NASA und DLR haben beschlossen, die Mission GRACE fortzuführen. Im Jahr 2028 soll das dritte Satellitenpaar starten.
Grönland verlor in den letzten Jahren rund 6000 Tonnen Eis pro Sekunde im Durchschnitt. Und Deutschland musste in den letzten 20 Jahre den Verlust von mehr als 15 Milliarden Tonnen Wasser verkraften. In der Metropole Barcelona sinkt der Grundwasserspiegel um drei Meter jährlich. Solche Informationen zu großflächigen Wasserhaushalten werden durch die Satellitenmission GRACE berechnet, die im Jahr 2002 erstmals startete. Nun haben die Deutsche Raumfahrtagentur und die NASA die zweite Verlängerung der Mission beschlossen. Nachdem 2018 die zweite GRACE-Mission startete, sollen 2028 zwei neue Satelliten ins All befördert werden. GRACE steht für Gravity Recovery and Climate Experiment“ (GRACE) und wird von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam verantwortet.
Interkontinentale Kooperation
Die dritte Mission nennt sich GRACE C, wobei „C“ steht dabei für Continuity“ steht und damit die Konstanz in den Messreihen dieser Umweltmissionen würdigt. Von deutscher Seite als wissenschaftliche Beteiligte dabei sind das GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam und das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) in Hannover. Gebaut werden die Satelliten bei Airbus in Friedrichshafen. Wichtige Teile des Instruments kommen dabei von der SpaceTech GmbH in Immenstaad (STI). Der Start für das neue Satellitenpaar von GRACE-C ist für das Jahr 2028 mit einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX vorgesehen. Im Anschluss soll das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (GSOC) beim DLR in Oberpfaffenhofen die Missionskontrolle übernehmen.
„Mit den GRACE-Satelliten erfassen wir seit mehr als 20 Jahren jede Veränderung dieser Massentransporte global so präzise, dass Forschende zum Beispiel den Wasserhaushalt der Erde mit zuvor unerreichter Genauigkeit und Konstanz messen konnten. Die Mission GRACE-C wird diese unschätzbar wertvolle Datensammlung fortsetzen, die zu den Grundlagen für die Berichte des Weltklimarates gehört“, betont Dr. Walther Pelzer, Vorstandsmitglied des DLR und Generaldirektor der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR in Bonn. „Gemeinsam mit der NASA gehen wir nun den GRACE-Weg in der Erdbeobachtung weiter und stärken damit unsere internationalen Kooperationen in der Raumfahrt. Die USA und Deutschland arbeiten seit langem eng bei der Klima- und Umweltforschung aus dem All zusammen. Das Vertrauen, das unsere US-amerikanischen Partner bei diesen Missionen mit der Beauftragung des Satellitenbaus und der Lieferung von wichtigen Teilen des GRACE-C-Instrumentes sowie der Missionskontrolle in deutsches Raumfahrt-Know-How setzen, ist auch ein Zeichen für die Leistungsfähigkeit des Raumfahrtstandorts Deutschland“, unterstreicht Dr. Walther Pelzer. „GRACE-C ist ein internationales Gemeinschaftsprojekt zur Beobachtung und Erforschung einer der wertvollsten Ressourcen unseres Planeten“, sagt Dr. Nicola Fox, Stellvertretende NASA-Administratorin zuständig für Wissenschaft in Washington.
Gewicht messen aus dem All
Die Idee hinter dem GRACE-Prinzip ist einfach: Das Satellitenpärchen erfasst die Massen alleine anhand ihrer Schwerkraftwirkung. Dafür fliegen die beiden Satelliten jeweils in einem mittleren Abstand von nur rund 220 Kilometern hintereinander her. Herzstück der GRACE-C-Mission ist daher die präzise Messung von winzigen Abstandsabweichungen zwischen den beiden Satelliten auf ihrem Weg um die Erde. Die relativen Distanzabweichungen und Geschwindigkeit der beiden werden mithilfe der Laser ständig ganz exakt gemessen. Dabei wird eine Genauigkeit von 200 bis 300 Picometern erreicht, was in etwa der Größe eines Atoms entspricht. Dadurch werden die von der Erdmasse erzeugte Gravitation gemessen.
„Gestein und Wasser – egal ob in fester oder flüssiger Form – beeinflussen dabei mit ihren Massen die Flugbahn der Satelliten im All. Je stärker diese Gewichtskraft ist, desto mehr wird der voranfliegende Satellit beim Überflug von ihr angezogen. Dadurch beschleunigt er und entfernt sich vom anderen Satelliten. Im übertragenen Sinne wiegen wir mit GRACE, wie Eisschilde und auch die Kontinente von Monat zu Monat ab- oder zunehmen“, erklärt Dr. Sebastian Fischer, GRACE-C-Programmleiter in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Doch das Wiegen geschieht nicht nur im All. Erst anhand von komplizierten Rechenverfahren am Boden werden die minimalen Bewegungen der Satelliten im Erdorbit in Schwerefeldwerte übersetzt und mit anderen Daten kombiniert. Dies ermöglicht unter anderem die Messung von Änderungen im Grundwasserspiegel mit einer Genauigkeit von einem Zentimeter auf 400 Kilometer Durchmesser – und das alle 30 Tage für die gesamte Erde. Hierbei spielt das GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam eine wichtige Rolle: Es wird für den Aufbau des sogenannten Science Data Systems (SDS) auf deutscher Seite zuständig sein. In der Betriebsphase ist das GFZ dann für den wissenschaftlichen Betrieb von GRACE-C zuständig.
Deutscher Satellitenbau
Die erste Mission von GRACE wurde bis zum Jahr 2017 betrieben und war damit dreimal länger als ursprünglich geplant aktiv. Der Nachfolger der Mission GRACE-FO startete am 22. Mai 2018. Gebaut werden auch die beiden Satelliten der dritten Mission im Auftrag des NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) bei Airbus in Friedrichshafen.. Bei GRACE-C wird diese Entfernung mittels Laser-Interferometrie bestimmt. Ein wichtiger Teil dieses Laser Ranging Interferometer (LRI)-Systems – die sogenannte optische Bank und der Retroreflektor – kommt dabei von der Firma SpaceTech GmbH in Immenstaad am Bodensee.
Bild: Der Jahresverlust von Eis in Grönland. Mit den Daten der GRACE-Missionen haben die Wissenschaftler der Dachorganisation dänischer Arktisforschungsinstitute herausgefunden, dass die grönländische Eisdecke rund 4,7 Billionen Tonnen Eis verloren und so rund 1,2 Zentimeter zum weltweiten Meeresspiegelanstieg beigetragen hat. Quelle: NASA