BUSINESS GEOMATICS sprach mit Mario Spiegel, verantwortlicher Vertriebsmitarbeiter für Spezialflugzeuge bei dem österreichischen Anbieter Diamond Aircraft Industries GmbH, über den internationalen Luftbildmarkt, aktuelle Flugzeugtechnik und die Integration von Sensorik.
1. BUSINESS GEOMATICS: Herr Spiegel, wie viele Modelle mit geodätischer Ausrüstung haben sie bereits weltweit ausgeliefert
Mario Spiegel: Insgesamt haben wir weltweit bereits mehr als 130 Special Mission Flugzeuge ausgeliefert, wobei davon etwa 40 mit Sensorik für geodätische Anwendungen ausgerüstet sind. Viele Kunden nutzen ihre Flugzeuge auch, wie der Name MPP (Multi Purpose Platform) schon sagt, für verschiedene Anwendungszwecke, da sich der Umbau der Sensorik sehr einfach und flexibel gestaltet.
2. Wie entwickelt sich die weltweite Nachfrage im Bereich der luftgestützten Vermessung?
Wir sehen hier einen sehr stark steigenden Bedarf. Gründe sind, dass sich die Industrie als auch die Länder immer mehr digitalisieren, und somit eigentlich fast zu jeder Zeit Bedarf an aktuellen Daten besteht, was natürlich einer häufigeren Befliegung bedarf. Das in aller Munde befindliche Stichwort „Digital Twin“ passt hier ganz gut dazu und erfreut sich aktuell großen Zuspruchs. Diese digitalen Modelle der realen Welt, machen natürlich auch nur dann Sinn, wenn sie möglichst aktuell gehalten werden.
3. Welche Sensorsysteme sind bereits zugelassen?
Hierzu muss man etwas ausholen. Das Prinzip der Zulassung, wie wir es betreiben, beinhaltet einerseits diverse STC, wie zum Beispiel das Camera Hatch, welches aber keine Sensorik beinhaltet, sondern lediglich die Limitationen für Gewicht, Volumen und Stromaufnahme. Dieses Prinzip ermöglicht uns die Integration jeglicher Sensorik, die innerhalb der vordefinierten Limitation sind, mittels Minor Change zuzulassen. Bereits verbaut wurden die gängigsten Systeme von Vexcel, Riegl, Phase One, Somag, IGI, Applanix und Leica Geosystems.
4. Wie unterscheidet sich der mitteleuropäische Markt zu anderen Regionen in der Welt?
Die Dichte an hochprofessionellen und spezialisierten Unternehmen ist in Europa sehr hoch, was uns die Arbeit natürlich erleichtert. Die Kunden wissen genau, was sie benötigen um die Nachfrage am Markt befriedigen zu können. In manchen anderen Regionen hingegen, bedarf es manchmal erst einer gewissen Einschulung und einiger Iterationsschleifen bis eine Flugzeug-/Sensor-Konfiguration erstellt werden kann, die den Anforderungen des jeweiligen Endkunden gerecht werden.
5. Stichwort Umweltfreundlichkeit: Wie ist die Umweltbilanz der Vermessungsflugzeuge von Diamond?
Das ist definitiv eines unserer größten Verkaufsargumente. Das Thema Umweltschutz wird ja zunehmend wichtiger und auch in der Luftfahrt wird es ein immer wichtigerer Faktor. Bei Diamond Aircraft haben wir schon ganz früh auf die, im Vergleich zu herkömmlichen AVGAS-Motoren, umweltfreundlicheren, Jet-Fuel-Motoren gesetzt, im Gegensatz zur Konkurrenz. Unsere Flugzeuge sind, dank unserer im Haus produzierten Jet-A1 Motoren von Austro Engine, aus den folgenden Gründen, die mit Abstand umweltfreundlichsten in der Vermessungsfliegerei: Die Motoren werden zum einen mit bleifreien Jet Fuel betrieben und zum anderen beruht die Technologie unserer Motoren auf modernsten Automobilstandards, welche strengste Abgasnormen erfüllen müssen – im Gegensatz zu konventionellen Kolbenmotoren, welche auf Technologie aus den 1960ern basieren.
Können Sie das konkretisieren?
Man muss sich eigentlich nur den Kraftstoffverbrauch einer DA62 MPP und eines vergleichbaren Flugzeugs mit konventionellen Kolbenmotoren ansehen. Eine DA62 MPP verbrennt bei einer langsamen Bildflugmission gerade mal 34l/h Jet-A1. Ein Flugzeug mit AVGAS Motoren hingegen benötigt bis zu 80l/h verbleiten Kraftstoff. Wie sich dieser drastische Unterschied auf die Abgasemissionen und somit die Umweltverschmutzung auswirkt, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung.
6. Wo liegen aktuell die Herausforderungen für die Motorentwicklung bei Leichtflugzeugen?
Die FAA verfolgt bereits den Plan bis Ende 2030 AVGAS100LL zu verbieten. Das würde alleine in den USA über 220.000 Motoren betreffen. Die alternativen bleifreien Kraftstoffe sind einerseits viel teurer als AVGAS und andererseits sind die Motoren dafür zum Großteil nicht zertifiziert. Mit unseren Kerosinmotoren beobachten wir diese Entwicklung jedoch ganz entspannt. Trotzdem arbeiten wir daran die Motoren noch „grüner“ zu machen in dem wir Sustainable Aviation Fuel (SAF) testen und auch zulassen wollen.
7. Ihr Unternehmen integriert die Sensorsysteme in die Flugzeuge. Was ist bei dieser Systemintegration zu beachten?
Das ist richtig, wir sind einer der wenigen Flugzeughersteller, der die Komplettlösung, bestehend aus Flugzeug, Systemeinrüstung und auch Zulassung alles aus einer Hand anbieten kann. Was bei der Sensorintegration alles zu beachten ist, würde den Rahmen hier definitiv sprengen. Dieses Thema greift grundsätzlich in alle Bereiche wie Flugerprobung, Struktur, Elektrik, Avionik, Weight and Balance, Zulassung usw. ein. Da wir der Halter der Musterzulassung und der STCs sind, macht es die Integration um einiges effizienter, da wir alle benötigten Daten im Haus haben. Eine Drittfirma müsste im Gegensatz für jede kleine Änderung an der Struktur, Daten vom OEM anfordern.
8. Wie liegen potenzielle Fehler bei der Systemintegration und wie wirken sie sich aus?
Der klassische Weg, den die meisten Systemintegratoren gehen, wo ein Flugzeug von Firma A, die Sensoren von Firma B und die Einrüstung/Zulassung von Firma C gemacht wird, führt oft zu Problemen. Die Gründe dafür sind verschiedenste, aber Kommunikation ist sicherlich einer davon. Nicht klar definierte Schnittstellen oder auch Sprachbarrieren können hier sehr schnell zu großen Problemen führen.
Bei Diamond Aircraft hingegen sind Kunden in guten Händen. Bei uns gibt es alles aus einer Hand, nur einen Ansprechpartner. Wir übernehmen hier die komplette Verantwortung und kümmern uns vom Einkauf, Einrüstung, Testen, Zulassung bis hin zum Überstellungsflug um alle Schritte der Systemintegration.
www.diamondaircraft.com
Über Diamond Aircraft
Diamond Aircraft ist ein österreichischer Flugzeughersteller mit Produktionsstätten in Österreich, Kanada und China. Das Unternehmen wurde 1981 gegründet. Eine Besonderheit des Unternehmens ist die Fokussierung auf effiziente Jet-Fuel-Motoren mit einem niedrigen Spritverbrauch. Die Abteilung Special Mission Aircraft rüstet die Flugzeuge für den Einsatz zu Überwachungs-, Beobachtungs- oder Laserscanningzwecken aus.