Die zusammenhängende Betrachtung aller urbanen Abflusswege ist heute technisch möglich. Firmen wie Tandler Software sehen aber noch Barrieren im praktischen Einsatz.
Die hydrodynamische 1D Simulation des Kanalnetzes gehört seit fast zwei Jahrzehnten zum Standard, wenn die Leistungsfähigkeit der Kanalnetze geprüft werden soll (Überstaunachweis). Bei diesem Ansatz wird das Kanalnetz sozusagen schlauchartig modelliert, um das dynamische Flussverhalten des Abwassers zu berechnen. Im Jahr 2007 förderte die Bayerische Forschungsstiftung das Projekt „GeoCPM – Geowissenschaftliche Simulation städtischer Abflussvorgänge“ und initiierte damit eine methodische Innovation bei diesem Themengebiet. Untersucht wurde, wie der Überstau des Wassers aus dem Kanal auch an der Oberfläche simuliert werden kann. Dies ermöglichte es, neue Erkenntnisse für die Überlastung des Kanalnetzes zu gewinnen.
Aus diesem Projekt entstand das Produkt GeoCPM (Geowissenschaftliche Simulation aller städtischen Abflussvorgänge mit dem komplexen Parallelschrittverfahren) der Firma tandler.com GmbH aus der bayerischen Gemeinde Buch, die an dem damaligen Forschungsprojekt beteiligt war. Die Software kann heute ermitteln, wie sich das Wasser ausdehnt, welche Wasserstände entstehen, mit welcher Geschwindigkeit es fließt und welche Fließwege es dabei nutzt. „Dies ist inzwischen eine wichtige Stütze zur realistischen Abschätzung der Gefährdungssituation und der Überflutungsprüfung geworden“, sagt Gerald Angermair, Chefentwickler bei tandler.com. Seit dem Jahr 2014 ist es mit GeoCPM möglich, die Systeme Kanal, Fließgewässer und urbane Oberflächen zeitsynchron, unter Berücksichtigung der Ein- und Austrittsverluste, an den Austauschpunkten (Schächte etc.) zu betrachten. Netzbetreiber gewinnen so neue, detaillierte Erkenntnisse über das Verhalten des gesamten Ableitungssystems. Zu den Kunden von tandler.com gehören unter anderem die Städte Gelsenkirchen, Hagen und Wuppertal, die als Vorreiter dieser gekoppelten Simulation gelten.
„Dadurch haben sich die Bemessungsverfahren der urbanen Entwässerungssysteme in den letzten fünf Jahren stark gewandelt,“ sagt Angermair. Allerdings sei das gesamte Innovationspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft. „Insbesondere konservative Regelwerke und Förderregeln erschweren die Anwendung neuer Ansätze“, so der Entwickler. Zwar wird der Überflutungsnachweis schon seit Jahren gefordert, doch insbesondere die Einbeziehung von Fließgewässern in die Berechnungen ist nach Angaben von tandler.com noch nicht ausgereift. Wo genau liegt also dieses Innovationspotenzial?
Methodische Vielfalt
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Die methodische Vielfalt für die Führung des Überflutungsnachweises ist groß. tandler.com gibt seinen Kunden daher eine Orientierung für den Detaillierungsgrad der Simulationen. Das Unternehmen unterscheidet im Wesentlichen zwei Bereiche. Zum einen die „POST-Kanalüberlastungsbetrachtung“, bei der die Fragestellung im Vordergrund steht, wie sich das Wasser an der Oberfläche verhält, das aus dem Kanal austritt, und zum anderen die PRE-Kanalüberlastungsbetrachtung, die umgekehrt untersucht, wie Oberflächenwasser in das Kanalnetz einströmt. Während die POST-Ansätze schon weit verbreitet sind, „werden PRE-Ansätze gerade auf breiter Ebene im Markt geprüft und sind Gegenstand umfangreicher Untersuchungen“, weiß Angermair. Bei den PRE-Betrachtungen sieht das Unternehmen zwei logisch aufeinander aufbauende Analyseschritte, die aber grundverschiedene Anforderungen an Modellierung und Datenmenge stellen.
Einmal das Fließwegekonzept. Es dient der schnellen Ermittlung der Hauptwasserwege, die das Wasser bei Starkniederschlägen an der Oberfläche nimmt. Im Gegensatz zu Analysen, die auf Basis von Geoinformationssystemen durchgeführt werden und die Dynamik des Wasserflusses kaum mit betrachten, können hier bereits fundierte Aussagen zu Wasserstandshöhen und Geschwindigkeiten gemacht werden. Dafür genügt als Datengrundlage ein Geländemodell mit einer Auflösung von zwei Metern. Die Oberfläche wird isoliert betrachtet während Kanalsystem und die Fließgewässer vernachlässigt werden. „Vorteile dieser Methode sind die einfache Datenbeschaffung, der schnelle Modellaufbau, die großflächigen Projektgebiete (ganze Stadtgebiete) und eine erste grobe Abschätzung der wahrscheinlichen Hauptgefahrenpunkte“, sagt Angermair. Gleichzeitig bildet das Fließwegekonzept aber keine detaillierten Interaktionen zwischen den jeweiligen Ebenen ab. Genau dies ist aber gefordert, um eine realistische Risikoanalyse für Überflutungen durchzuführen. Eine genauere Analyse muss daher den Wasseraustausch zwischen Fließgewässer, Kanal und Oberfläche detailliert berücksichtigen und dabei auch die Verluste berechnen, die entstehen, wenn Wasser in einen Schachtdeckel einläuft, beziehungsweise eben über ihn hinwegläuft.
Dafür hat tandler.com das hydrodynamische Fließwegekonzept auf Basis des 2D-Oberflächenabflussmodells entwickelt. Im Gegensatz zum Fließwegekonzept wird hier das Kanalsystem mit betrachtet. „Die entscheidende Rolle spielen hier die Austauschpunkte zwischen Oberfläche und Kanalsystem. Dafür benötigt man auch eine detaillierte Abbildung der baulichen Strukturen an der Oberfläche, etwa bei Rinnen oder Bordsteinen“, sagt Angermair. Dieses Verfahren unterstützt tandler.com bereits seit 2014. „Wir legen dabei Wert darauf, dass Anwender die Simulationen immer weiter detaillieren können. Auf einfachster Ebene werden nur einfache Kanaldaten wie Leitungslänge oder Durchmesser genutzt, um zu betrachten, wie das Wasser in das Kanalnetz einströmt“, beschreibt Angermair. Für weitere Detaillierungen können die genauen Formen von Sinkkästen oder Kanaldeckelformen in der Software berücksichtigt werden. GeoCPM bietet dabei den Anwendern die Möglichkeit, die Bibliothek an geometrischen Formen der Kanalelemente immer weiter zu detaillieren.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Einbindung der urban geprägten Fließgewässer an Bedeutung. In der Praxis habe sich bisher herausgestellt, dass eine Mischform zwischen 1D und 2D meist den besten Kompromiss zwischen Datenverfügbarkeit und Aufwand bildet. „Damit die Detaillierung der Modellierung hier Schritt halten kann, um die Ergebnisse weiter zu verbessen, wäre es optimal, eine vollständige dreidimensionale Modellierung des Gewässerbettes inklusive dessen Vorländer durchzuführen“, weiß Angermair.