Geoplex entwickelt ein Verfahren zur automatisierten Bestimmung der geometrischen Qualität von 3D-Gebäudemodellen in LoD2.
Für viele Landesvermessungsverwaltungen gehören 3D-Gebäudemodelle inzwischen zum Standardangebot. Sie werden nicht nur für die Privatwirtschaft angeboten (teilweise als Open Data), sondern auch den Kommunen zur vielfältigen Weiterverwendung zur Verfügung gestellt. Umso häufiger steht die Frage im Raum, wie realitätsgetreu diese Modelle sind: Sind die Gebäude in Lage und Höhe korrekt abgebildet und sind die standardisierten Dachformen auch korrekt heraus-gearbeitet? Fragen, die sich insbesondere im Rahmen der Visualisierung von planerischen Zusammenhängen stellen. Die Firma Geoplex hat nun ein automatisiertes Verfahren entwickelt, mit dem auch Massendaten geprüft und die Ergebnisse visualisiert werden können. Entwickelt wurde dieser „Realitätscheck“ am Beispiel von landesweiten 3D-Gebäudemodellen in der Stufe LoD2, wie sie von fast allen Bundesländern bereits flächendeckend angeboten werden.
In diesen Fällen liegt das Grundproblem des Qualitätsmanagements besonders deutlich auf der Hand: Daten zur Lage der Hausumrisse und der Höhe der Gebäude liegen in den Landesverwaltungen an verschiedenen Stellen vor: Einerseits in den Katasterdaten, die permanent mit klassischen terrestrischen Verfahren punktuell aktualisiert werden und aus denen die Hausumringe abgeleitet werden. Die Höhendaten kommen meist aus Laserscan-Befliegungen und den daraus abgeleiteten Gelände- und Oberflächenmodellen. Stehen aktuelle 3D-Punktwolken aus Laserscan-Befliegungen zur Verfügung, entsteht damit ein Referenzdatensatz. „In ihm sind sowohl die Lage der Gebäude, deren Höhendaten und aufgrund der hohen Auflösung auch die notwendigen Daten für die Erstellung der Dachformen in höchster Qualität und Aktualität vorhanden“, sagt Frederik Hilling, Geschäftsführer der Geoplex GmbH aus Osnabrück.
Die Folge: Verwaltungen bekommen eine Referenz, anhand derer sie prüfen können, wie realitätsgetreu die 3D-Gebäudemodelle sind. „Das Thema wird in der Szene intensiv diskutiert“, sagt Hilling, der seit diesem Jahr auch den Vorsitz der Kommission 3D-Stadtmodelle innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Kartographie (DGfK) übernommen hat. Weiterer Treiber ist es, dass 3D-Stadtmodelle zunehmend in verschiedensten, auch ingenieurtechnischen Anwendungen genutzt werden, wodurch die Anforderungen an belastbarem Datenmaterial immens steigen. Sprich: Man benötigt objektives Wissen über die geometrische Qualität der Daten.
Werteskala für die Genauigkeit
Der Geoplex-Mitarbeiter Stefan Conrads hat daher im Rahmen einer Masterthesis eine Methode entwickelt, mit der Abweichungen von LoD2-Gebäudemodellen zu einem Referenzdatensatz automatisiert berechnet werden können. Die Verfahren wurden innerhalb der PlexMap-Software implementiert und in der Praxis getestet, einmal anhand eines Datensatzes des bestehenden LoD2-Gebäudemodells von Nordrhein-Westfalen und einmal anhand eines künstlich generierten Testdatensatzes mit eingebauten „Fehlern“.
Das ausgeklügelte Verfahren ist schrittweise aufgebaut und berechnet zunächst geometrische Abweichungen anhand des digitalen Oberflächenmodells (DOM). Über den Abgleich des DOM mit dem LoD2-Gebäudemodell wird festgestellt, inwiefern die Geometrie der Dachseiten im LoD2-Modell zur Punktwolke des DOM passt. Daraufhin wird dies auch für die Lage des Gebäudes bewertet. Dazu wurde auch noch ein Verfahren zur Koregistrierung der einzelnen Objekte integriert, um die Abweichungen noch besser identifizieren zu können, dies ist aber aufgrund von unterschiedlichen Ergebnissen je nach Problemstellung optional hinterlegt.
Mithilfe des DOM wird dann ein prozentualer Genauigkeitswert berechnet. Dieser orientiert sich an der gemessenen Abweichung zwischen DOM und LoD2-Gebäudemodell. Dabei werden die Genauigkeitsanforderungen des LoD2-Standards berücksichtigt. Beispielsweise wurde festgelegt, dass die Abweichung der Gebäudehöhe maximal ±1 Meter betragen darf, um nicht als Fehler eingestuft zu werden. Jedes Gebäude bekommt einen solchen Genauigkeitswert zugewiesen, in den die verschiedenen Kriterien eingehen (Höhe, Lage etc.). Die Werte werden zwischen Null und 100 (komplett richtige Abbildung) festgelegt, sodass statistische Daten für groß-flächige Gebiete automatisiert zur Verfügung stehen. Im dritten Schritt wird jedem DOM-Pixel ein Farbwert zugeordnet, sodass intuitiv anhand einer Farbpalette mit Rot, Grün und Blau erkennbar ist, wo in den LoD2-Modellen die Abweichung am größten ist (siehe Bild).
Test mit realen und Labor-Daten
Für die Visualisierungen gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Zum einen können die absoluten geometrischen Abweichungen gezeigt werden, zum anderen nur jene, die im Sinne der LoD2-Kriterien wirksam werden. Bei letzterem sind beispielsweise die Abweichungen, die durch individuelle Dachformen wie Gauben oder Schornsteine zustande kommen, nicht berücksichtigt.
Die Tests des Verfahrens liefen zufriedenstellend: „Das Verfahren hat sich als geeignet erwiesen, sowohl einen visuellen Eindruck der geometrischen Genauigkeiten zu erzeugen als auch mittels des abgeleiteten Genauigkeitswertes für eine automatisierte Qualitätsbewertung eingesetzt zu werden“, fasst Stefan Conrads zusammen. Bei der Analyse von Fehlern in dem synthetischen Datensatz konnte die Software alle Fehlertypen erkennen.
Das Verfahren bedient sich des Moduls Switchboard innerhalb des WebGIS PlexMap. Auf der Bedienoberfläche des Tools können automatisierbare Workflows definiert werden, die Geodaten auf verschiedenste Arten verschneiden, homogenisieren oder analysieren können. Dies geschieht grafisch anhand von Bausteinen, die frei miteinander kombinierbar sind. „An dieser Stelle lassen sich auch viele Einstellungen zur Individualisierung der Qualitätsprüfung treffen“, sagt Conrads. Die Ergebnis-Daten der Prüfungen werden dann als Dienst (WMS/WFS) veröffentlicht oder in PlexMap 3D genutzt.
Über das entwickelte Verfahren können die Landesvermessungen im Rahmen der Datenproduktion feststellen, ob der LoD2-Standard hinsichtlich der geometrischen Genauigkeit eingehalten wurde. Darüber hinaus ist das Verfahren auch für Städte interessant: Sie können eine eigene Fortschreibung des 3D-Stadtmodells auf Grundlage der LoD2-Daten entwickeln und mit Hilfe von Genauigkeitsschwellenwerten entscheiden, bis wohin sie die LoD2-Gebäude in den eigenen Datenbestand aufnehmen möchten. Für PlexMap-Nutzer soll die Komponente für die Qualitätssicherung in Kürze zur Verfügung stehen. Aber das Unternehmen plant, diese auch Nicht-Kunden als eigenständig nutzbares Open-Source-Tool zur Verfügung zu stellen. Damit sind weitere wichtige Grundlagen für das vielschichtige Thema des Qualitätsmanagements gelegt. „Mit dem Realitätscheck wollen wir dem Qualitätsmanagement in der Branche Vorschub leisten und damit ganz allgemein den Reifegrad von 3D-Stadtmodellen weiter fördern“, so Hilling. (sg)