Das Dortmunder Unternehmen Moskito GIS GmbH feiert 25-jähriges Jubiläum. Start war damals am Ende der Großrechnerzeit im GIS-Markt.
Ein Viertel Jahrhundert mit Höhen und Tiefen, aber immer wieder mit mutigen Entscheidungen!“, so fasst Geschäftsführer und Gründer Horst Wessel die Geschichte seines Unternehmens in knappster Form zusammen. Und die erste dieser mutigen Entscheidungen stand ganz am Anfang. Die GIS-Welt befand sich damals noch in einer anderen Ära. Zu Beginn der 1990er Jahre erfolgte die Bearbeitung von GIS-Daten über Großrechner. Eine Basiseinheit wie die PDP 11 von DEC, die auch zum Steuern von Kraftwerken oder großen Anlagen eingesetzt wurde, kostete 70.000 DM. Ein Terminal für einen Grafikarbeitsplatz schlug noch einmal mit ähnlichem Betrag zu Buche.
„An diesen Rechnern waren bei den Stromversorgern rund um die Uhr Zeichner damit beschäftigt, die Stromnetze in das GIS zu überführen“, erinnert sich Wessel. Damals hatte sein Studienkollege Hajo Hoebertz bereits eine Firma (Hoebertz Datentechnik), die auf Vertrieb, Wartung und Service von Rechnersystemen spezialisiert war.
Wessel und Hoebertz, beide studierte Informatiker, erkannten also die Zeichen der Zeit und ahnten, dass sich die GIS-Welt irgendwann von den Großrechnersystemen freimachen würde. PC mit entsprechender Rechnerleistung waren schon kostengünstig am Markt vorhanden, also trafen sie die erste, folgenreiche Entscheidung, die entsprechende GIS-Software (zunächst nur für die Grafik-Terminals) dazu zu programmieren, in der ersten Version noch auf Basis des Betriebssystems Microsoft DOS. Genauso schnell kam ein komplettes GIS für den PC hinzu, das den Namen Moskito GIS bekam. „In der Rückschau war diese Entscheidung genau richtig“, sagt Wessel, denn das Interesse und der Kundenstamm wuchsen. Die Hoebertz Datentechnik stellte sich dann schnell als nicht mehr geeignete unternehmerische Hülle heraus und so kam es 1997 zur Gründung der Moskito GIS GmbH, schließlich stand das Produkt und dessen innovative Entwicklungen im Zentrum der Firmenstrategie.
Behaupten im Wettbewerb
Doch nach dem Erfolg kamen auch die Herausforderungen, die damit verbunden sind, vor allem erzeugt durch die Konsolidierungswelle in der Versorgungslandschaft. Waren es zu Beginn vor allem kleinere Versorger, die auf die innovative Technologie des Unternehmens mit dem frechen Namen setzten, wurden diese Zug um Zug aufgekauft. „Irgendwann hatten wir nur noch einen Kunden mit dem Namen RWE“, fasst Wessel zusammen. Und in Unternehmen solcher Größenordnung hat man es naturgemäß als kleinerer Innovator schwieriger, sich zu behaupten.
Doch die Innovationen von Moskito GIS bahnten sich immer wieder ihren Weg. Zum Beispiel gewann Moskito GIS ein großes Forschungsprojekt im Bereich des Wassermanagements, das in Vietnam beheimatet war. Dies resultierte nicht nur in der Mehrsprachigkeit von Moskito GIS und damit folglich dem Eintritt in den europäischen Markt, auch entwicklungstechnisch wurde bereits hier der Grundstein für den Quantensprung in die WebGIS-Generation gelegt. Auch innerhalb der RWE gewann man eine neue Fangemeinde. „Vor allem der Kraftwerksbereich fand Gefallen an unserem Ansatz, weshalb wir heute noch im Bereich Anlagen- und WerksGIS sehr stark sind“, so Wessel.
Zwischenzeitlich war das Unternehmen so erfolgreich, dass der Dienstleister SAG eine Beteiligung einging, dies blieb jedoch eine Episode. „Konzern-Denken passt einfach nicht zu uns“, fasst Wessel die zwei Jahre kurz nach der Jahrtausendwende lapidar zusammen. So ging man weiter eigenständige Wege und selbst der plötzliche Unfalltod von Hajo Hoebertz im Jahr 2007 brachte das Unternehmen langfristig nicht aus der Bahn.
Agile Entwicklung
Vor allem blieb man technologisch immer agil und schnell. „Wir bieten unsere Applikationen schon immer offen an und jeder Kunde hat die Option der individuellen Anpassung“, berichtet Wessel, was noch vor 15 Jahren als gewagte Strategie erschien. Damals, als GIS noch ein Baukasten von Werkzeugen war, aus denen sich jedes Unternehmen eine individuelle Lösung baute, galt Offenheit noch als strategische Schwachstelle.
„Heute im Zeitalter von Standardanwendungen, die aber immer angepasst werden wollen, ist der Moskito GIS-Ansatz mehr denn je richtig“, so der 63Jährige. Gleiches gelte für das Updatemanagement, das einerseits geringen Aufwand nach sich ziehen, andererseits alle Anpassungen erhalten lassen sollte. Die Moskito GIS GmbH verbindet auch heute noch Tradition mit Moderne. „Unser Hauptprodukt ist noch immer unser Desktop GIS, welches selbstverständlich zu den Daten von 1997 kompatibel ist“, so Wessel.
Wie wichtig es ist, sich an Kundenanforderungen zu orientieren und nicht an firmeninternen Umsatzauflagen, zeigt auch ein Beispiel aus dem Bereich Netzanalyse. Schon 1999 kam ein süddeutscher Kleinversorger mit der Anfrage auf das Unternehmen zu, die elektrische Netztopologie im GIS abzubilden. „Seit ein paar Jahren ist die Abbildung von Schaltzuständen und die Netzsimulation im GIS normal, damals war das absolutes Neuland“, sagt Wessel. Anforderungen rund um die Anschlussbeurteilung oder die Ausbauplanung der Ladeinfrastruktur sind ohne solche Funktionen kaum mehr denkbar. „Unser GIS kann zum Beispiel schon seit 20 Jahren Netzbereiche vorselektieren, was dann in den speziellen Netzberechnungswerkzeuge für schnelle Ergebnissen sorgt“, so der Entwickler.
Auch bei der Ausgestaltung unserer Arbeitsumgebung ist Moskito GIS auf dem Stand der Zeit. Mit Beginn der Pandemie war man innerhalb weniger Tage komplett auf Home Office umgestellt. „Die Server waren schon vorbereitet und auch die Leitungen schnell genug“, so Wessel, der inzwischen auch weite Teile der Entwicklungsleitung an Mitarbeiter abgegeben hat. So soll auch in Zukunft gewährleistet bleiben, dass die für die Entwicklung notwendige Agilität erhalten bleibt. (sg)