Das Landesamt für Straßenbau in Schwerin nutzt eine fusionierte Punktwolke aus Airborne und Mobile Laserscanning für die Planung.
In Mecklenburg-Vorpommern (MV) geht man mit großen Schritten in Richtung der BIM-Methodik beim Verkehrswegebau. Bei dem Ausbau der B96 zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz und der B192 (Waren – Sietow) wurde eine Bestandsdatenerfassung durchgeführt, die das derzeit technisch Machbare auslotet. Dafür wurden die Bauabschnitte via 3D-Laserscanning erfasst – einmal per Mobilem Laserscanner (MLS) mit einem Fahrzeug auf der Straße und einmal per Flugzeug (Airborne Laserscanning; ALS). Die Daten wurden anschließend zu einer einheitlichen Punktwolke fusioniert. So soll das Zusammenarbeiten aller Beteiligten an dem Bauprojekt, das sich derzeit in der Vorplanungsphase befindet, verbessert werden. Die 3D-Punktwolke schafft eine Voraussetzung für ein modellorientiertes Vorgehen gemäß dem BIM-Stufenplan des BMVI.
Schwerin mit Planungshoheit
Für die Planungsprozesse des Straßenausbaus sind umfangreiche und präzise Vermessungsdaten erforderlich. Klassischerweise werden diese auf Basis einer terrestrischen Vermessung erstellt, welche jedoch zum einen massive Störungen des fließenden Verkehrs über den Zeitraum von einigen Wochen verursacht und zum anderen sehr personal- und kostenintensiv ist. „Wir wollten für dieses Projekt als Planungsgrundlage eine 3D-Punktwolke nutzen, bei der das gesamte Gelände und der Straßenbestand möglichst genau abgebildet ist“, sagt Oliver Raettig vom Straßenbauamt Schwerin, das ein Teil des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr in MV ist. Somit sollte ein modernes, BIM-orientiertes Planungsverfahren umgesetzt werden. Hintergrund ist die Entscheidung des Bundeslandes, die Planung der Bundesstraßen von der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau (DEGES) GmbH zu übernehmen. In diesem Zuge wurde Personal aufgebaut und die Projektgruppe Großprojekte gegründet, in der Raettig tätig ist.
Der Bauingenieur arbeitete zuvor mehrere Jahre in einem Planungsbüro für den Verkehrswegebau und kannte damit die Anforderungen aus der Praxis. „Heute geht bei solchen Projekten kein Weg mehr an einer umfassenden 3D-Vermessung per Punktwolke vorbei, da dies in allen Planungs- und Ausführungsbereichen massiven Nutzen stiftet“, berichtet Raettig. Die Technologie dazu sei im Markt vorhanden, es bedürfe nur der notwendigen Beauftragung durch die jeweiligen Bauherren.
Punktwolken fusionieren
Das Straßenbauamt Schwerin hat die Firmen Geofly GmbH und TRIGIS GeoServices GmbH mit der Erzeugung dieser Daten für die Straßenausbauprojekte beauftragt. Das MLS erfolgte durch TRIGIS auf Basis des MX9-Systems (Trimble). Geofly führte zeitlich parallel die ALS-Befliegung mittels des Laserscanners Riegl VQ780i als auch eines bildgebenden Sensors, der UltraCam Eagle M3 durch. Die Flughöhe betrug dabei 300 Meter, also die niedrigste, erlaubte Flughöhe, um so maximale Auflösung zu erzielen (10 Punkte pro Quadratmeter, drei Zentimeter Pixelgröße bei Bildern).
Die gesamte MLS-Datenaufzeichnung konnte innerhalb von wenigen Stunden für alle Streckenabschnitte durchgeführt werden, ohne dass hierfür separate Maßnahmen im fließenden Verkehr notwendig waren. Die Vermessung der Passpunkte und Passflächen für die MLS- und ALS-Daten erfolgt durch Vermessungsingeni eure der TRIGIS zeitnah zur Befahrung. Die Fusionierung der Daten in einen Gesamtdatensatz sowie die Qualitätssicherung hinsichtlich der einzuhaltenden Genauigkeiten erfolgte durch die Firma GeoFly.
Das MLS ist eine schnelle und präzise Methode, mit dem die Straßenbereiche und deren Umgebung zentimetergenau gescannt und hochgenaue 3D-Messdaten erzeugt werden können. Die Laserscanner zeichnen die 3D-Punktwolke im fließenden Verkehr mit bis zu zwei Millionen Messpunkten pro Sekunde und einem Messrauschen von circa 5 Millimetern auf. Die absolute Positionsgenauigkeit der 3D-Daten kann durch die Einbindung von Referenzpunkten auf zwei bis drei Zentimeter verbessert werden. Durch die parallele Nutzung von ALS wird die vom Aufnahmefahrzeug entferntere Umgebung aufgezeichnet. Im Rahmen des Post-Processing erfolgt eine Fusion beider Datensätze, so dass im Ergebnis eine hochpräzise und lückenlose 3D-Abbildung des Projektgebiets erzeugt wird, mit einer Messpunktdichte von ca. 10.000 Punkten pro Quadratmeter im Straßenbereich.
Datenzugriff per Browser
Insgesamt wurden Punktwolken mit einem Gesamtdatenumfang von über 200 Gigabyte erzeugt – zu viel, um sie mit dem bestehenden IT-Infrastruktur des Landesamtes bereitzustellen. Somit wurde TRIGIS beauftragt, die Daten zu hosten und zur einfachen Nutzung über eine spezielle Web-Anwendung bereitzustellen. Über diese können allen Projektbeteiligten die 3D-Daten, 360°-Panoramabilder und Orthofotos zur Verfügung gestellt werden. „Dadurch bieten sich völlig neue Möglichkeiten der Projektkoordination und Abstimmung zwischen Planern und Auftraggebern“, so Michael Mares, Leiter Monitoring & Mapping der TRIGIS. Genutzt werden sie aktuell von allen an Planungsprozessen beteiligten Akteuren. Selbst Fachleute aus den Umweltämtern nutzen sie, etwa wenn die Auswirkungen auf Flora und Fauna untersucht werden müssen. „Dadurch werden viele Vor-Ort-Besuche überflüssig”, berichtet Raettig.
Über die passwortgeschützte Web-Anwendung können die komplexen und umfangreichen Daten ohne großen Schulungsaufwand betrachtet und analysiert werden. Eigene 3D-Messungen können dort erstellt, gespeichert und bei Bedarf direkt mittels Schnittstelle in ein GIS übertragen werden.
So kommen nach Angaben von Raettig die wesentlichen Vorteile der ALS-MLS-Punktwolke zum Tragen. Seiner Einschätzung nach sind diese die schnelle Erfassung mit nur kurzen und geringen Störungen für den Verkehrsfluss sowie die starke Reduktion der Arbeiten von Personen im Straßenbereich. „Herausforderungen für die Behörden und Planer sind aktuell noch der hohe manuelle Aufwand für die Erstellung von Bestandsplänen sowie die Ausschöpfung des Potenzials der gesammelten Daten bei den planungsbegleitenden Fachbereichen“, so der Bauexperte. Aktuell plant das Landesamt bereits die nächste Vermessungsphase. In Kürze sollen noch die bisherigen Schattenbereiche, die weder vom ALS noch vom MLS erfasst wurden, ergänzt werden. Dies soll dann per terrestrischem Laserscanning geschehen. (sg)