Wie präzise können herkömmliche Smartphones vermessen? Das wollen der Landkreis Paderborn, das hier ansässige Startup Vaira und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gemeinsam erforschen.
Augmented Reality am Smartphone ist zu mehr fähig, als nur dazu, Pokémon zu sammeln (Pokémon Go-App), sich die Satelliten anzeigen zu lassen, die derzeit am Sternenhimmel kreisen (Satellite AR-App), oder fremde Sprachen in die Eigene zu übersetzen (Google Translate-App) – das zeigt die Vaira UG mit ihrer gleichnamigen App Vaira. Die Vermessung einfacher Hausanschlüssen geschieht dabei per Handy-Kamera, über die mit AR-Technologie digitale Vermessungspunkte in der realen Welt platziert werden. Im Hintergrund setzt die App die Umgebung anhand von Photogrammetrie und Inertial-Einheit zusammen. Vaira kommt ohne GPS aus und greift ausschließlich auf die internen Sensoren des Geräts zurück, um ein lokales Koordinatensystem zu erstellen. Dieses kann im Anschluss im eigenen GIS über Referenzpunkte eingepflegt werden. Damit erweitert Vaira bisherige Vermessungswerkzeuge wie das simple Bandmaß oder komplexe Laser-Tachymeter-Konstruktionen.
Die Idee weckte die Aufmerksamkeit des Kreises Paderborn. Neben der Energiebranche sind auch kommunale Behörden und Katasterämter zunehmend an kostengünstigen und intuitiv nutzbaren Vermessungslösungen interessiert. Anfang des Jahres startete daher unter dem Namen SMARTECH ein vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördertes Projekt zwischen dem Kreis Paderborn und der Vaira UG. Ziel des Projekts ist eine wissenschaftliche Genauigkeitsprüfung der Anwendung, um sie auch in weiteren kommunalen Anwendungsbereichen einsetzen zu können.
Mitte März konnte das Katasteramt eine erste Einschätzung geben, die die bisherigen Erfahrungen der Vaira UG bestätigt. Das Smartphone ist demnach dazu in der Lage, die in Regelwerken der Energiewirtschaft geforderte Genauigkeit von maximal 20cm Abweichung zu erreichen. Doch auf diesem Ergebnis ruht sich das Paderborner Unternehmen nicht aus.
„Wir freuen uns über die Bestätigung durch das Katasteramt. Trotzdem arbeiten wir kontinuierlich daran, die Vermessungskomponente zu optimieren. Diesen Sommer werden wir ein großes Upgrade von Vaira veröffentlichen. Mit dem Know-How unseres Teams und den zunehmend in Smartphones verbauten Laser-Sensoren wird die Qualität von Vermessungen noch weiter zunehmen“, so Max Erdmann, Geschäftsführer der Vaira UG.
Die App ist dabei nur ein Teil der gesamten Lösung. Zusammen mit einer Web-Anwendung für Büroanwender entwickelt Vaira eine umfassende Plattform. Auf ihr sammeln sich Netzbetreiber, Stadtwerke und Bauunternehmen. Über eine Workflow-Engine lassen sich Prozesse nachbilden und automatisieren, Unternehmen vernetzen sich und stellen sich gegenseitig Aufträge und Ressourcen bereit. Per Schnittstelle lassen sich andere ERP- und GIS-Systeme anbinden. Damit vereint Vaira die Planung, Umsetzung und Dokumentation von Baumaßnahmen auf einer einzigen Plattform. (jr)