
3D-Mesh aus Baden-Baden. Bei diesen Produkten werden die Bildpixel aus Luftbildern in 3D vermascht. Es entstehen gleichermaßen genaue wie fotorealistische Modelle. Foto: Aerowest GmbH
Im Jahr 2016 hatte die Welt der Photogrammetrie in manchen Punkten bereits weitreichende Neuerungen erlebt: Die Datenerfassung per Flugzeug war fast durchweg digitalisiert. Zum Einsatz kam meist die neueste Generation an Großformatkameras, die damals so hochaufgelöste Senkrechtbilder wie niemals zuvor aufnehmen konnten. Gleichzeitig war die Drohnenrevolution schon in vollem Gange. Per handelsüblichen Kameras wurden in Flughöhen von bis zu 100 Meter Bilder erfasst, die mit modernen Auswertemethoden (Stichwort Dense Image Matching) bildbasierte Punktwolken generieren konnten.
Genau in dieser Phase traf das Dortmunder Unternehmen Aerowest eine weitreichende und damals mutige Entscheidung. Das Befliegungsunternehmen setzte als Sensor am Flugzeug auf einen neuartigen Kameratyp, den UrbanMapper von der Firma IGI. Damit konnte man nicht nur Nadiraufnahmen, sondern gleichzeitig Schrägbilder aufnehmen. „Damals meinte man noch, die damit erzielbaren Schrägbildaufnahmen seien lediglich dazu da, um Fassadentexturen zu gewinnen. Somit hätte man natürlich mit Kanonen auf Spatzen geschossen, sprich einen erheblichen Aufwand für einen geringfügigen Mehrwert betrieben“, erinnert sich Hans Joachim Benfer, Geschäftsführer von Aerowest, an diese Zeit. Doch die Entscheidung sollte sich dennoch als die richtige erweisen. Denn heute stellt sich die Situation in der luftgestützten Photogrammetrie komplett anders dar.
Die Trends erzeugten Rückenwind
Die modernen Möglichkeiten der Bildverarbeitung haben inzwischen zu einer Renaissance der photogrammetrischen Verfahren geführt. Sie erfordern heute eine Bilddatenaufnahme, die genau jenem Prinzip von 2016 entspricht. Die 3DPixel Welt hat sich etabliert.
Die Befliegungen von Aerowest liefern für komplette Städte nicht nur Genauigkeiten im Zentimeterbereich. Die multiperspektivischen Aufnahmen sind gleichfalls Basis für vielfältige 3DDatenprodukte, die damals noch kaum marktreif waren. Mittels Dense Image Matching entstehen mittlerweile aus Luftbildern hochdichte 3DPunktwolken, die direkt in digitale 3DSzenen umgerechnet werden können. Dazu kommen volltexturierte 3DMesh (die insbesondere von den hochaufgelösten Schrägluftbildern profitieren) oder TrueOrthofotos mit Auflösungen im Bereich von wenigen Zentimetern. Und das alles aus den Daten einer Befliegung. Dies stellt jedoch erhöhte Anforderungen an die Ausführung und Wahl der Befliegungsparameter. „Wir haben uns entschieden, keine Produkte mit Auflösungen schlechter 7,5 cm mehr anzubieten“, ist Benfer überzeugt. Denn hohe Genauigkeit und Geschwindigkeit schließen sich heute nicht mehr aus. Eine weitere Vorausetzung für eine immer feinere Darstellung und detailliertere 3DModelle ist die hohe Redundanz. Gerade das wird durch die AerowestBefliegungen gewährleistet. „Das Sensorsystem ermöglicht Befliegungen mit Überlappungen mit einem Verhältnis größer als 80/70 in allen Richtungen und das bei allen Auflösungen“, sagt Benfer. Das sei vor allem durch die hohe Performance des Ka merasystems möglich.
Aerowest setzt softwareseitig auf PHOTOMESH (Skyline) und SURE (nframes). Das 3DGeodatenProcessing beginnt nach der Befliegung mit der Aerotriangulation. Eine per Dense Image Matching erzeugte 3DPunktwolke verfügt bei einer Auflösung von fünf Zentimetern z.B. bereits über 400 Punkte/m² in 2.5D und mehr als 5.000 Punkte/m² in 3D.
Auch bei der Auswertung werden die klassischen, operateurgestützten Methoden zunehmend von mehr und mehr automatisierten Prozesse ergänzt oder gar abgelöst. Die Datenmengen bei solchen Aufnahmen sind zwar gewaltig, alle 0,6 Sekunden können 1,2 GPixel aufgezeichnet werden. Doch der Zugewinn an Rechnerkapazitäten kompensiert dies heute.Die PostprocessingRechenkapazität wird parallelisiert bereitgestellt. Wobei Aerowest hier auf Flexibilität großen Wert legt. „Die Prozessierung erfolgt für die Kunden wahlweise vor Ort OnPremise oder cloudbasiert über das Internet“, so Benfer. So können Kapazitäten in kürzester Zeit auf mehrere hundert Rechner im Parallelbetrieb erweitert und so das Postprocessing für Projekte aller Größenordnungen beschleunigt werden. „Im Ergebnis entsteht das Luftbildprodukt der Zukunft, also ein katastertreues TrueOrthofoto oder die digitale 3DRepräsentation wahlweise als texturiertes 3DCityGML oder 3DMeshmodell“, beschreibt der AerowestGeschäftsführer. Mit dem vollständig überarbeiteten photogrammetrische Leistungsbild können nun Flächen aller Größenordnungen in höchsten Auflösungen bearbeitet werden.
Ausblick
„Die Geodatenbranche steht zweifelsfrei erst am Anfang dieser äußerst dynamischen und fortschrittlichen Entwicklung“, sagt Hans Joachim Benfer. Mit neuen Sensoren könne dem Drang nach höherer Auflösung, kürzeren Produktionszeiten und schnellerer Aktualisierung entsprochen werden. Aerowest investiert daher weiter in modernste Kameratechnologie von IGI und setzt den neu entwickelten IGI UrbanMapper-2P ein. „Damit schlagen wir weiter ein neues Kapitel in der flugzeuggestützten Datenerfassung auf“, ist Benfer überzeugt. (sg)