Digitale Stadt, Smart City, eGovernment, digitale Urbanität: Kommunen sind in den letzten Jahren mit Schlagworten geradezu bombardiert worden. Doch was genau kann man sich darunter vorstellen und wie nutzt die Digitalisierung eigentlich den Kommunen bei ihren internen Prozessen? Am Beispiel des infra3D-Service der Firma iNovitas lässt sich sehr gut erläutern, wie es in der Praxis zugeht und wie sich die Mehrwerte der Digitalisierung über die Jahre erweitern können.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz und deutscher Niederlassung in Weingarten (Baden) hat den Dienst infra3D entwickelt. Speziell ausgestattete Messfahrzeuge nehmen dabei 3D-Daten von kommunalen Straßen und dem Straßenraum auf. Die aufgearbeiteten Daten werden dann über den Internet-Dienst infra3D mit Zugangsberechtigung zur Verfügung gestellt. Die städtische Straßen-Infrastruktur steht also als virtueller Datensatz zur Verfügung, der nicht nur „schöne Bilder“, sondern, aufgrund des eigenentwickelten Stereobild-basierten Verfahrens, einen komplett vermessungsgenauen (mit höherer Punktdichte) Datensatz und damit ein ingenieurtechnisches Instrument zur Verfügung stellt. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass damit mindestens 60 Prozent aller bisherigen Vor-Ort-Begehungen überflüssig werden“, sagt Stefan Basler, Geschäftsführer des Unternehmens.
Zwei Datensätze in Einem
Genau diese Kombination aus fotorealistischem und fachlich-technischem Informationswert ist der Schlüssel zur Digitalisierung. Entscheidend dafür ist die Art und Weise, wie Tiefeninformation auf Basis der Bilddaten erzeugt wird. Bei dem infra3D-Service hat jedes Bildpixel eine korrekte Tiefeninformation, aus der die 3D-Koordinate umgerechnet wird.
Damit bleibt das einfache Bild gewissermaßen die „Arbeitsoberfläche“, für den Nutzer liegen die High-end-Geometrien nicht sichtbar „hinter“ den Bildern. Wird etwa die Breite einer Bank gemessen, greift der Nutzer diese einfach im Bild ab. Die Messtechnik sorgt im Hintergrund dafür, dass die korrekten 3D-Geometrien bei der Messung berücksichtigt werden.
Da die 3D-Information versteckt, aber lage- und pixelexakt hinter den Bildern liegt, liefert der Service die für das jeweilige Objekt intendierten, exakten Messdaten. Technisch gesprochen: 3D- und Bildinformation sind präzise aufeinander registriert. „Diese Art von 3D-Bildern ist entscheidend, damit eine verlässliche und simple Nutzung des digitalen Infrastrukturkorridors ohne Expertenwissen möglich wird,“ so Basler.
Bei den iNovitas-Fahrzeugen ist zusätzlich ein Laserscanner integriert, so dass auch eine 3D-Punktwolke, als zusätzlicher Datensatz zur Verfügung steht, etwa, um Messfehler bei schlechten Sichtverhältnissen (Tunnel, Durchfahrungen etc.) zu kompensieren oder die Punktwolke aus den Bilddaten zu stützen. „Anfangs waren es vor allem die Fachämter aus dem Bereich des Straßen- und Verkehrswesens, die den Wert des 3D-Datenservices erkannt haben“, so Basler.
Mit ihnen wurden insbesondere Straßenschäden systematisch dokumentiert. Mit steigendem Wissen um die Leistungsfähigkeit des Service erweitern sich auch die Zielgruppen. „Jede Stadt hat unterschiedliche Themen, die weit mehr bedürfen als bloße Bildaufnahmen“, sagt Basler. Die Kommunen verstehen mehr und mehr, was sie mit den innovativen Daten machen können und was über die Bestands- und Zustandserfassung hinausgeht. „Je genauer die Daten, desto größer das Anwendungspotenzial“, summiert Basler.
Viele Nutzer
Beispiele sind der Aufbau beziehungsweise die Pflege von Fachanwendungen wie Baumkataster oder Lampen-kataster, die Verwaltung der werberelevanten Stadtmöblierung oder von Verkehrszeichen. „Auch Blindennavigation oder Schwerlast- und Großraumtransportmanagement, gehören zu den aktuellen Aufgabenstellungen, bei denen Kommunen den Dienst nutzen“, sagt Jörg Haupt, Vorstand der Hansa Luftbild AG. Die Firma mit Expertise für Photogrammetrie und Datenauswertung aus Münster nutzt infra3D beispielsweise für die Erhebung von Zustandsdaten und führt entsprechende Projekte in Deutschland durch, etwa in Kommunen wie München, Vellmar, Weil am Rhein, Gar-misch-Partenkirchen, Aschaffenburg, Herzogenaurach oder Dudenhofen-Römerberg.
Für Hansa Luftbild ist auch die Flexibilität im Datenmanagement und -austausch entscheidend, um Anwender von dem Nutzenpotential zu überzeugen. „Im infra3D können Daten aus anderen Systemen, meist aus GIS stammend, lagegenau überblendet und verglichen werden“, erklärt Haupt. So können externe Dienstleister beispielsweise gut eingebunden werden. „Durch die steigende Nutzung amortisiert sich die Investitionen für die Kommunen viel schneller“, so Basler.
Fortschritt auch bei Zustandserfassung
Auch in der Straßenzustandserfassung gibt es weitere Entwicklungen, vor allem im Bereich der Zustandsprognose. „Viele Kommunen gehen dazu über, den Zustand in kürzeren Abständen mit exakt gleicher Methode zu erfassen, um so zuverlässige Aussagen über Entwicklungen machen zu können“, sagt Haupt. Daraus werden dann auch zukünftige Kosten und Maßnahmen abgeleitet, um die vorhandenen Mittel mit dem optimalen Erfolg einsetzen zu können, auch dies ist ein Aspekt einer Smart City. (sg)