GEO DIGITAL entwickelte im Auftrag der Hamburg Port Authority eine moderne Software zur Erstellung von Beförderungsanordnungen für Fahrten mit außergewöhnlichen Sendungen. Die neue Lösung wird HPA-Lue genannt.
Beim Transport von Gütern auf dem Schienenweg stehen Bahnbetreiber vor der Aufgabe, eine Sendung so zu befördern, dass es zu keinen Kollisionen mit Objekten entlang des Schienennetzes kommt. Um das sicherzustellen, müssen sie die Abmessungen der Ladung in Zusammenhang mit dem sogenannten Lichtraumprofil bringen. Letzteres bezeichnet den Raum entlang der Strecke, der bei der Beförderung von Gütern von deren Lademaßen freizuhalten ist. Kündigt ein Unternehmen einen Gütertransport über das Schienennetz an, müssen Betreiber wie die Hamburg Port Authority AöR (HPA) den Transport entsprechend vorbereiten und prüfen, ob eine Sendung mit Übergröße – bezeichnet als außergewöhnliche Sendung – vorliegt. In diesem Prozess analysiert die HPA, ob die Sendung Abmessungen aufweist, die aus dem Lichtraumprofil einer Route herausragen und wo es gegebenenfalls zu Engstellen mit Kollisionsgefahr kommt. Das erfolgte bis Ende 2016 noch über das Lichtraumprogramm WinLue/TatLue der DB Netz AG. Es diente dazu, Beförderungsanträge von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) zu bearbeiten, indem die vom EVU angegebenen äußeren Lademaße mit den vermessungstechnisch erfassten und streckenbezogenen Engstellen abgeglichen wurden.
Im Zuge der Erneuerung ihrer IT-Infrastruktur entschloss sich HPA dazu, das System durch eine moderne Neuentwicklung zu ersetzen. Ziel war es, den Workflow von der Antragstellung einer außergewöhnlichen Sendung über die Raumbedarfsermittlung und Engstellenanalyse bis hin zur abschließenden Erteilung der Beförderungsanordnung abzudecken und den gesamten Prozess zu verschlanken. Den Zuschlag für die Umsetzung erhielt das Düsseldorfer Softwareunternehmen GEO DIGITAL GmbH – eine hundertprozentige Tochter der IB&T Software GmbH. „Da die HPA sowohl für die Infrastrukturverwaltung der Hamburger Hafenbahn als auch bei der Bahnvermessung card_1 einsetzt, war es natürlich naheliegend, dieses Projekt in Kooperation mit IB&T zu realisieren“, berichtet Axel Elmer, Geschäftsführer der GEO DIGITAL.
Automatisierte Fachobjektstruktur
Gemeinsam mit IB&T entwickelte GEO DIGITAL die Lösung HPA-Lue. Sie basiert auf einer MySQL-Datenbank, in welche Bestandsdaten der Gleis- und Lichtraumvermessung aus card_1 (Referenzprojekt) importiert werden. Die Erfassung der notwendigen Engstellen- und Lichtraumanalysedaten erfolgt vereinfacht dargestellt mittels des kinematischen Gleismesssystems GRP 5000 der Firma Amberg Group AG und dem Phasenscanner IMAGER 5006i von Zoller + Fröhlich. Im Anschluss an die Messdatenaufbereitung mit der Software „Amberg Rail“ werden die Engstellendaten über die LIRA-Schnittstelle zur Weiterverarbeitung nach card_1 exportiert.
Für HPA-Lue erzeugte IB&T aus den Bestandsdaten des Referenzprojekts in card_1 eine eigene Fachobjektstruktur, welche die relevanten Daten für die Lichtraum- und Engstellenanalyse automatisch klassifiziert und bei Bedarf aktualisiert (Abgleich). In einer Baumstruktur werden die Fachobjekte Gleisnetz, Kilometrierungslinie, Bahnhof, Gleis, Gleisabschnitt, Weiche sowie Gleisgrenze, Engstelle, Routenziel und Route abgebildet. „Jedem Fachobjekt ist dabei ein anderes übergeordnet und jedem Fachobjekt können beliebig viele andere untergeordnet werden“, erläutert Elmer und betont zugleich: „Grundsätzlich ist es problemlos möglich, diese Fachobjektstrukturen auch für die fachlichen Aufgaben anderer Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu übernehmen.“
Wie erfolgt die Erstellung der Befo?
Um nun aus den Fachobjektstrukturen vom Beförderungsantrag zur Erstellung der Beförderungsanordnung zu gelangen, werden mehrere Schritte in HPA-Lue abgebildet. Zuerst wird aus dem Gleisnetz ein Knoten- und Kantenmodell erzeugt. „Erst mit diesem lassen sich in HPA-Lue anhand der im Beförderungsantrag angegebenen Lademaße der außergewöhnlichen Sendung geeignete Routen im Gleisnetz automatisiert ermitteln“, erklärt Elmer. Anhand der Fahrweganalyse kann der Anwender dann einzelne Routen prüfen. Dabei fließt das aus den LIRA-Dateien gebildete Fachobjekt Engstelle mit in die Analyse ein. Aus den Metadaten in der LIRA-Datei ergeben sich die Attribute der Engstellen, beispielsweise: Engstellenbezeichnung, absolute Gleiskoordinate auf der Achse, Messdatum und Name des Auftraggebers sowie umfassende Gleisgeometrieparameter, aus denen sich der Grad einer eventuellen Einschränkung berechnen lässt. Für verschiedene Analysen lassen sich alle im Referenzprojekt vorhandenen Engstellen in einer Excel-Tabelle ausgeben sowie einzelne Engstellen als Zeichnung exportieren, wie Elmer beschreibt.
Weist im Anschluss der Analyse nun eine Route keine Engstelle aus – ein positives Prüfergebnis – wird im letzten Schritt die Beförderungsanordnung systemseitig in HPA-Lue erstellt. Liegen auf den geeigneten Routen jedoch Engstellen vor, dann lassen sich diese anhand von Bildern, Videos sowie Querprofilzeichnungen näher betrachten, um geeignete Lösungen zu finden. (vb)