Die Planung ist die entscheidende Instanz für die Umsetzung effizienter BIM-Prozesse. Hier müssen wichtige Standards für den gesamten Lebenszyklus geklärt werden.
BIM ist die Methode, mit der die Qualität in Planung, Realisierung und Betrieb von Infrastruktur verbessert wird. Auch wenn der Bauherr vorab genau definiert, was er von seinen Planern und den Ausführenden erwartet, sind die Planer diejenigen, die den Prozess der Projektumsetzung fachlich führen. BIM bietet die Chance, diese Führungsrolle mit verbesserten Werkzeugen und Methoden gestärkt wahrzunehmen. „Es ist also die Aufgabe der Planer, die Werkzeuge und Methoden im Zuge der Einführung von BIM so zu definieren, dass diese sowohl den Auftraggebern als auch den Planern helfen, Projekte besser zu machen“, so Stephan Wrede, BIM-Spezialist bei der Deutschen Bahn.
Mit zielgerichteten Methoden und darauf abgestimmten Werkzeugen leitet BIM im Bauwesen einen Paradigmenwechsel ein: Den Wechsel von einer geschlossenen CAD- und dateizentrierten Arbeitsmethodik hin zu einer offenen und datenbankorientierten, auf 3D-Modellen basierten Arbeitsmethodik.
Zentralisierung des Informationsbestandes
Der wichtigste Bestandteil von BIM ist die zentrale Erfassung aller für das Bauvorhaben notwendigen Daten im Rahmen eines Bauwerkinformationsmodells, in dem alle das Bauwerk betreffenden Informationen redundanzfrei hinterlegt sind. Dies betrifft sowohl die geometrischen (meist 3D-) Daten als auch alphanumerische Sachinformationen. Das Bauvorhaben wird also zunächst virtuell im BIM-Modell konstruiert und geplant. Alle beteiligten Fachplanungen greifen auf diese zentrale Datenbasis zu. So sollen Fehler frühzeitig erkannt werden. Änderungen und Korrekturen sind für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar.
Ebenso wichtig ist die Zusammenführung der heute noch oft bestehenden Informationsinseln. Erfolgreiches BIM führt 3D-Modelle unterschiedlicher Gewerke in einem (Kollaborations-) Modell zusammen und diskutiert diese. „Die große Herausforderung besteht vor allem darin, sich vorab auf die zu verwendenden Objektstrukturen und dahinterliegenden Datenmodelle zu verständigen“, beschreibt Wrede. Denn BIM gibt in der Planung die grundlegende Methodik vor, mit der die Projektbeteiligten „miteinander“ kommunizieren. „Es ist wichtig, BIM aus Überzeugung einzusetzen und nicht, weil es von oben angeordnet wird“, sagt Wrede. Jeder Prozessverantwortliche könne Vor- und Nachteile erkennen und damit abwägen, wie die Vorteile optimal genutzt werden.
BIM ist ein projektspezifischer Prozess. Ein wichtiges Instrument, das bei der Planung eingesetzt wird, ist der jeweils spezifisch zu erstellende BIM-Leitfaden. Hier gehen Erfahrungen mit Projekten ähnlicher Art ein. „Es ist von immensem Vorteil, dass bei gleichartig strukturierten Projekten die Teams auf einen abgestimmten Fundus von vorhabenorientierten Templates zurückgreifen können“, so Wrede.
Prozesse harmonisieren
Die Reise zu BIM geht mit der Modernisierung der Softwarelandschaft einher. Eine bekannte Schwäche in der Anwendung von BIM-Technologien besteht aktuell zum Beispiel noch darin, Risse und Schnitte automatisch abzuleiten. Gerade bei großen Infrastrukturprojekten stellt dies eine zum Teil komplexe Aufgabe dar. Vor allem, weil die Planungen meist aus 3D-Oberflächenmodellen abgeleitet werden. Diese werden heute im Zuge der leistungsfähigen 3D-Datengenerierung speziell für das Projekt erstellt. Die Chance, aus diesen 3D-Daten automatisch Risse und Schnitte abzuleiten, ist demnach hoch, aber technisch anspruchsvoll. Doch es gibt bereits Softwarelösungen für diese Aufgabe, die teils mit sehr einfachen aber leistungsfähigen Mitteln arbeiten. So zum Beispiel das von der IT-Tochter der Deutschen Bahn, DB Systel, entwickelte WorldInsight. Mit diesem Tool werden in erster Linie 3D-Entwürfe von Infrastrukturbauten visualisiert. Dafür gibt es eine leistungsfähige, von der Gaming-Technologie entlehnte, extrem performante Graphic-Engine. Parallel dazu verfügt WorldInsight aber auch über eine Graphic-Kernel Applikation. Diese bietet die Möglichkeit, aus der Entwurfsdarstellung heraus bereits die ersten erforderlichen Schnitte und Risse zu erzeugen. Eine typische Integration von zuvor getrennten Prozessschritten im Zuge von BIM.
Standards für open BIM definieren
Die in open BIM propagierte Offenheit führte in der Bauwirtschaft bereits in den letzten Jahren zu einer neuen Art der Kooperation. Im Verkehrswegebau wurden verschiedene Facetten von BIM auf der Planungs- und Entwurfsseite ebenso eingesetzt wie im Gebäudebereich bei den Architekten. Vor allem betrifft das den Aufbau eines ganzheitlichen Bauwerksinformationsmodells, auch als BIM- oder 5D-Modell bezeichnet. „Hier flossen zahlreiche Ideen und Ansätze in die Produktentwicklung der Softwareschmieden zurück“, weiß Wrede. Die enge Zusammenarbeit zwischen Anwendern und Softwareherstellern spiele eine besondere Rolle. „Durch gezieltes Feedback an den Support gelingt es viel besser, Software anwendungsgerecht weiter zu entwickeln“, so der Bauexperte weiter.
Der Ansatz von open BIM, mit offenen, herstellerunabhängigen Schnittstellen zu arbeiten (siehe Kasten), sei grundsätzlich zu unterstützen, so Wrede. Doch nicht alles müsse im Modell selbst enthalten sein: Erforderliche Ergänzungen für die 4D- und 5D-Welt, also die bauteilbezogenen Informationen, sind idealerweise datenbankorientiert hinterlegt und mit dem 3D-Modell verknüpft. Dies sollte ebenfalls in der Planungsphase von Projekten definiert werden.
Gleichermaßen muss festgelegt werden, welchen Detaillierungsgrad die Modellierung besitzt. In England haben sich die Begriffe „Level of Detail“ (LoD) und „Level of Information“ (LoI) ausgebildet. Je länger das Projekt dauert, desto detaillierter werden die Modellierungen in der Regel, wobei sich LoD auf die geometrischen Daten fokussiert und LoI auf die alphanumerischen Sachdaten. „Für ein erfolgreiches Projekt und die fehlerfreie Kommunikation innerhalb des gesamten Bauprozesses ist es entscheidend, dies frühzeitig in Abstimmung mit den Bauherren zu definieren“, weiß Wrede aus Erfahrung. LoD und LoI sollten dabei gesondert vereinbart werden. Die Vereinbarungen werden praktischerweise in den AIA (Auftragnehmer Informationsanforderungen) festgelegt, die eng mit dem BIM-Lastenheft zusammenhängen. „Hier muss in Zukunft noch viel investiert werden“, sagt Wrede. Aus AIA und BIM-Lastenheft leitet sich dann der BAP (BIM-Abwicklungsplan) ab. Hier ist die Richtlinienreihe VDI 2552 „Building Information Modeling (BIM)” national die wichtigste Normenreihe. Bisher sind einige Blätter veröffentlicht, die meisten sind aber noch in Bearbeitung. Um den rechtlichen Rahmen für AIA und BAP abzusichern, werden für die Honorarabrechnung gegebenenfalls auch Anpassungen der HOAI erforderlich sein.
Vier Quadranten
Bei der Einführung von Building Information Modeling wird zwischen little BIM und big BIM unterschieden. Ferner kommen die Bezeichnungen open BIM und closed BIM hinzu. Der wesentliche Unterschied zwischen little BIM und big BIM ist die Durchgängigkeit der BIM-Anwendung. Little BIM beschreibt quasi eine Insellösung.
Bei diesem Ansatz arbeitet ausschließlich ein Büro oder eine Fachdisziplin im BIM-Modus. Meist kommt nur eine Softwarelösung für eine Fachdisziplin zum Einsatz. Big BIM bezeichnet eine grundsätzliche Lösung und damit die Anwendung der BIM-Methode entlang einer durchgängigen und interdisziplinären Wertschöpfungskette – alle Projektbeteiligten werden also einbezogen. Die Unterscheidung zwischen open und closed BIM bezieht sich auf die eingesetzte Softwarelösung der BIM-Anwendung. Entscheidendes Kriterium ist die Offenheit. Open BIM arbeitet mit offenen Schnittstellen, in die Softwarelösungen verschiedener Hersteller eingebunden werden können. Closed BIM basiert auf der Softwarelandschaft eines Herstellers und seiner proprietären Datenschnittstellen.