IGI stattet das neue Beobachtungsflugzeug der Bundeswehr mit Sensoren für Luftbild- und Thermalbildauswertung aus. Das modulare Konzept sorgt für kurze Entwicklungszeiten, obwohl besondere Spezifikationen berücksichtigt werden mussten.

Das Flugzeug, das im Rahmen eines internationalen Abkommens für die „legale“ Spionage angedacht ist, basiert auf einem Airbus A319 und wurde mit vier Sensorsystemen von IGI ausgestattet. Foto: Bundeswehr
Schon der Firmenname ist Programm: Das Kreuztaler Unternehmen IGI leitet seinen Namen aus „Ingenieurgesellschaft für Interfaces“ ab. Die Aufgabe des Unterneh- mens besteht darin, einzelne Sensoren zu integrieren und daraus Lösungen für verschiedenste Anwendungen zu entwickeln: Die IGI Quattro-DigiCAM beispielsweise ist ein großformatiges Luftbildkamerasystem, das sich aus vier Mittelformatkameras zusammensetzt und daher einfach zu einem Schrägkamerasystem umgebaut werden kann. Bei dem IGI UrbanMapper wiederum werden acht Kameras integriert, die sowohl senkrechte Nadir-, als auch schräge Oblique-Aufnahmen simultan ermöglichen. Dieser modulare Ansatz erlaubt es Kunden, Systeme individuell zu konfigurieren und somit Lösungen zu entwickeln, die auf die jeweiligen Anwendungen perfekt passen. Für die Erstellung von 3D-Stadtmodellen können folglich detaillierte, genauere und aktuellere Daten erzeugt werden. Ein aktueller Fall aus dem Bereich der Aufklärungstechnik zeigt, wie weit IGI heute die flugzeugbasierte Bilddatenerfassung mit dem modularen Konzept weiterentwickelt hat. Das Unternehmen stattete das neue Spionageflugzeug aus, das im Juni an die Bundeswehr übergeben worden ist. Das Flugzeug, das im Rahmen eines internationalen Abkommens für die „legale“ Spionage angedacht ist, basiert auf einem Airbus A319 und wurde mit vier Sensorsystemen von IGI ausgestattet.
Gesetzlich verankerte Vorgaben
Spionageflugzeuge, auch als Beobachtungsflugzeuge bezeichnet, führen im Rahmen des zu Zeiten des Kalten Krieges entstandenen Open Skies- Abkommens Luftbildaufnahmen über anderen Partnerstaaten des Vertrags durch – ganz legal unter strengen Auflagen. Doch nicht jeder Partnerstaat hat ein eigenes Flugzeug zu diesem Zweck. Deutschland selbst besaß eines. Dies war die ehemalige Präsidentenmaschine von Erich Honecker. Doch das Flugzeug, eine Tupolew TU-154, war 1997 mit einem amerikanischen Flieger über dem Südatlantik kollidiert. Nun, 22 Jahre später, ersetzt der Airbus A319 die damals zerstörte Maschine. Für ihren neuen Einsatzbereich mussten die Auftragspartner den Flieger so ausstatten, dass er strikten Anforderungen genügt, bevor er in fremden Lufthoheitsgebieten Aufnahmen erstellen darf.
Vier Systeme, ein Zweck

Im Rumpf des Airbus A319 verbauten IGI, Lufthansa Technik und ESG vier unabhängige Kamerasysteme. Foto: Lufthansa Technik
„Normalerweise würde man sagen, dass wir eine Kamera nehmen und dann fliegt man verschieden hoch, je nachdem welche Auflösung erreicht werden soll“, erklärt Jens Kremer, Entwicklungsleiter bei IGI. Gemeinsam mit der Lufthansa Technik und der ESG Elektroniksystem- und Logistik GmbH hat das Unternehmen das neue Beobachtungsflugzeug umgerüstet. IGI sorgte dabei speziell für die Kamerasysteme der optischen Überwachung, die allerdings, so die Vorschrift von Open Skies, nur maximal 30 Zentimeter Pixelgröße über Grund (GSD) haben dürfen. Die Anforderung gilt dabei für jede Wetterlage – ein Aspekt, der für Beobachtungsflüge elementar ist. „Denn ist ein Flug erstmal genehmigt, muss dieser auch exakt am vereinbarten Tag und nach den vorher festgelegten Parametern durchgeführt werden“, so Kremer. Die Herausforderung bestand also darin, ein Kamera- und Sensorsystem zu liefern, dass die maximale Auflösung einhält und gleichzeitig hochgenaue Daten liefert.
Die Lösung von IGI sind vier Kamerasysteme, die die Flugdurchführenden jeweils unabhängig voneinander ansteuern können. Unter dem zusammenfassenden Namen DigiCAM-OS haben IGI, Lufthansa und ESG jedes der Systeme mit User-Interface in je ein Bodenloch zwischen den Tanks des A319 verbaut. Die Kamerasysteme sind modular aufgebaut, um drei verschiedene Flughöhen sowie unterschiedliche Bildaufnahmen – RGB und Infrarot – abzudecken. „Würde man mit nur einem System bei schlechteren Wetterverhältnissen einfach niedriger fliegen, wären die Aufnahmen zwar qualitativ treffend, aber die Bildauflösung nicht mehr legal“, erklärt Kremer die Verwendung der vier unterschiedlichen Systeme.
Für Flughöhen von 1,5 Kilometern (Low), 3,4 Kilometern (Middle) und 5,8 Kilometern (High) haben die IGI-Entwickler zwischen zwei, vier beziehungsweise sechs 100MP CMOS Kameramodule mit den Sensor Management Units (SMU) des jeweiligen Systems verbaut. Hinzu kommt eine Wärmebildkamera mit zwei entsprechenden Kamerasensoren im vierten Kamerasystem. Mit den Sensoren lassen sich Gebiete zwischen neun und 26 Quadratkilometern erfassen. Für die Positionsbestimmung der Sensoren hat IGI das GNSS/IMU-Navigationssystem IGI AEROcontrol in alle verbauten Kamerasysteme integriert. Die Luftbildaufnahmen werden im SMU präausgewertet und dann im User Interface zur Weiterverarbeitung bereitgestellt.
Inspiration für zivile Anwendungen
Solche spezifischen Lösungen, wie sie IGI für den A319 der Bundeswehr entwickelt hat, könnten auch kommunale Anwender inspirieren. So ermöglichen Sensoren des Integrationsspezialisten dann mitunter nicht nur exakte Aufnahmen bei unterschiedlichen Wetterlagen, sondern können beispielsweise auch Schrägluftbilder erfassen und damit etwa auch Fassaden genauer in die Stadtmodelle integrieren. Die Modularität, auf die sich IGI fokussiert, ermöglicht hier entsprechende Spielräume. „So hat beispielsweise unser Kunde Aerowest für die Befliegung der Stadt Berlin speziell Kameras für die Oblique-Aufnahmen mit 110mm Brennweite anstatt 90mm genutzt, um die Spezifikationen besser bedienen zu können”, beschreibt Philipp Grimm, Geschäftsführer von IGI. Die kurze Entwicklungszeit des A319 von einem Jahr habe auch gezeigt, wie schnell und effizient solche Anpassungen umzusetzen sein. (vb)