Das Verbundprojekt „Datenraum Wald und Holz (DWH 4.0)“ startet im Jahr 2022 mit Materna als Konsortialführer und hilft bei der Klimafolgenbewältigung in der Forst- und Holzwirtschaft.
Für das Ökosystem Wald arbeiten in Deutschland über eine Millionen Beschäftigte in rund 125.000 Unternehmen. Zum Ökosystem gehören darüber hinaus mehr als zwei Millionen Privatwaldbesitzer, die etwa die Hälfte der gesamten deutschen Waldfläche besitzen. Bei der Vielzahl der Beteiligten ist es nicht verwunderlich, dass auch die jeweiligen Digitalisierungsgrade unterschiedlich stark ausgeprägt sind: Medienbrüche sind verbreitet, die Vernetzung ist gering und standardisierte Datenformate sind nicht vorhanden. Das Potenzial, die Wertschöpfungskette zu optimieren und künftig nachhaltiger, sicherer und digitaler zusammenzuarbeiten, ist demgegenüber hoch. Genau hier setzt das Verbundvorhaben „Datenraum Wald und Holz (DWH 4.0)“ an. Das Projekt adressiert dabei die Themen Datenökonomie und Nachhaltigkeit.
Wald als digitaler Zwilling
Die unter Federführung von Materna entwickelte Projektskizze „Datenraum Wald und Holz“ wurde im Förderwettbewerb „Innovative und praxisnahe Anwendungen und Datenräume im digitalen Ökosystem GAIA-X“ mit einer Förderzusage ausgezeichnet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hatte den Förderwettbewerb für Verbundprojekte mit einem Mindestvolumen von jeweils zehn Millionen Euro und einer Laufzeit von drei Jahren ausgeschrieben. An dem Wettbewerb haben sich 131 Konsortien beteiligt, wobei 16 Projekte eine Förderzusage erhalten haben.
Das Leuchtturmprojekt DWH 4.0 startet in 2022 und wird durch ein Konsortium aus Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Wissenschaft umgesetzt, das praxisnahe Anwendungen zur Vernetzung der Forst- und Holzwirtschaft entwickelt. Das Verbundvorhaben wird den Datenraum des anspruchsvollen Ökosystems Wald für einen breiten Anwenderkreis verfügbar machen. Dabei soll der Wald als Digitaler Zwilling abgebildet werden, um insbesondere die Folgen des Klimawandels für den Wald zu analysieren und eine nachhaltige Nutzung im Rahmen der Forst- und Holzwirtschaft zu ermöglichen.
Anwendungsfälle von DWH 4.0
Das Verbundprojekt „Datenraum Wald und Holz (DWH 4.0)“ soll unter Federführung vom Dortmunder Unternehmen Materna den gesamten Prozess von der Bepflanzung des Walder bis zur Verarbeitung des Holzes abbilden. Dafür haben die Projektpartner drei Anwendungsfälle entwickelt:
- Der erste Anwendungsfall betrifft die datengestützte, nachhaltige Bewirtschaftung des Waldbestands. Der datentechnische Zusammenschluss verschiedener Walddatenquellen ermöglicht ein umfangreiches und detailliertes Lagebild für das Wald-Monitoring.
- Anwendungsfall Nummer Zwei thematisiert den Datenaustausch für den Privatwald. Zum Ökosystem gehören Waldbesitzer, forstliche Dienstleister, forstliche Unternehmer, staatliche Förderstellen und die Holzindustrie. Für den sensiblen Datenaustausch soll eine effiziente, sichere, vertrauensvolle und leicht nutzbare Plattform bereitgestellt werden.
- Der dritte Anwendungsfall betrifft die kollaborative und integrierte Holzwertschöpfungskette. Bislang digital nicht erschließbare Datenquellen sollen über den Datenraum zugänglich gemacht und der durchgängig digitale Austausch von Daten zwischen den Partnern der Wertschöpfungskette realisiert werden. Domänenspezifische Daten sind zum Beispiel Waldbestands-, Gelände-, Wege-, Holz-, Maschinen- und Logistikdaten.
Föderal, offen und interoperabel
„Nachhaltigkeit und Data Economy sind wichtige Fokusfelder bei Materna. Es ist uns ein besonderes Anliegen, uns mit unserem Know-how und digitalen Technologien in Projekten zu engagieren, die sich für den Erhalt und schonenden Einsatz natürlicher Ressourcen einsetzen“, sagt Martin Wibbe, CEO der Dortmunder Materna-Gruppe, die IT- und Digitalisierungsprojekte für weltweit mehr als 1.200 Kunden umsetzt. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir den Zuschlag für das GAIA-X-Förderprojekt erhalten haben.“ Mit DWH 4.0 wolle das Unternehmen zu einem Datenlieferanten für eine nachhaltige Aufforstung und Bewirtschaftung des Waldes werden. „Vereinfacht ausgedrückt“, so Wibbe, „können wir dazu beitragen, dass der Wald langfristig als CO2-Senke und Sauerstoff-Lieferant erhalten bleibt und zugleich die Holzwirtschaft unterstützen.“
Dafür werden die Projektpartner der digitalen Datenraum Wald mithilfe der Leitprinzipien der europäischen GAIA-X-Initiative zu einem föderalen, offenen und interoperablen Ökosystem weiterentwickeln. Dafür wird zum Beispiel eine Föderationsdienste-Plattform entwickelt, die die bislang geschlossenen Datensilos aller Beteiligten erschließen und für die Nutzung smarter Services verfügbar machen soll. „Hierzu wird DWH 4.0 den gesamten Prozess von der Bepflanzung über die Bewirtschaftung der Wälder über die Holzernte und die Holzlogistik bis zur Verarbeitung des Holzes abbilden“, betont Wibbe. Dies wird prototypisch anhand von drei Anwendungsfällen gezeigt, die die Projektpartner gemeinsam entwickeln (siehe Kasten).
Technologische Grundlagen
Für die Umsetzung von DWH 4.0 stehen umfangreiche technologische Grundlagen zur Verfügung. Dazu gehören Referenzimplementierungen aus dem Verbundprojekt Mobility Date Space (MobiDS) sowie der Mobilitätsdatenmarktplatz der Bundesanstalt für Straßenwesen, der als Datentreuhändlerplattform der nationale Zugangspunkt für multimodale Mobilitätsdaten ist. Beide Anwendungen besitzen bereits mit der GAIA-X-Zielarchitektur vergleichbare Funktionalitäten. Die Arbeiten bauen zudem auf einer in der Holzwirtschaft erprobten Basis-Kommunikationsinfrastruktur auf, die Partner der RWTH Aachen und des RIF e.V. aus Dortmund in das Projekt einbringen.
Materna ist Day One Member der GAIA-X AISBL und Mitglied in mehreren GAIA-X Hub Arbeitsgruppen und bringt in das Förderprojekt über zehn Jahre Erfahrung aus der Umsetzung von Mobilitätsdatenräumen ein sowie Know-how für die Umsetzung datengetriebener Anwendungen. „Wir beschäftigen ein interdisziplinäres Team aus Business Developern, Branchen- und Technologieexperten. Unsere Leistungen reichen von der Entwicklung einer datengetriebenen digitalen Vision bzw. Mission über erste Pilotprojekte und Verbundvorhaben bis hin zum Rollout in den föderierten und souveränen europäischen Dateninfrastrukturen“, erläutert Thomas Feld, Abteilungsleiter Data Economy bei Materna.
Konsortialpartner in DWH 4.0 sind Materna SE, RIF Institut für Forschung und Transfer e.V., RWTH Aachen, Gesellschaft für Navigations- und Logistikunterstützung in der Forst- und Holzwirtschaft mbH, foldAI, LOGIBALL GmbH, HSM Hohenloher Spezial Maschinenbau GmbH & Co. KG, ABIES ITS GmbH, Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (ThüringenForst) und der Landesbetrieb Wald und Holz NRW. (jr)