Der Ferngasleitungsbetreiber GASCADE Gastransport GmbH ist ein Gründungsmitglied der BIL eG und ist damit, neben 16 weiteren Leitungsbetreibern, einer der Initiatoren für das Bundesweite Informationssystem zur Leitungsrecherche. Heute ist die volldigitalisierte BIL-basierte Leitungsauskunft auch ein wichtiger Teil der Kerngeschäftsprozesse geworden. GASCADE erhält heute bereits bundesweit über 10.000 Anfragen pro Jahr durch regional ansässige sowie bundesweit anfragende Bau- und Planungsunternehmen. Business Geomatics sprach mit dem Leiter Leitungsrechte und -dokumentation, Christoph Ketteler.
Business Geomatics: Herr Ketteler, welche Erfahrungen haben Sie in Bezug auf die Effizienz der Auskunftsprozesse unter BIL gesammelt?
Christoph Ketteler: GASCADE arbeitet stets daran, die Leitungssicherheit kontinuierlich weiter zu erhöhen und entsprechende Präventionsmaßnahmen vorzusehen. Aber auch die permanente Erhöhung der Effizienz ist ein wesentlicher Treiber eines Versorgungsunternehmens. Der Auskunftsprozess von BIL besitzt eine sehr hohe Transparenz sowohl für den Anfragenden als auch für die GASCADE. Die standardisierten BIL-Anfragen erscheinen über eine Online-Schnittstelle direkt im GASCADEAuskunftssystem VERITAS. Und im Gegensatz zu den sehr heterogenen Anfragen auf herkömmlichem Wege per Mail oder Brief entfällt mit BIL die arbeitsintensive Lokalisierung und Ersterfassung der Anfrage.
Wie lief die Umstellung auf den BIL-Prozess?
Unser Anspruch war es von Anfang an, einen durchgängigen Prozess zu etablieren, der uns die BIL-Anfragen ohne Medienbrüche automatisiert direkt in unser Web- GIS-System VERITAS übergibt und nahtlos in den vorhandenen Bearbeitungsprozess einfügt. BIL stellt dazu eine Standardschnittstelle zur Verfügung. Deren Integration durch unseren Dienstleister GEOMAGIC verlief unkompliziert und das Ergebnis war ausgesprochen effizient. Die Umstellung erfolgte zeitnah zum BIL-Start 2016. Da BIL nahtlos in den bestehenden Auskunftsprozess eingebunden werden konnte, hat sich die Arbeitsweise der Mitarbeiter nicht verändert.
Welche Workflows und Prozesse wurden, initialisiert durch BIL, bei der GASCADE umgesetzt? Wie lief die Umstellung auf den BIL-Prozess?
BIL entlastet uns bereits im ersten Bearbeitungsschritt unserer Leitungsauskunft, nämlich bei der mühsamen Ermittlung der geografischen Lage der Maßnahme, der detaillierten Erfassung der Maßnahme sowie den Kontaktdaten der Anfragenden, spürbar. GASCADE fokussiert sich nun im Wesentlichen auf die Qualitätssicherung der BIL-Anfrage und kann sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: Die Erteilung einer qualifizierten Auskunft für betroffene und standardisierte Anfragen. Darüber hinaus erfolgt die Bearbeitung der BIL-Vorgänge nun vollständig digital, ohne dass zusätzliche E-Mails oder analoge Dokumente mit zusätzlichem manuellen Aufwand an den Anfragenden versendet werden müssen.
Gibt es bereits spürbare Auswirkungen auf Sicherheit und Schutz des Leitungsnetzes?
Leitungssicherheit spürt man, solange nichts passiert. Insofern ist es schwierig, diese Frage objektiv zu beantworten. Was wir aber seit dem BIL-Start bemerken, ist dass sich die Anzahl der das GACADE-Leitungsnetz tatsächlich tangierenden Anfragen erhöht hat und auch die Anzahl „neuer“ Anfragender über BIL zugenommen hat. Unter dem Gesichtspunkt der „Leitungssicherheit“ also eine sehr positive Entwicklung, wenn der Bekanntheitsgrad der GASCADE steigt und mehr relevante Anfragen von regional als auch überregional ansässigen Anfragenden die GASCADE erreichen. Insgesamt stellen wir fest, dass das Thema Leitungsauskunft seit dem Start von BIL eine enorme Dynamik und Sensibilisierung in Deutschland ausgelöst hat. Und dabei sind sich alle Beteiligten einig: Unter dem Begriff Leitungsauskunft verbirgt sich sehr viel mehr als nur die reine Auskunftserteilung durch die Versorgungsunternehmen. Bereits die Leitungserkundigung stellt einen ganz wesentlichen und integralen Bestandteil des Gesamtprozesses der „Leitungsauskunft“ dar.
Wie hat sich das Anfrageverhalten beziehungsweise –volumen seit dem BIL-Start verändert?
Schaut man in die Vergangenheit zurück, so hat sich das Anfragevolumen bei GASCADE Jahr für Jahr um jeweils zehn bis 15 Prozent erhöht. Und das nicht allein deshalb, weil das Leitungsnetz der GASCADE kontinuierlich ausgebaut wurde, sondern auch deshalb, weil die Dichte der Anfragen als solches zugenommen hat. Mit dem Start des BIL-Portals konnte in 2016 erstmalig in der Geschichte der GASCADE sogar ein Rückgang der Anfragen von 10 Prozent zum Vorjahr verzeichnet werden – und dieser Trend setzt sich derzeit auch in 2017 fort. Auch das Verhältnis von letztendlich ‚betroffenen‘ zu den ’nicht betroffenen‘ Anfragen untermauert die Effizienz des Zusammenspiels mit BIL bezogen auf den gesamten Auskunftsprozess. Lag das Verhältnis von betroffenen Anfragen zu nicht betroffenen Anfragen bisher bei zehn Prozent zu 90 Prozent, so liegt es seit dem BIL-Start 2016 mittlerweile bei GASCADE bei 23 Prozent zu 77 Prozent. Und nahezu 30 Prozent der letztendlich insgesamt „betroffenen“ Anfragen bei GASCADE stammen bereits heute aus dem BIL-Portal.
Wie wirkt sich BIL auf die fach- und termingerechte Beantwortung der Anfragen aus?
Wie haben sich die Reaktionszeiten geändert? Aufgrund der Tatsache, dass GASCADE die BIL-Anfragen bereits vorkonfektioniert über die automatisierte Schnittstelle erhält, verzeichnen wir eine erhebliche Beschleunigung des Auskunftsprozesses im VERITAS. Aufgrund des hohen Standardisierungsgrades der BIL-Anfragen reduziert sich der Bearbeitungsaufwand auf die Qualitätssicherung und auf die fachgerechte Beantwortung der betroffenen BIL-Anfrage und somit auf der Kernaufgabe eines Netzbetreibers. Somit werden auch Interpretationsfehler vermieden, die aufgrund der ansonsten sehr uneinheitlichen Qualität und Vollständigkeit von herkömmlichen Anfragen per Mail oder Brief nicht auszuschließen sind. Aktuell ist GASCADE in der Lage, dass die Gesamtheit aller eintreffenden Anfragen innerhalb von drei bis fünf Werktagen beantwortet werden können.
Wie ist die Qualität der über BIL übermittelten Anfragen?
Prinzipiell kann man sagen, dass die Qualität der über BIL übermittelten Anfragen sehr gut ist. In wenigen Ausnahmefällen fallen uns bei der Qualitätssicherung Unstimmigkeiten auf, die wir dann im Dialog mit dem Anfragenden abstimmen und ihn darauf hinweisen gegebenenfalls eine aktualisierte Anfrage ins BIL-Portal einzustellen. Insgesamt ist der hohe Standardisierungsgrad der BIL-Anfragen eine enorme Arbeitserleichterung und Qualitätssteigerung an sich. Die gute Qualität der bei uns eintreffenden BIL-Anfragen bestätigt auch die einfache und intuitive Erfassung der Anfragen innerhalb des BIL-Portals durch die Anfragenden. Positiv anzumerken ist auch, dass GASCADE BIL-Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet erhält, und dass sich diese Anfragen auch über das gesamte Leitungsnetz der GASCADE erstrecken, welches ebenfalls einen erheblichen Teil des Bundesgebiets abdeckt.
Welche Erfahrungen hat GASCADE bezüglich der Weiterentwicklung des BIL-Portals gemacht?
Die Weiterentwicklung des Portals sowie die Anpassung an die Bedürfnisse, Anforderungen und Prozesse der Teilnehmer erfolgt im engen Dialog im Zuge der regelmäßig stattfindenden technischen Arbeitskreise. Somit werden die aktive Mitgestaltung und Optimierung durch die Teilnehmer sowie eine bedarfsgerechte Entwicklung sichergestellt. Außerdem werden branchenübergreifende Standards definiert. Bereits jetzt hat sich daraus ein nachhaltiges branchenübergreifendes Leitungsauskunfts-Netzwerk entwickelt, welches seinesgleichen sucht.
Welche Zukunftspläne hat die GASCADE im Umfeld der Leitungsauskunft?
BIL ist fester Bestandteil der GASCADE und GASCADE ist Teil von BIL. Ziel ist ein kontinuierlicher Rückgang der (nicht betroffenen) Anfragen, die Sicherstellung einer zeitnahen Bearbeitung der Anfragen innerhalb von drei Werktagen. GASCADE setzt konsequent auf EIN bundesweites Portal – und zwar BIL – und wünscht sich eine verbindliche Nutzung des Portals. Aufgrund der bisherigen Erfahrung gehen wir fest davon aus, dass der Anfrageneingang bei uns weiter zurückgehen und der Standardisierungsgrad weiter zunehmen wird. Darüber hinaus erwarten wir einen weiteren Rückgang von nicht angemeldeten Baumaßnahmen im Nahbereich sowie natürlich die Fortsetzung der kontinuierlichen Reduzierung der BIL-Dienstleistungsentgelte aufgrund wachsender Teilnehmerzahlen.