In dem Projekt BESTKLIMA werden in den Städten Wuppertal, Solingen und Remscheid Maßnahmen für die Bewältigung des Klimawandels erprobt. Starkregen kommt besondere Aufmerksamkeit zu.
Pluviale, durch Starkregen verursachte Überflutungen, treten insbesondere im urbanen Raum auf. Aber wo genau sind Gefahrenpunkte, welche Fließwege sucht sich das Regenwasser, wenn plötzlich 20 Liter oder mehr Regen pro Quadratmeter niedergehen, und wie kann eine Kommune die Gefahrengebiete ausweisen und so Grundstückseigentümer zielgerichtet informieren? Diese Fragestellungen werden aktuell in dem Forschungsprojekt BESTKLIMA im bergischen Städtedreieck (Wuppertal, Solingen, Remscheid) behandelt. Dort untersucht das federführende Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr der RWTH Aachen, wie sich Städte an die heutigen Klimaanforderungen strategisch anpassen können, unter anderem bei dem Thema Starkregen.
Neben den Städten ist an der Studie die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbh beteiligt, die bereits 2013 für die Städte Remscheid und Solingen eine Klimaanpassungsstrategie erarbeitet hatte. Besonderheit des Forschungsprojektes ist es, dass nicht nur eine Methodik entwickelt werden soll, um diese Maßnahmen zu identifizieren. Es wird auch untersucht, wie komplexe Anpassungsvorhaben auf stadtregionaler Ebene einerseits organisiert und gesteuert und andererseits auch qualitativ bewertet und eingeschätzt werden können. Im Raum steht also in erster Linie die Frage, was solche Maßnahmen für konkrete Auswirkungen haben. Daraus abgeleitet werden sollen Stadt- und Regionalplanung, Entwässerungsplanung oder Konzepte für das Gesundheitswesen. Für andere Kommunen soll BESTKLIMA als eine Art Blaupause Gültigkeit haben. Noch in diesem Jahr sollen Ergebnisse gezeigt werden.
Die Aufgabe der Fließwege- und Muldenmodellierung für die Stadt Remscheid wurde im Juli 2015 an das Franz Fischer Ingenieurbüro GmbH vergeben und im Frühjahr 2016 abgeschlossen.
„Diese tragen vor allem zur Identifikation überflutungsgefährdeter Gebiete bei“, sagt Ralf Ostermann, einer der Geschäftsführer des Ingenieurbüros. „Und sind somit eine wichtige Grundlage für eine Sensibilisierung und Aufklärung der Öffentlichkeit gegenüber dem Thema Starkregen“.
Die dafür notwendigen Daten konnte Fischer Teamplan mit überschaubarem Aufwand beschaffen. So hatte das Bundesland NRW ab Anfang 2017 die digitalen Geobasisdaten über Dienste und Download als Open Data bereitgestellt. Grundlage war eine Open Data-Verordnung aus dem Jahr 2016. „Das hat uns die Beschaffung der Daten enorm erleichtert“, sagt Ostermann. In NRW sind Höhenmodelle (DGM), Landschaftsmodelle (DLM), topographische Karten (DTK), Luftbilder (DOP), Liegenschaftskataster und historische Karten verfügbar. Für das DGM war dabei eine Auflösung von mindestens einem Punkt pro Quadratmeter (aus den Laserscan-Daten) notwendig, die dann auf ein 25-Zentimeter-Raster interpoliert wurden. Zudem nutzte Fischer Teamplan die Gebäudeumrisse aus ALKIS. Die Daten für die Verrohrungen und Durchlässe mussten dabei individuell aus verschiedenen Quellen zusammengetragen und teils händisch erfasst werden. Auf dieser Basis wurd ein Regenereignis simuliert, bei dem die Fließwege berechnet wurden. Fischer Teamplan hat daraufhin ein Risiko- und Schadenspotenzial bis auf Gebäudeebene kartiert, das eine wichtige Informationsquelle für Rettungsdienste, Fachbehörden und Bürger werden kann.
Wuppertal hatte bereits die von Gewässern ausgehende Hochwasser- und Überflutungsgefahr im Rahmen des Generalentwässerungsplans (GEP) untersucht und dabei eine gekoppelte Modellierung realisiert, die Kanalnetz- und Oberflächenabflüsse integriert untersucht. Die im Rahmen von BESTKLIMA angewandte Methode setzte aber nicht auf diese detaillierte Modellierung. Vielmehr wurde ein Geländemodell herangezogen und innerhalb eines speziellen Programms (FloodAera von Geomer, siehe Beitrag Seite 4) ein Starkregenereignis simuliert. Dabei wurden variable Abflussbeiwerte (vor allem aufgrund der Hangabflussgefährdung genutzt und die Fließrichtungen analysiert. Die Untersuchung berücksichtigte auch Fließhindernisse, die nicht im Geländemodell enthalten waren. Daraufhin wurden die Schadenspotenziale gebäudegenau bestimmt und klassifiziert, wobei noch unterschieden wurde, ob die Gebäude direkt im Einflussbereich von Fließwegen oder Senken liegen. So lassen sich gefährdete, öffentliche oder private Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser, Tiefgaragen) und kritische Infrastruktur (Strom-/Trinkwasserversorgung) sehr gut bestimmen. „Dafür haben wir zwar hohe Datenmengen bei entsprechender Datenauflösung benötigt, die Rechnerkapazität hielt sich aber in Grenzen“, beschreibt Ralf Ostermann.
Die GIS-basierte Grobanalyse der Fließwege und Mulden macht es möglich, Schadenspotenziale einfach zu bestimmen, ohne dafür aufwändigere Verfahren wie eine gekoppelte Simulation heranzuziehen, bei der Gewässer, Oberflächen und Kanal integriert betrachtet werden. Trotz des hohen Automatisierungsgrades war es notwendig, die Ergebnisse zu plausibilisieren. „Ohne Ortskenntnis und Erfahrungen ist dies bei solchen Projekten nicht möglich“, sagt Ostermann.
Drei Fragen
Ralf Ostermann beantwortet drei Fragen zum Projekt BESTKLIMA:
Business Geomatics: Welche Datenauflösung ist für welche Auswertequalität notwendig?
Ralf Ostermann: Das DGM sollte fein genug sein, um Straßenzüge und ähnliche Strukturen abzubilden. Eine Rasterweite von einem Meter ist im Allgemeinen gut geeignet. Für detaillierte Untersuchungen kann aus den Laserscandaten eine Auflösung von bis 50 bis 25 Zentimetern hergeleitet werden.
Wie sieht es mit der Verfügbarkeit der notwendigen Daten generell aus?
In NRW liegen die Daten flächendeckend vor und können kostenlos vom Land bezogen werden. Seit Anfang des Jahres hat sich der zur Verfügung stehende Datenumfang deutlich erhöht, die Datenanforderung wurde deutlich vereinfacht.
Die drei in BESTKLIMA involvierten Städte liegen in einer ausgeprägten Mittelgebirgslandschaft. Wie sieht das Risikopotenzial Ihrer Erfahrung nach in flacheren Gebieten wie zum Beispiel der Norddeutschen Tiefebene aus?
Die gegensätzliche Topographie führt häufig auch zu unterschiedlichen Problemstellungen. In den Mittelgebirgsregionen treten häufig zwar nur geringe Fließtiefen, dafür aber hohe Fließgeschwindkigkeiten auf. Zudem kann es in Mulden- und Tieflagen zu einer schnellen Füllung kommen. In flacheren Gebieten kommt es im Gegensatz zwar selten zu hohen Fließgeschwindigkeiten, dafür aber schneller zu größeren Fließbeziehungsweise Einstautiefen. Damit haben beide topographischen Ausprägungen ihre Eigenheiten, die im Einzelfall untersucht werden müssen.