Im Interview berichtet Thomas Homrighausen, Geschäftsführer von Cyclomedia, über die Trends rund um die Nutzung von 3D-Geodaten.
Seit das Unternehmen Cyclomedia 2015 in den deutschen Markt eingetreten ist, gab es eine dynamische Entwicklung. Begriffe wie Smart City oder Digitale Zwillinge haben sich inzwischen etabliert oder sind neu entstanden. Ebenso hat sich die Erfassungstechnologie erweitert. Heute entstehen hochaufgelöste 3D-Cycloramas mit einer LiDAR-Punktwolke und Street Orthos sowie daraus mittels KI abgeleitete Objektinformationen und ergeben in der Summe ein komplettes digitales Abbild der Stadt, eben einen Digitalen Zwilling. Jüngst hat die Cyclomedia Deutschland GmbH auch einen Wechsel in der Geschäftsführung bekannt gegeben: Ab dem 01. Oktober 2023 übernimmt Thomas Homrighausen das Amt des Geschäftsführers von Michael Arthen. BUSINESS GEOMATICS sprach mit dem Diplom-Geograph, der seit über 20 Jahren in der Geo-Informationsbranche in Beratung und Vertrieb aktiv ist, über aktuelle Entwicklungen.
BUSINESS GEOMATICS: Mobilitätswende, Energiewende, neuer Städtebau, Infrastrukturmanagement Sicherheit, Events im Öffentlichen Raum: Der Straßenraum steht im Zentrum vieler gesellschaftlicher Megatrends. Verleiht dies Ihren Lösungen Rückenwind?
Ganz bestimmt: Der Digitale Zwilling von Cyclomedia hat sich in den vergangenen Jahren bereits als ein wesentlicher Baustein für Fragestellungen der ‚Smart City‘ etabliert. Über die Hälfte der deutschen Großstädte nutzen bereits unsere Services. Bei unseren Kunden werden unsere Lösungen ämter- sowie organisationsübergreifend eingesetzt. Viele Städte sind aktuell im ersten Schritt damit beschäftigt, den Status Quo als verlässliche Basis für die Bewertung von Handlungsoptionen zu dokumentieren. Unsere Lösungen helfen bei der schnellen und unkomplizierten Bestandsaufnahme der tatsächlichen Nutzung der Flächen im Straßenraum und der vorhandenen Infrastruktureinrichtungen. Das Potential der Lösungen ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.
Beschreiben Begriffe wie Smart City oder Digitaler Zwilling die Cyclomedia-Lösungen treffend?
Die Smart City ist vernetzt. Das beginnt bei den Akteuren: z.B. zwischen Verwaltung und den Ver- und Entsorgungsunternehmen oder den Infrastrukturanbietern. Durch das Cloud-Konzept von Cyclomedia und die Integrationen in Verfahren und Prozessen liefern wir einen entscheidenden Baustein dafür, dass alle Akteure einer Smart City einen einheitlichen Blick auf die digitale Realität erhalten. Damit ist es jedoch nicht getan. Beim ‚Digital Twin‘ rückt der Content zur Vernetzung der Objekte, sprich IoT, in den Vordergrund. Content können einerseits Informationen sein, die in Bestandskatastern vorhanden sind und deren Genauigkeit und Vollständigkeit über die automatisierten Inventarisierungen, die wir anbieten, verbessert und verifiziert werden. Andererseits kann Content aus Daten bestehen, die vollständig attribuiert mittels Methoden der KI aus 3D Cycloramas, LiDAR oder Street Ortho abgeleitet werden. Ich denke da z.B. an Realflächen, die eine Inventur der Nutzung und Beschaffenheit des Straßenraumes darstellen, oder Objekte wie Verkehrszeichen, Fahrbahnmarkierungen aus unserem Mobility-Paket oder Versorgungsschächte, Abläufe oder Verteilerschränke aus dem Utility-Paket.
Sind denn Kunden sofort im Klaren, wozu die Cyclomedia-Technologie im Stande ist?
Häufig sind es konkrete Initiativen, wie z.B. die Dokumentation der Radwege und deren Beschaffenheit oder die Planungsgrundlage für den Glasfaserausbau, die ein Projekt initiieren. Wir stellen aber fest, dass sich binnen kurzer Zeit die Nutzung unserer Lösungen auf vielfältige Anwendungsfelder ausweitet. Das liegt daran, dass sie intuitiv bedient und einfach in vorhandene GIS- oder Auskunftsportale integriert werden können. Ebenso sorgt der Austausch zwischen unseren Kunden und Interessenten, den wir z.B. gezielt auf unserem jährlichen Panoramatag oder Online-Events fördern, für Ideen und Anstöße. Wenn es für den Kunden wichtig ist, dann können wir die monetären Mehrwerte durch den Einsatz unserer Lösungen in den Prozessen einer Organisation auch durch eine unabhängige Unternehmensberatung bewerten lassen. Nach kurzer Zeit gibt es fast keine Abteilung, die nicht regelmäßig unsere Services nutzt.
Wie haben sich die Treiber für den Einsatz der Mobile-Mapping-Technologie geändert?
Als Cyclomedia im deutschen Markt aktiv wurde, war Mobile Mapping ein Technologie-Thema, das auf wenige Anwendungsfälle, wie z.B. den Straßenzustand, fokussiert war. Mittlerweile, getrieben durch die Megatrends Smart City und Digitaler Zwilling, geht es um Kollaboration, Mehrwerte und Nutzen in der bürgerzentrischen und lebenswerten Stadt, es geht um IoT, Stadtklima und Smart Mobility, um nur ein paar Themen zu nennen, mit denen sich unsere Kunden beschäftigen.
Ihr Unternehmen ist bereits seit mehr als 40 Jahren auf dem Mobile Mapping-Markt aktiv. Was hat sich in den letzten Jahren gewandelt?
Was die Daten angeht, so ist die Entwicklung rasant fortgeschritten: von einfachen Bildern mit stetig verbesserter Auflösung und immer höherer Präzision durch moderne Sensorik und die Integration von LiDAR-Daten. Aktuell ist die Objekterkennung durch Methoden der künstlichen Intelligenz ein treibendes Thema, bei dem wir in den nächsten Jahren noch große Entwicklungssprünge sehen werden. Die Frequenz der Erfassung erhöht sich mit der dynamischen Entwicklung der Städte immer weiter. Früher haben wir überwiegend Einzelprojekte gesehen. Heute steigt die Anzahl der Kunden, die ihre Daten jährlich aktualisieren, stetig. Der Bedarf an unterjähriger Aktualisierung wird immer häufiger diskutiert. Auch der Datenzugang hat sich signifikant verändert: während früher Mobile Mapping Daten fast ausschließlich einer kleinen Anwendergruppe in Expertensystemen zugänglich waren, nutzen unsere Services inzwischen alle Organisationsbereiche über Unternehmensportale wie das Masterportal mit großer Selbstverständlichkeit.
Wie werden die Daten von den Anwendern konkret genutzt?
Die meisten der Street Smart-User nutzen unsere Services täglich. Die Anwendungsfälle sind vielseitig und werden immer mehr. Die Art der Nutzung ist natürlich vom Aufgabenbereich der Person abhängig. Die Nutzung erstreckt sich über die einfache Visualisierung der Vor-Ort-Situation oder die Online-Abstimmung von Maßnahmen, Durchführung von präzisen Messungen und Digitalisierung von Objekten bis hin zur Integration in Rechnungsprüfungsprozesse, die Ermittlung des Versiegelungsgrads einer Stadt oder die Trassenplanung für den Breitbandausbau.