In Nordrhein-Westfalen ist im Bereich des Verbraucherschutzministeriums zum Jahresbeginn 2019 die Initiative zur Vernetzung und automatisierten Auswertung von Daten zur Beurteilung der Tiergesundheit und des Tierschutzstatus in landwirtschaftlichen Betrieben gestartet worden. Zur weiteren Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls in der Nutztierhaltung sowie zur Erhöhung der Sicherheit der Lebensmittel tierischer Herkunft wird das amtliche elektronische Informationssystem Tiergesundheit 4.0 (Tiergesundheitsdatenbank) aufgebaut.
Unterstützt wird die Initiative von dem Softwareprogramm Cadenza des Karlsruher Herstellers Disy Informationssysteme GmbH. „Das war für uns der Anstoß für ein neues Projekt mit unserem IT-Dienstleister“, erklärt Frank Mätzschker, Leiter des Fachbereichs 83 im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV). Seit Herbst 2019 arbeiten das LANUV und Disy nun gemeinsam an dem Informationssystem.
Immer aktuelles Bild zur Tiergesundheit
Das Informationssystem soll ermöglichen, jederzeit aktuell ein umfassendes Bild über die Tiergesundheit der Nutztiere in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung zu stellen. Mit Hilfe der vorliegenden Daten kann für jeden tierhaltenden landwirtschaftlichen Betrieb eine individuelle Risikobeurteilung mit Festlegung von Überwachungsfrequenzen automatisiert erstellt und stetig aktuell gehalten werden. Auffällige Befunde in einem Bereich der Tierhaltung führen zu einem Frühwarnsignal, das den zuständigen Überwachungsbehörden ein frühzeitiges Eingreifen ermöglicht.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Damit wird den Behörden ein Instrument bereitgestellt, das sie in die Lage versetzt, die Anforderungen aus der neuen EU-Verordnung über amtliche Kontrollen und hier insbesondere die risikobasierten Kontrollen vollständig umsetzen zu können. Gleichzeitig können sich Tierhalter online über die Einschätzung ihres Betriebes durch die Behörde genauestens informieren.
Damit soll zukünftig eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gewährleistet werden. Eine erste Produktivversion konnte bereits Ende Juni dieses Jahres vorgestellt werden. Eine Pilotphase mit ausgewählten Anwendern wird zu Beginn des Jahres 2021 folgen.
Benutzerverwaltung von Cadenza regelt die Datenzugriffe
Auch werden die Datenzugriffe künftig über die Benutzerverwaltung von Cadenza geregelt. So wird zum Beispiel ein Mitarbeiter des LANUV Zugriffe auf anonymisierte Auswertungen über das gesamte Bundesland NRW erhalten, während ein Betriebsbesitzer nur detaillierte Informationen zu seinem eigenen Betrieb sehen darf.
Diese Auswertungen werden auf Basis des Data Marts Tiergesundheit 4.0 konfiguriert. Das Data Mart extrahiert und transformiert für die Auswertungen relevante Datensätze aus verschiedenen Quellen im Aufgabenbereich über die Datenintegrationssoftware Talend. Auf Basis dieser Echtzeit-Anwendung kann der Nutzer performante und für ihn optimierte Auswerteansichten über Betriebe und dazugehörige Informationen mit Cadenza analysieren.
Mitarbeiter der zuständigen Behörden sollen in Zukunft ihren Bedürfnissen angepasste Auswertungen innerhalb von Cadenza nutzen können. Über eine Benutzerverwaltung werden die diesbezüglichen Rechte verwaltet. Ein Nutzer kann sich über das Verbraucherschutzportal anmelden und erhält eine Übersicht der für ihn zur Verfügung stehenden Anwendungen. Die Nutzerinformationen werden mittels JSON Web Token an Cadenza übermittelt, wo die entsprechenden Auswertesichten dann bereitgestellt werden.
Risikobewertung und Trendanalysen
Prototypisch wurden schon erste Cadenza-Sichten aufgebaut. Eine Cadenza-Sicht zur „Tiergesundheit 4.0“ zeigt eine NRW-Übersichtskarte, auf der alle tierhaltenden Betriebe als Punkte angezeigt werden. Mit der Darstellungsvorlage für Cluster können weitere Informationen gewonnen werden. Ebenso kann die Haltung unterschiedlicher Tierarten gezeigt werden, die Produktionsrichtung der Betriebe oder die klassifizierte Darstellung der Betriebe im Sinne einer Risikobeurteilung.
Klickt der Benutzer auf einen Betrieb, erhält er neben den Stammdaten auch die Risikobewertung. „Die Abschätzung des Risikos ist ein wesentlicher Bestandteil des Informationssystems“, so Frank Mätzschker. Sie wird aus verschiedenen Kenn-zahlen errechnet und ermöglicht jederzeit ein aktuelles Bild über die Tiergesundheit der Nutztiere in Nordrhein-Westfalen. Zusätzliche Tools liefern Trendanalysen zur weiteren Entwicklung der Betriebe und ermöglichen sowohl den zuständigen Behörden als auch den tierhaltenden Betrieben stets den gleichen Kenntnisstand.
Parallele Sichten auf Tiergesundheit
„Mit diesen Auswertungen können schon sehr viele verschiedene betriebsrelevante Informationen zum Thema Tiergesundheit gewonnen werden, welche mit unseren bisherigen Systemen nur schwer und unübersichtlich erarbeitet und dargestellt werden konnten“, führt Mätzschker weiter aus. „Vor allem kann die neue Dashboard-Funktionalität in Cadenza für uns in Zukunft sehr interessant werden. Mit Hilfe dieser Technologie, die eine gleichzeitige Darstellung aus z. B. Karten, Tabellen und Diagrammen ermöglicht, werden Zusammenhänge und Aussagen über die Daten zur Tiergesundheit wesentlich einfacher erkenn- und darstellbar. Die parallelen Sichten geben uns schon jetzt eine spannende Vision mit Blick auf die zahlreichen Aspekte in Bezug auf die Tiergesundheit. Bereits jetzt sind weitere Informationssysteme im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Planung. Die Nachfrage ist deutlich gestiegen. Wir sind mit Cadenza auf einem guten Weg“, gibt Frank Mätzschker einen Ausblick in die Zukunft. (sg)