CycloMedia integriert KI-basierte Auswerteverfahren in sein Portfolio. Dadurch sollen Daten inklusive Auswertungen sehr viel schneller nach der Befahrung zur Verfügung stehen.
Identifikation, Klassifikation und Bewertung sind klassische Aufgaben der Vermessung – besonders im Umfeld der Photogrammetrie. Diese Aufgabenschritte benötigen in der Regel viel Zeit und manuellen Aufwand. Immer wieder wurde und wird probiert, diese Aufgaben aus Kosten gründen an Drittunternehmen auszulagern, doch dieses sogenannte Offshoring oder Nearshoring stößt dann an Grenzen, wenn fachliche Kompetenzen und Erfahrungen gefragt sind. Mehr und mehr wird versucht, dieses Aufgabenspektrum der Datenauswertung durch Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) zu ersetzen. Das Ziel, Daten schneller und kostengünstiger auszuwerten, verfolgt auch das Unternehmen CycloMedia.
Das Unternehmen mit Stammsitz in den Niederlanden hat eine Technologie entwickelt, mit der digitale Zwillinge von Städten und Versorgungsgebieten erstellt werden. Grundlage dafür sind 360°-Panoramabilder und Laserscandaten, die von speziellen Messvorrichtungen erfasst werden, die auf normalen Fahrzeugen installiert sind. CycloMedia betreibt eine Flotte von rund 50 Fahrzeugen, die mit der Technik ausgestattet sind. Die Daten liefern die Grundlage für Analysen, Planung und die Realisation von Projekten, die einen Raumbezug haben. Die Fahrzeuge erfassen dabei den gesamten Straßenraum aus Sicht des am normalen Straßenverkehr teilnehmenden Fahrzeugs. Dementsprechend inhaltsreich sind die Daten: Von der Traufhöhe der Gebäude, der Vegetation, der Stadtmöblierung und der Verkehrsbeschilderung bis hin zur Fahrbahnoberfläche – der gesamte öffentliche Raum wird abgebildet. „Die Anwendungen und Fragestellungen, die mit den Daten unterstützt werden, betreffen vielfältigste Themen wie Mobilität, die Stadtplanung, Fachkataster oder spezielle Herausforderungen wie die Luftreinhaltung oder die Eventplanung“, erklärt Michael Arthen, Geschäftsführer der CycloMedia Deutschland GmbH. Vor diesem Hintergrund sei es sehr wichtig, dass die Auswertungen der Daten schnell, effizient und praxisgerecht umgesetzt werden, so der Geschäftsführer.
Datenerfassung steht am Beginn
Zu Beginn von Projekten steht zunächst die Datenerfassung. Deren Besonderheit ist es, dass photogrammetrische Panoramaaufnahmen (per 105 Megapixel-Kamera) und Laserscandaten aufgenommen werden. Diese werden dann „synchronisiert“, das heiß, „hinter“ den Panoramabildern liegen die 3D-Punktwolken, die per Laserscanning gewonnen werden, wodurch auch die Panoramabilder exakt georeferenziert werden. Für den Zugriff steht beliebigen Nutzern die browserbasierte Anwendung Street Smart zur Verfügung. Nutzer können damit zum Beispiel per einfachem Klick innerhalb der Panoramabilder genaue Maße abgreifen und Polygone definieren. „Früher mussten Anwender dazu mehrere Schritte machen, aufgrund der synchronisierten Punktwolken geht das nun wesentlich schneller und intuitiver“, beschreibt Arthen. Soll also die Höhe von Ampeln, Schildern, Straßenmöblierung oder Traufhöhen erfasst werden, reichen zwei einfache Klicks im Bild.
Dementsprechend mehrstufig ist das CycloMedia-Angebot strukturiert. Im Rahmen eines Starterpakets, das Kommunen, Netzbetreiber oder auch Wirtschaftsunternehmen beauftragen können, ist immer zunächst die Befahrung enthalten. Daraufhin wird in der Regel eine Realflächenanalyse des Straßenraums von CycloMedia erstellt. Dieser liegt ein hochauflösendes Straßen-Orthofoto zugrunde. Im Folgenden werden dann Spezialauswertungen erstellt, die von CycloMedia (beziehungsweise Partnerunternehmen) als Paket oder einzeln beauftragt werden können. „Das kann man mit der Karte eines chinesischen Restaurants vergleichen: Jede Kombination ist möglich“, beschreibt der Geschäftsführer. Neben der Visualisierung und der Edition der Daten in Street Smart bekommen Kunden so spezialisierte Datenauswertungen, die entweder für GIS-Anwendungen genutzt werden können, oder ebenso in Street Smart visualisiert werden können.
Neuer KI-Ansatz
Bei solchen Auswertungen kommt die KI zum Tragen, zum Beispiel beim Straßenerhaltungsmanagement. Für dieses „Sub-Thema“ ist das Partnerunternehmen TRIGIS GmbH zuständig. Der Ingenieurdienstleister mit 175 Mitarbeitern erstellt die Auswertung des Straßenzustands gemäß den gängigen Vorschriften wie der E-EMI auf Basis von KI. „Mit der KI können wir innerhalb eines vollautomatischen Prozesses bis zu 60 Prozent der Straßenschäden erkennen“, sagt Michael Mares, Bereichsleiter Monitoring & Mapping bei TRIGIS Geoservices GmbH.
Im Verlauf vieler Projekte konnte das Unternehmen die KI-Algorithmen soweit trainieren, dass ein solch hoher und zuverlässiger Automatisierungsgrad möglich wurde. TRIGIS profitiert dabei auch von weiten Betätigungsfeldern rund um Photogrammetrie und Fernerkundung, bei denen solche Verfahren ebenfalls zum Einsatz kommen. „Inzwischen ist die Technologie sehr weit fortgeschritten, so dass wir dem Kunden konkrete Mehrwerte weiterreichen können“, so Mares. Das sind vor allem eine stark verkürzte Auswertezeit und Kostenvorteile, die sich durch die Automatisierung ergeben.
Auftraggeber bekommen die Auswertedaten bis zu vier Wochen nach der Befahrung, sagt Mares aus Erfahrung. Bei herkömmlichen Auswerteverfahren kann dies oft wesentlich länger dauern und für Unzufriedenheit vieler Kunden mit Projekten sorgen, gerade wenn große Befahrungsgebiete bearbeitet werden müssen.
Die KI ist dabei in der Lage, neben Schlaglöchern auch feinere Strukturen wie Netzrisse zu erkennen, die maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung des Straßenzustandes haben. Die KI setzt dabei sogenannte Stützpunkte, um die Geometrie der Schäden zu erfassen. In der Regel werden Schäden, die sanierungsrelevant sind, ohnehin nochmal in einer Vor-Ort-Begehung erfasst und begutachtet. Bei Schlaglöchern werden, so Mares, in der Regel fünf Stützpunkte gesetzt, die den Umriss des Schadens beschreiben. „Dieses Verfahren besitzt nicht die sprichwörtliche Vermessungsgenauigkeit, ist aber für die Zwecke der Zustandsbewertung allemal der schnellste, zuverlässigste und vor allem kostengünstigste Weg“, fasst Michael Arthen zusammen.
Während TRIGIS auf die E-EMI-konforme Erfassung der Schäden spezialisiert ist, nutzt auch CycloMedia das Verfahren. „Vor allem bei strukturierten und formalisierten Objekten, wie etwa Straßenschildern, Ampeln oder Werbeflächen, sind hohe Automatisierungsraten möglich“, so Arthen. (sg)