein. In einem solchen „Auskunfts-Ökosystem“ sind die Diensteanbieter gefordert, die benötigten Informationen barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Alle weiteren Mehrwerte und die Aufbereitung der Einzelauskünfte zu einer abgestimmten Gesamtauskunft (oder gar zu einer Art Bauakte) werden dann von Dienstleistern erbracht. Dies wäre auch aus volkswirtschaftlicher Sicht zeitgemäß und sinnvoll, weil damit das hehre Ziel einer zuverlässigen, vollständigen und auch zeitnahen Auskunft bundesweit verfügbar wäre. Denn nicht nur ein Leitungsbetreiber würde alle Anfragen erhalten, sondern auch der Anfragende alle Leitungsbetreiber erreichen. (sg)