Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) treibt die Digitalisierung und damit auch das Thema BIM voran. BUSINESS GEOMATICS befragte Andreas Irngartinger, Leiter des Bereichs Digitales Planen und Bauen bei der DEGES, wie die hochgesteckten Ziele bis hierhin erfüllt werden können.
BG: Herr Irngartinger, wie weit ist die BIM-Methodik mittlerweile in der Praxis des Verkehrswegebaus gediehen?
Man muss das differenziert sehen. In der Planungsphase gibt es bereits viele Erfahrungen mit BIM. Derzeit sehen wir rund 80 laufende oder in Vorbereitung befindliche Projekte bei der DEGES, in denen BIM angewendet wird. In der Bauphase liegen wir noch etwas weiter zurück. Hier gibt es aktuell drei Pilotprojekte, in denen BIM-Methoden bei der Bauausführung eine Rolle spielen: der Umbau des Autobahndreiecks Heumar bei Köln, ein Baulos beim Ausbau der A81 in Baden-Württemberg und ein Baulos beim Neubau der A143 in Sachsen-Anhalt. Heute findet die Bauabrechnung noch vielerorts auf Basis von Zettel und Papier statt. Ziel der DEGES ist es, BIM in der operativen Phase stärker zu etablieren.
Evolution oder Revolution: Wie kann man sich den Umstellungsprozess vorstellen?
Ganz klar als Evolution. Es ist ein Lernprozess. Ich gehe davon aus, dass BIM in der Bauausführung in ein bis zwei Jahren etwa ein weitgehend eingeübter Prozess sein kann. Dann gehen wir davon aus, dass das BIM-Modell die Grundlage auch für die Abrechnung sein wird. Das Abrechnungs-Modell zeigt uns dann beispielsweise die verschiedenen Homogenbereiche. Sie können so einfacher abgerechnet werden, da viele Medienbrüche entfallen.
Die Technologie bietet heute sehr viele Möglichkeiten. Sind sie auch alle sinnvoll?
Für das Bauaufmaß testen wir zum Beispiel ganz bewusst aus, welche Verfahren sowohl wirtschaftlich als auch praktikabel sind. Heute gibt es im Bereich Photogrammetrie und Vermessung viele Verfahren, die alle auch miteinander verschnitten werden können, aber es ist noch nicht ganz klar, welches jeweils der effizienteste Prozess ist. Die Frage ist meist, welcher Aufwand für die Präzision der Daten aufgebracht werden muss und wie Prozesse dennoch schlank und kostengünstig gehalten werden können – beziehungsweise müssen. Die Entwicklung beim Einsatz von Multicoptern oder der Photogrammetrie ist rasant – hier entwickelt sich jedes halbe Jahr so viel, dass man sehr genau aufpassen muss, um die effizienteste Technologie zu nutzen. Wichtig ist in jedem Fall, dass wir das Modell als zentrale Datenquelle etablieren, den sogenannten Single Point of Truth.
Wie wird dies realisiert?
Als einen der zentralen Bestandteile des BIM-Prozesses sieht die DEGES den Aufbau eines Common Data Environment (CDE) für die BIM-Collaboration. Hieran arbeiten wir bereits seit rund zweieinhalb Jahren. Wir verstehen darunter im Kern ein Cloud-basiertes Informationsmanagement, um die bei Modell-basierten Prozessen auftretenden großen Datenmenge in den Griff zu bekommen. Wir als Auftraggeber sehen dies als eine absolute Pflicht, eine solche Informationsplattform für alle Partner im Projekt zentral zur Verfügung zu stellen.
Wo steht die DEGES im Hinblick auf solche CDE-Plattformen heute?
Derzeit befindet sich das dritte Release in der Umsetzung, die auf den Bauprozess selbst fokussiert. Die abgeschlossenen Phasen Eins und Zwei bezogen sich auf Basisentwicklungen beziehungsweise den Planungsprozess.
Kann man die DEGES-CDE als Blaupause für andere Behörden und kommunale Ämter sehen?
Es ist geplant, dass die neu gegründete Autobahn GmbH des Bundes die DEGES-CDE auch für ihre Projekte übernimmt. Ebenso gibt es Gespräche mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) über die Nutzung durch weitere Institutionen der Öffentlichen Hand. Dennoch ist unsere CDE auf die DEGES zugeschnitten. Funktionen und Ausprägungen hängen sehr stark von spezifischen Prozessen und dem Geschäftsmodell ab. Die CDE ist also keine Technologie von der Stange, die in Form von Standardsoftware beliebig implementierbar ist. Aber die DEGES hat sicher eine wichtige Vorreiterrolle, an der sich andere orientieren können.
Bleibt die Herausforderung von Schulung und Ausbildung, die mit der Digitalisierung der Bauwirtschaft und der BIM-Methode einhergeht.
Das ist sicher ein herausfordernder Punkt. Die DEGES hat daher ein eigenes Qualifizierungsprogramm aufgelegt. Das läuft seit zweieinhalb Jahren sehr erfolgreich. Dieses Konzept haben wir auch der Autobahn GmbH angeboten. Gemeinsam mit dem BMVI prüfen wir, ob auch die Bundesländer davon profitieren können.