Leitungs- und Planauskunft im Wandel der Zeit
Man kennt dieses Phänomen aus vielen Bereichen: manchmal reicht ein kleiner Impuls und Dinge, die lange Zeit kaum Beachtung gefunden haben, kommen in Bewegung. So etwa verhält es sich auch bei den Themen Leitungs- und Planauskunft in der Versorgungswirtschaft. Zwar galt schon immer, dass Leitungsbetreiber generell die Pflicht zur Erteilung von Auskünften haben und umgekehrt die Bauwirtschaft vor Beginn einer Baumaßnahme entsprechende Auskünfte einzuholen hat, will sie nicht im Schadensfalle die Haftung übernehmen. Doch um die tatsächliche Ausgestaltung dieser zuweilen recht komplexen Prozesse hat sich bislang kaum jemand gekümmert.
So war es bislang tätige Praxis, dass Leitungs- oder besser gesagt Netzbetreiber die bei ihnen eingehenden Anfragen mehr oder weniger selbst bearbeitet haben. Als Anfragemöglichkeiten wurden meist auf den Unternehmens-Webseiten E-Mail-Adressen veröffentlicht oder aber zentrale Faxnummern kommuniziert, manchmal im Idealfall sogar direkte Anfrageportale betrieben. Gelegentlich haben sich auch Leitungsbetreiber zusammengeschlossen, um gemeinsame Anfrageorganisationen zu unterstützen.
Hoher Anpassungsdruck
Doch nun haben sich die Zeiten geändert. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Wirtschaft, der zunehmenden Automatisierung von Geschäftsprozessen und natürlich erheblich gewachsener Bautätigkeit in Deutschland ergeben sich stetig neue Anforderungen an die Leitungs- und Planauskunft. Darauf zu reagieren und alt eingeführte, etablierte Prozesse den neuen Anforderungen anzupassen, macht der Versorgerbranche zum Teil erhebliche Mühe.
Die Schadenssumme der in Deutschland bekannten Leitungsschäden, die durch Fremdeinwirkung entstehen, ist mit ca. zwei Milliarden Euro jährlich laut Auskunft des Bundesverbandes der Versicherungswirtschaft seit Jahren recht stabil. Stark zugenommen haben dagegen die Bauaktivitäten – in Deutschland sind nach Expertenmeinung mehr als eine Million Baustellen parallel in Betrieb. Dadurch bedingt steigt seit Jahren die Zahl der Leitungsanfragen – allein seit 2010 hat sich laut Statistik die Anzahl der Bauanfragen mehr als verdoppelt. Insbesondere auch der Anteil der obsoleten Anfragen, zu denen die Leitungsbetreiber keine Betroffenheit feststellen und demnach sogenannte Nullbescheide erteilen müssen, hat stark zugenommen.
Andererseits besteht bei Betreibern kritischer Leitungsinfrastrukturen auch die stetige Sorge, nicht alle relevanten Leitungsanfragen zu erhalten, etwa weil den Anfragenden der Zugang nicht bekannt ist, potenziell betroffene Unternehmen sich umbenennen, übernommen werden oder schlichtweg als Betreiber überhaupt nicht bekannt sind. Denn was nutzt das beste Online-Portal, wenn es nicht gefunden wird oder die Leitungsbetreiber im angefragten Gebiet unbekannt sind?
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Kostenpflichtige Auskünfte?
Da jedoch nicht nur die Zahl der Bauanfragen deutlich gestiegen ist, sondern vor allem auch die Distanzen über die derartige Anfragen gestellt werden, ist der Faktor Bekanntheit des Betreibers von herausragender Bedeutung. So konnte unabhängigen Statistiken zufolge festgestellt werden, dass rund 40 Prozent aller Bauanfragen in Deutschland für Gebiete gestellt werden, die über 30 Kilometer entfernt sind. Grund dafür ist wahrscheinlich die zunehmende bundesweite Organisation beziehungsweise Europäisierung der Bauund Planungswirtschaft. In der Konsequenz steigt Aufwand bei den Netzbetreibern stetig an, einerseits adäquate Auskünfte erteilen zu können, anderseits die zuströmende Menge von Anfragen zu bewältigen – und dies vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung der Prozesse. Um die aufwändigen Prozesse refinanzieren zu können, hatte Anfang des neuen Jahrtausends die Deutsche Telekom als erstes bundesweit tätiges Unternehmen die Beantwortung von Leitungsanfragen kostenpflichtig gestellt, Doch prompt wurde vom Dienstherren, dem Bundesministerium für Verkehr-, Bauen und digitale Infrastruktur 2007 angewiesen, diese Auskünfte wieder kostenfrei zu erteilen. Obwohl man damit einer rechtlichen Überprüfung aus dem Wege gegangen ist, gilt spätestens seitdem jedoch gemeinhin der Grundsatz, dass jeder Leitungsbetreiber mindestens eine Möglichkeit zur kostenfreien Einholung von Leitungsauskünften bereitstellen muss. Dieses Grundprinzip der Kostenfreiheit ist mittlerweile durch zahlreiche Urteile untermauert worden. Welchen Kanal oder Zugang der Leitungsbetreiber dabei favorisiert, bleibt weitgehend ihm überlassen. Eine ausschließlich kostenpflichtige Bereitstellung ist aber nicht zulässig. Dies zeigt auch eine juristische Untersuchung des Sachverhaltes durch die renommierte Fachkanzlei Wolter & Hoppenberg aus Hamm in Westfalen, die der BG-Redaktion vorliegt. Diese macht deutlich, dass „nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen die Kostenlast für Präventionsmaßnahmen im Zusammenhang mit Verkehrssicherungspflichten stets der Pflichtenträger trägt“. Die Pflichtigkeit des Netzbetreibers folgt demnach aus vier unterschiedlichen rechtlichen Grundsätzen, von welchen jeder für sich genommen bereits eine entsprechende Pflicht begründet. Dies sind erstens die Verkehrssicherungspflicht des Netzbetreibers mit Blick auf Tiefbauer, zweitens die Verkehrssicherungspflicht des Netzbetreibers mit Blick auf die Versorgungssicherheit, drittens die Pflichtigkeit mit Blick auf das Verhältnis zu anderen Netzbetreibern und viertens die Pflichtigkeit mit Blick auf das Verhältnis zum Staat.
Vertrag verpflichtet zur Leistung
Doch wie sieht es aus, wenn zur Erteilung von Leitungsauskünften Dienstleister beauftragt werden, die ihrerseits dann kostenpflichtige Leitungsauskünfte erteilen? Auch hier ergeben sich aus der rechtlichen Betrachtung interessante Hinweise, die es zu beachten gilt. Grundsätzlich tritt in einem solchen Fall der Anfragende mit dem Dienstleister in einen sogenannten Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB ein. Es ist damit ein konkreter Erfolg, nämlich eine, vollständige und korrekte Auskunft, zu gewährleisten. Ist die erteilte Auskunft fehlerhaft oder unvollständig, so haftet der auskunftserteilende Dienstleister unter Umständen in vollem Umfang und wird damit schadenersatzpflichtig gegenüber dem Anfragenden. Dieser Schadensersatzpflicht kann man sich im Übrigen auch nicht durch AGB entziehen. So hat das Oberlandesgericht Frankfurt zum Beispiel entschieden, dass Auskunfteien ihre Hauptvertragspflicht verletzen, wenn sie zugängliche Informationen nicht verwerten (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2009, S. 166). Da die (Plan-) Auskunft die Hauptpflicht des Auskunftsgebenden darstellt, ist ein Ausschluss der Haftung bei Verletzung dieser Haupt/Kardinalspflicht in AGB nicht möglich (vgl. BGH NJW-RR 2001, 768; BGH NJW-RR 2000, NJW-RR 2000, 998).
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass Leitungsbetreiber gut bedient sind, einerseits mindestens einen Weg der kostenfreien Bereitstellung solcher Auskünfte zur Verfügung zu stellen oder nutzbar zu machen und bei Abschluss von Exklusivverträgen mit Dienstleistern, die ihre Leistungen gegenüber dem Anfragenden kostenpflichtig anbieten, äußerst vorsichtig sein sollten.
Es gibt also vieles zu beachten – und dies gilt sowohl auf der Seite der Bauanfragenden wie auch beim Leitungsbetreiber. Es ist in der Tat alles in Bewegung geraten. (sg)