Augmented- und Virtual-Reality werden heute schon in vielen Bereichen eingesetzt. In der Baubranche spielt die erweiterte Realität ihre Stärken insbesondere in Kombination mit BIM-Methoden aus.
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Wo liegen Versorgungsleitungen in Wand oder Boden? Antworten darauf können Lösungen der Augmented-Reality, wie hier Trimbles SiteVison, geben. Bild: Trimble
Wo befinden sich Wasser- und Stromleitungen in Wand oder Straße? Wie fügt sich ein geplantes Gebäude in seine potenzielle Umgebung ein? Mit welchen Kosten für Fehlplanungen oder Kollisionen in einem Bauprozess muss gerechnet werden? Fragen, die sich Stadtplaner, Architekten, Bauherren, Anwohner und Haustechniker so oder so ähnlich Tag für Tag stellen – und Fragen, die durch den Einsatz von Methoden der Augmented (AR)- und Virtual-Reality (VR) beantwortet werden können.
Grundidee der AR-Technologie ist eine Anreicherung der realen Umgebung mit digitalen Informationen. Davon können etwa Bauprojekte in Planung, Ausführung und Betrieb profitieren, da die Daten dreidimensional betrachtbar gemacht werden. Zahlreiche Unternehmen nutzen die erweiterte Realität schon heute, um 3D-Planungsstellen direkt vor Ort zu visualisieren. Denn auf diese Weise werden abstrakte Zusammenhänge für Teammitglieder, Projektplaner, Bauherren oder auch künftige Nutzer intuitiv erfassbar gemacht.
Stärken im BIM-Bereich
Dabei spielt die erweiterte Realität gerade in Kombination mit BIM-Methoden (Building Information Modeling) seine Stärken aus: Durch die Fortschritte im BIM-Bereich ist es möglich, informative, in hohem Maße koordinierte und intelligente virtuelle Modelle zu erstellen, mithilfe derer potenzielle Probleme auf der Baustelle bereits vor Baubeginn visualisiert und somit vermieden werden können.
Das Problem: Bedenkt man die Komplexität und Menge der Informationen in einem virtuellen Modell, ist es nur wenig verwunderlich, dass viele Bauleiter aus den Augen verlieren, welche Daten sie an welcher Stelle auf- und abrufen können. Intelligente virtuelle Daten sind oft nur auf das Büropersonal beschränkt, während die Belegschaft auf der Baustelle keinen Zugriff auf sie hat. Daran wird deutlich, dass die Lücke zwischen der realen Welt auf der Baustelle und der virtuellen Welt des BIM-Modells geschlossen werden muss. Augmented Reality setzt genau hier an.
So überrascht es nicht, dass sich auch die Wissenschaft verstärkt auf AR/VR-Visualisierungskonzepte in Verbindung mit Geoinformationssystemen und 3D-Modellen konzentriert. GIS-Anbieter Esri etwa will in Zukunft verstärkt auf VR und AR setzen – unter anderem, um Bürger verstärkt an den Planungsprozessen von Städten beteiligen zu können. Die 3D-fähigen ArcGIS-Technologien ArcGISPlattform und Esri CityEngine sollen den Bürgern in Verbindung mit AR und VR ein lebensechtes Bild geplanter Bauprojekte oder möglicher Lärm- oder Schadstoffausbreitung vermitteln.
Einen Schritt weiter geht das österreichische GIS-Unternehmen GRINTEC mit seinem mobilen AR-GIS „Augview“. Das System beinhaltet einerseits ein mobiles GIS zur Visualisierung und Datenpflege und andererseits eine AR-Anwendung (App), mit der Untergrunddaten, wie Einbauten oder Leitungsdaten, live ins Kamerabild eingeblendet werden können. GPS, Kompass und Neigungssensoren sorgen dabei dafür, dass das mobile Endgerät die jeweilige Perspektive mit dem virtuellen Objekt überlagert und gemeinsam darstellt. Mithilfe externer GNSS-Receiver sollen die Außendienstmitarbeiter sogar zentimetergenau direkt ins GIS messen können.
Wie funktioniert AR?
Um diese Funktionen gewährleisten zu können, wird zunächst einmal passendes Equipment benötigt: Eine Kamera, ein Prozessor, der Eingabe und Ausgabe berechnet, GPS-Sensoren zur Orientierung, eine Software für Inhalte sowie ein Display zur Darstellung der erweiterten Realität. Durch entsprechende Softwareanwendungen kann so ein Smartphone oder Tablet-PC zur Verschmelzung von digitaler und realer Welt genutzt werden. Mit der Rückkamera wird zunächst die Umgebung gefilmt. Der Prozessor verarbeitet die Informationen anschließend und reichert sie mit Daten von Beschleunigungsmessern, GPS-Empfängern, Infrarotsensoren oder Markern an. Die Smartphone- oder Tablet-App ergänzt diese Informationen wiederum um digitale Inhalte – und zeigt das Ergebnis daraus schließlich als erweiterte Realität auf dem Display an.
Marker = visuelle Trigger
Eine übergeordnete Rolle im Zusammenhang mit AR spielen außerdem die sogenannten Marker. Solche AR-Marker sind die visuellen Trigger. Heißt: Sie lösen die Anzeige der virtuellen Zusatzinformation aus. Typische Marker sind Bilder oder kleine Objekte, die vorher in das System eingebettet werden, sodass sie später wiedererkannt werden können. Position, Skalierung und Orientierung des Markers wird über seine Verzerrung im Kamerabild ermittelt – und falls nötig auf die anzuzeigende Information übertragen.
Die wohl am häufigsten genutzten Marker sind die sogenannten Framemarker. Es handelt sich hierbei um einen 2D-Marker, der im Regelfall auf ein Blatt Papier oder eine Oberfläche gedruckt wird. Diese Framemarker sind meist quadratisch und zeichnen sich durch einen schwarzen Rahmen aus – ähnlich den bekannten QR-Codes. Im ersten Durchlauf wird zunächst nach einem schwarzen Quadrat, also dem Rand, gesucht. Im nächsten Schritt wird der Inhalt des Quadrats analysiert, um den eigentlichen Marker zu identifizieren. Da das System weiß, dass es sich hierbei um ein Quadrat handelt, kann es anhand von Verzerrungen des Quadrats im Bild bestimmen, wo sich der Marker genau befindet.
Auf eine andere Technologie setzen die GPS-Marker. Bei dieser Technik wird ein virtuelles Objekt über eine GPS-Koordinate platziert und die Anzeige des Objektes über das GPS und die Bewegung des Anzeigegerätes gesteuert. Klingt simpel, birgt für den Anwender jedoch Risiken in der Anwendung: Zum einen werden GPS-Marker von fast keinem AR-Framework unterstützt, zum anderen ist diese Technik recht ungenau – über GPS platzierte virtuelle Gegenstände tauchen so teilweise bis zu fünf Meter von dem festgelegten Standort entfernt auf.
Neueste Entwicklungen in der AR ermöglichen zudem das markerlose Tracking. Hierbei muss zunächst ein virtuelles Objekt per Hand im Raum platziert werden. Danach scheint es an dieser Stelle zu „kleben“. Das System verlässt sich dabei nicht nur auf die Bewegungssensoren des Anzeigegeräts, vielmehr analysiert das Gerät bei der Platzierung die Umgebung hinter dem und um das virtuelle Objekt herum und extrahiert die natürlichen Eigenschaften. Diese ermittelten Eigenschaften dienen dann als Marker. Einige AR-Brillen und -Anwendungen gehen jedoch noch einen Schritt weiter: Sie scannen die gesamte Umgebung ab und erstellen daraus ein internes Abbild. Dies wird dann als einziger, riesiger Marker verwendet.
Fazit
Durch AR kann die Kommunikation zwischen den Planungsbeteiligten verbessert und Details wie das Datenmanagement intuitiver zugänglich gemacht werden. Auf Planungsebene können zudem Planungsdetails durch virtuelle Soll-Ist-Vergleiche direkt auf der Baustelle eingeblendet und überprüft werden. Kollisionsprüfungen und eine schnelle Darstellung der positionsabhängigen Unterlagen helfen in diesem Zusammenhang dabei, Planungsfehler frühzeitig zu erkennen. (jr)