Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) entwickelt im Auftrag des BMI den innovativen „Digitalen Zwilling Deutschland“ (DigiZ-DE).
Der DigiZ-DE, so der abgekürzte Projektname für den „Digitalen Zwilling Deutschland“, unterstützt die Bundesverwaltung bei nachhaltigen Entscheidungen im Bereich raum- und geobezogener Aufgaben. Durch die interaktive Plattform können Planer und Entscheidungsträger auf die Daten zugreifen, was Transparenz schaffen, die Zusammenarbeit erleichtern und eine aktive Teilnahme an Planungsprozessen ermöglichen soll. Zudem fördert der DigiZ-DE den Austausch zwischen Akteuren und verbessert die Abstimmung bei komplexen Projekten.
Hintergrund dazu ist, dass für die Planung und Entwicklung auf lokaler, städtischer und bundesweiter Ebene valide Zukunftsszenarien zunehmend an Bedeutung gewinnen. Klassische Karten reichen dafür nach Angaben des BKG längst nicht mehr aus. Stattdessen sind, so das Bundesamt, detaillierte 3D-Daten und Informationen über landschaftliche Veränderungen unerlässlich. Der Bundesverwaltung fehle aktuell jedoch ein solches ganzheitliches, datenbasiertes Werkzeug wie der DigiZ-DE, um Analysen durchzuführen und Handlungsalternativen zu simulieren.
Die genutzten Sensoren
Eine zentrale Datengrundlage des DigiZ-DE bildet ein hochpräzises 3D-Modell, das im Auftrag des BKG mithilfe luftgestützter Laserscanning-Technologie (ALS) erstellt wird. Diese fortschrittliche Technik ermöglicht die Erfassung von Objekten mit einer außergewöhnlich hohen Punktdichte, die eine angestrebte Auflösung von 40 Punkten pro Quadratmeter erreicht. Dabei gewährleisten die Messungen eine Höhengenauigkeit von 6 cm oder besser sowie eine Lagegenauigkeit von 20 cm oder besser.
Diese und noch weitere Spezifikationen können mit verschiedenen LiDAR-Sensoren (LiDAR – Light Detecting and Ranging) erreicht werden. Die deutschlandweite Erfassung erfolgt in acht Gebietslosen, in denen folgende Sen- soriken eingesetzt werden: Full-Waveform-LiDAR (RIEGL VQ1560II-S, Riegl VQ-1460) und Single-Photon-LiDAR (Leica SPL100).
Neben der LiDAR-Erfassung werden auch RGB-Bilder aufgenommen, um die Punktwolke entsprechend zu kolorieren. Die 3D-Befliegung erfolgt während der Vegetationsperiode, im Zeitraum zwischen März und November, wobei die Hauptaufnahmezeit zwischen April und Oktober liegt, da präzise Informationen über die Vegetation für zahlreiche Anwendungsfälle von großer Bedeutung sind. Die flächendeckende Befliegung begann im Sommer 2024 und wird voraus- sichtlich im Herbst 2025 abgeschlossen sein.
Die Auftragnehmer
Für den DigiZ-DE sind verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen europäischen Ländern in der Luft, darunter die BSF Swissfoto AG (CH), Leica Geosystems Technology GmbH (DE), GEOREAL spol s.r.o. (CZ) und Flycom Technologies d.o.o. (SLO). Diese international tätigen Partner sorgen für eine umfassende Datenerfassung.
Nach Abschluss der Befliegung wird die bundesweite, vollständig klassifizierte Punktwolke voraussichtlich Mitte 2026 dem BKG und dem DigiZ-DE zur Verfügung stehen, um deutschlandweite Anwendungsfälle zu ermöglichen. Auch wenn bislang noch keine Aktuali- sierung budgetiert wurde, ist eine komplette oder teilweise Wiederholung der Befliegung alle drei bis vier Jahre angestrebt. Als Geo-Dienstleister für die Bundesverwaltung wird das BKG den Zugang zu den Daten für die Bundesbehörden bereitstellen und zudem die Dienstleistung „Digitaler Zwilling Deutschland“ auf der Plattform ausschließlich für diese sowie deren spezifischen Bedarfe anbieten. Für die Bundesländer, Kommunen, Städte, wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen wird jedoch angestrebt, einen deutschlandweiten 3D-Datensatz mit einer Auflösung von 10 Punkt/m² als Open-Data bereitzustellen.
In den Bundesländern führen die Vermessungsverwaltungen ebenfalls flugzeuggestützte Laserscanning-Befliegungen durch, die sich jedoch in einigen Aspekten von der Befliegung des DigiZ-DE unterscheiden. Das Hauptziel der Bundesländer ist die Erstellung präziser Geländemodelle, weshalb in der Regel während der vegetationsfreien Zeit (Winter) und nicht im Sommer (wie beim DigiZ-DE) beflogen und mit LiDAR-Technologie erfasst wird. Der Befliegungszeitraum erstreckt sich zudem über einen längeren Zeitraum, was bedeutet, dass ein vollständiger Datensatz eines Bundeslandes erst nach etwa vier bis zehn Jahren vorliegt. Zusätzlich ist die Punktdichte in den Befliegungen der Bundesländer geringer, d. h. mindestens 4 – 10 Punkte pro Quadratmeter. Diese unterschiedlichen Schwerpunkte der ALS-Befliegungen – sowohl bei den Ländern als auch beim DigiZ-DE – sorgen dafür, dass beide Datensätze auch künftig ihre eigene Berechtigung und Anwendungsmöglichkeiten haben werden.
Weitere Datenintegration
Zusätzlich zum deutschlandweiten 3D-Datensatz bzw. der 3D-Punktwolke können je nach Anwendungsfall verschiedene Datentypen in die Plattform integriert werden. Dazu gehören beispielsweise bestehende Geodaten, die über die Geodateninfrastruktur Deutschland (GDI- DE) zugänglich sind. Darüber hinaus haben die Bedarfsträger die Möglichkeit, ihre eigenen fachspezifischen Daten in die Plattform einzubringen und diese in den unterschiedlichen Anwendungen zu nutzen.
Die enormen Datenmengen, die bei einer bundesweiten, hochauflösenden Flächenabdeckung entstehen, stellen hohe Anforderungen an die Speicherung, Verwaltung und den effizienten Zugriff auf die Daten. Um die Datenmengen für die Anwender nutzbar zu machen und gleichzeitig den technischen Anforderungen gerecht zu werden, ist der Einsatz von Cloud-Technologien vorgesehen. Diese sind unerlässlich, um die riesigen Datensätze effizient zu verarbeiten, zu analysieren sowie benutzerfreundlich und dem neuesten Stand der Technik entsprechend bereitzustellen.
Derzeit wird an einem umfassenden Konzept gearbeitet, das eine optimale Integration dieser Technologien ermöglicht und gleichzeitig sicherstellt, dass die Daten auf eine zukunftsfähige und skalierbare Weise genutzt werden können. Für die Nutzer aus der Bundesverwaltung werden zudem umfassende Interaktionsmöglichkeiten angeboten, die es ihnen ermöglichen, auf Grundlage der jeweiligen Daten ihre fachspezifischen Anwendungen innerhalb des Digitalen Zwillings zu entwickeln und umzusetzen. Dies schafft eine flexible und effiziente Basis für vielseitige Einsatzmöglichkeiten und fördert die gezielte Weiterentwicklung behördlicher Anwendungen.
Pilotanwendungen
Der DigiZ-DE wird gezielt auf die Anwendungsfälle der Bundesverwaltung ausgerichtet und orientiert sich an deren aktuellen Bedürfnissen. Die Umsetzung dieser Anwendungsfälle erfolgt in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Bundesverwaltung. Dabei entstehen Synergien zwischen den verschiedenen Anwendungsfällen, die eine effiziente Nutzung der Daten und Ressourcen ermöglichen und die Gesamtwirkung des Digitalen Zwillings weiter steigern (siehe Bild). Aktuell werden unter anderem folgende Pilotanwendungen realisiert: die Baumkroneninventur in Kooperation mit dem Thünen-Institut (BMEL), die Identifikation potentieller Flughindernisse gemeinsam mit der Deutschen Flugsicherung und dem BMDV, sowie die Erfassung und das Ableiten von Metriken für Sprungtürme für das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BMI).