Mit K.A.R.L. hat die KA Köln.Assekuranz Agentur GmbH einen Webdienst entwickelt, mit dem die Gefährdung einzelner Standorte weltweit und nach individuellen Vorgaben ermittelt werden kann.
Wie intensiv muss ein Starkregen sein, damit die geplante Lagerhalle überschwemmt wird? Wie groß ist das Risiko, dass ein Hagelereignis die PKW-Produktion einer ganzen Woche vernichtet, die auf einem Parkplatz in Brasilien auf die Auslieferung wartet? Kann ein Tsunami die Energieversorgung eines Werks in Indonesien beeinträchtigen oder ein vulkanischer Lavastrom eine globale Lieferkette zum Stocken bringen? Solche Fragen über die konkreten Auswirkungen von Naturgefahren beantwortet K.A.R.L., ein Service der KA Köln.Assekuranz Agentur GmbH. Das Unternehmen mit traditionellem Schwerpunkt auf dem B2B-Sektor ist ein Tochterunternehmen der ERGO Group und gehört damit zur Versicherungsgruppe der Munich Re.
Im Gegensatz zu anderen Geoanalysen, die Risiken durch Naturgefahren weltweit und flächenbezogen analysieren, beschäftigt sich K.A.R.L. mit Fragestellungen, die einzelne Standorte und dort die Verletzlichkeit (Vulnerabilität) konkreter Objekte betreffen. Eine Besonderheit dabei: Kunden erhalten die Analyse per Knopfdruck via WebDienst in wenigen Minuten. „Anwender können also am Handy quasi unter dem Verhandlungstisch eine erste Analyse anfordern, wenn über den Bau eines neuen Lagerstandorts irgendwo auf der Welt verhandelt wird“, beschreibt Matthias Müller, Leiter Risiko-Service/K.A.R.L. bei dem Kölner Unternehmen. K.A.R.L. analysiert alle gängigen Naturgefahren. Dazu gehören Vulkanausbrüche, Erdbeben, Tsunami, Überschwemmung, Sturmflut, Sturm, Tornado und Hagel.
Vulnerabilität im Einzelfall
Um die standortbezogenen Risiken durch derartige Naturgefahren erkennen, berechnen und beziffern zu können, bedarf es einer Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber. Dabei gilt es im ersten Schritt, eben jene Vulnerabilität der Objekte zu ermitteln – eine höchst diffizile Herausforderung, wie sich bei 2018genauerer Betrachtung herausstellt. So ist beispielsweise die Gefahr durch Hagel für PKW, die im Freien stehen, sehr hoch. Waren, die sich in Lagergebäuden befinden, droht dagegen eine Zerstörung durch Gebäudeschäden bis hin zum Einsturz. Entsprechende Modelle zu entwickeln ist demnach ein erster und wichtiger Schritt bei Kundenprojekten. Dabei wird insbesondere analysiert, bei welcher Ausprägung der Naturgefahr welcher Schadenumfang zu erwarten ist. Bei einem Hochwasser, das 20 Zentimeter über Geländehöhe ansteigt, kommen Geländewagen glimpflich davon (Schadenssumme ist also fast Null), während das gleiche Hochwasser bei Sportwagen zu einer vollkommenen Abschreibung führen kann (100 Prozent). Unterschiedlich sind zudem die Verläufe der Vulnerabilität: Bei Erdbeben steigt sie schnell von Null auf Hundert. Bei Hagel nimmt der Schaden mit dem Durchmesser der Körner langsamer zu. Bezieht man schließlich den geographischen Gesamtkontext ein, ergeben sich weitere Einflussfaktoren und Szenarien, die ebenfalls berücksichtigt werden müssen: „Bei einem Sturm kommt ein Fahrzeug in der Regel glimpflich davon, befindet sich aber viel trockenes Ackerland in der Umgebung, kann aus einem Sturm schnell ein Sandsturm werden, der eine völlig andere Gefahr darstellt“, beschreibt Müller.
Zusammenspiel verschiedener Modelle
Gleichzeitig werden die Gefahren für die entsprechenden Wetterereignisse überall auf der Erde quasi auf Knopfdruck bewertet. Dafür nutzt der Dienst verschiedene Modelle –etwa klimatologische, geophysikalische oder hydrologische. Klassifiziert werden die Naturgefahren gemäß den üblichen Verfahren von einem jährlichen bis hin zu einem 10.000 jährlichen Ereignis, wie etwa eine Sturmflut die statistisch gesehen einmal in 10.000 Jahren stattfindet. Die Risiko-Modellierungen basieren nach Angaben der KA auf modernsten Verfahren. Kürzlich hat das Unternehmen neue Modelle für Starkregengefahren integriert, schließlich haben zahlreiche Ereignisse in jüngster Vergangenheit die Sensibilitäten diesbezüglich erhöht. Bei dem Wirbelsturm Harvey etwa kam der Schaden in erster Linie durch den Starkregen, nicht durch den Wind. Die mehrtägigen Regenfälle kann man als 500- bis 1.000-jährliches Ereignis einstufen. Auch die Bilder aus der baden-württembergischen Kleingemeinde Braunsbach sind vielen noch im Kopf. Hier sorgte der außergewöhnliche Regen in Kombination mit der topographischen Lage und der baulichen Infrastruktur für massive Schäden. „Genau solche Gegebenheiten bilden wir in dem neuen Modell ab“, sagt Müller.
Parallele Gefahrenbewertung
Essentiell für K.A.R.L. ist die Verwendung eines globalen, einheitlichen und qualitativ hochwertigen Höhenmodells. Um beispielsweise die Gefahr eines Tsunami in einer Bucht zu beurteilen, ist es wichtig, deren topographische Gestalt zu berücksichtigen. Zum Einsatz kommen SRTM-Daten (per Satellit aufgenommenes Höhenmodell, ohne komplett globale Abdeckung). Diese werden mit dem globalen GTOPO30- Modell kombiniert, um so die fehlende Abdeckung jenseits von 60 Grad Nord zu kompensieren. Zwar gibt es genauere Daten, doch diese würden den preislichen Rahmen des Dienstes sprengen, wenn sie weltweit vorgehalten werden müssten. „Diese Daten kommen höchstens für spezielle standortbezogene Analysen zum Einsatz, die aber immer kundenspezifisch beauftragt werden“, sagt Müller. Dies ist die sogenannte Expert-Analyse, die dort beginnt, wo die Detaillierung von K.A.R.L. aufhört und die bis hin zu einer Vor-Ort-Untersuchung führen kann.
Drei Schritte zum Ziel
Die K.A.R.L.-Bewertung verläuft dreistufig. Zunächst wird ermittelt, welche Gefahren überhaupt drohen können. Im zweiten Schritt wird dann die Gefährdung anhand der statistischen Häufigkeitskennwerte ermittelt, bis zum 10.000-jährlichen Ereignis in einzelnen Jahresschritten. Dafür werden entsprechende Modellberechnungen durchgeführt. Auf der Basis der mit dem Kunden festgelegten Vulnerabilitäten wird dann im dritten Schritt das Risiko des Ortes bewertet. Kunden erhalten eine Art Dossier, in dem die Risiken gezeigt, klassifiziert und textlich erläutert werden.
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Ein Kunde registriert sich via Webdienst, definiert den Standort, wählt das Vulnerabilitätsmodell aus und erhält in wenigen Minuten das Ergebnis der Analyse, die auf den Hochleistungsservern der Versicherung ausgeführt wird. Die Nutzung ist auch mit handelsüblichen Smartphones möglich. „Für eine erste Risiko-Einschätzung kann der Kunde auf ein standardisiertes Vulnerabilitätsmodell zurückgreifen“, beschreibt Müller. Die Erfahrung zeigt jedoch: Je länger die Kunden dabei sind, desto differenzierter werden die verschiedenen Modelle für die Vulnerabilitäten, die dann auch immer wieder gemeinsam mit dem Versicherer verfeinert werden. Ein Kunde aus dem Bereich Automobilproduktion hat beispielsweise bereits sieben Vulnerabilitäten dieser Art für unterschiedliche Betriebs- und Produktionsbereiche entwickelt. In Zukunft sollen den Kunden die Ergebnisse auch kartenbasiert über das Internet bereitgestellt werden. Dafür hat die KA kürzlich über DDS die GIS-Webanwendung Spectrum Spatial Analyst von Pitney Bowes erworben, die nahtlos in K.A.R.L. integriert wird. Damit können nicht nur die untersuchten Standorte visualisiert, sondern auch die Analyse-Ergebnisse anschaulich dargestellt werden. Zuvor nutzte die Versicherung dafür das Google-Earth-Format KML, doch dies hat technische Grenzen und nicht jeder Kunde erlaubt die Installation der notwendigen Client-Applikation. „Die Benutzerstruktur des Spectrum Spatial Analyst ist sehr praktikabel, und der Leistungsumfang für unseren Bedarf sehr interessant: Ich kann zum Beispiel selbst ,Named User’ anlegen und verwalten. Und ich kann das System direkt mit unserer Open-Source-Datenbank verbinden, ohne Lizenzgebühren für eine andere Datenbank-Lösung zahlen zu müssen“, sagt Müller.