Die Unternehmen Phoenics und Gravionic bieten im Rahmen ihrer Arbeitsgemeinschaft „Advanced-AirborneActivities“ Vermessungsprojekte an, bei denen Gyrocopter und Drohnen verwendet werden können.
Der Ausbau von Tank- und Rastanlagen auf deutschen Autobahnen ist dringend notwendig. Damit es schnell geht, müssen Planungen optimiert werden. Zunächst ist das Erfassen des Ur-Geländes in 3D ein erster, wichtiger Schritt. Für einen solchen Anwendungsfall gibt es verschiedene Vermessungsmethoden – neben den terrestrischen Verfahren sind Drohnen heute das Mittel der Wahl. Nun haben zwei Firmen mit tiefgreifendem Vermessungs-Know-how die Möglichkeiten um ein weiteres, innovatives Verfahren erweitert. Besonderheit des Ansatzes der Gravionic GmbH aus Braunschweig und der Phoenics GmbH aus Seelze ist die Nutzung eines Tragschraubers (Gyrocopters), der verschiedene Sensorsysteme enthält: eine leistungsfähige Kamera für die photogrammetrische Auswertung und dazu einen 3D-Laserscanner für hochgenaue Höhendaten. In der Summe können innerhalb nur einer Befliegung hochgenaue 3D-Punktwolken und die daraus abgeleiteten Planungsgrundlagendaten erstellt werden. „Das Verfahren verbindet die Vorteile der drohnen- und der flugzeuggestützten Vermessung und ist für Mappingprojekte dieser Art perfekt geeignet“, berichtet Markus Guretzki, Geschäftsführer bei Phoenics. Der Gyrocopter ist sehr leicht, verbrauchsarm und kostengünstig in der Anschaffung und beim Betrieb. „Er benötigt zudem wenig Start- und Landefläche und kann sehr langsam fliegen, was die Datenqualität für die Erfassung von Gebieten mittlerer Größe perfekt bedient“, sagt Ralf Heyen, Geschäftsführer bei Gravionic.
Inzwischen haben beide Unternehmen die Arbeitsgemeinschaft „AdvancedAirborneActivities“ gegründet, unter deren Mantel sie gemeinsam Befliegungsprojekte anbieten, für die das ultraleichte Fluggerät passt. Dazu zählen beispielsweise die Aufnahmen langgestreckter, korridorartiger Infrastrukturen oder von Verkehrswegen. Solche Projekte werden in Deutschland zwar schon seit einiger Zeit realisiert, etwa von der Deutschen Bahn, der Bedarf ist demnach groß. Die Verfügbarkeit von sensorbestückten Gyrocoptern, Piloten und Auswerte-Know-how ist aber begrenzt. In dieses Geschäftsfeld stoßen die Unternehmen nun vor.
Ergänzende fachliche Schwerpunkte
Die Zusammenarbeit der Unternehmen resultiert nicht nur aus der geografischen Nähe. Vor allem ergänzen sie sich fachlich. Die Gravionic GmbH wurde 2007 von Heyen aus dem Institut für Flugführung (IFF) der TU Braunschweig heraus gegründet. Der Unternehmer, der auch als ÖBVI (NDI-Vermessung) aktiv ist, hat sich mit seiner Firmengründung auf geophysikalische sowie geodätische Entwicklungen spezialisiert und ist damit weltweit aktiv.
Ein Schwerpunkt liegt in der Prospektion neuer Rohstoffreserven, sowohl von Schiffen als auch von Flugzeugen aus. Dort werden Anomalien in Erdschwere- und Erdmagnetfeld detektiert, da diese einen Hinweis auf Vorkommen natürlicher Rohstoffressourcen liefern. Das Unternehmen entwickelt dazu Systeme, bei denen Sensorik und Trägerplattform optimal integriert werden. Sie beinhalten Gravimetrie (Messung des Schwerefelds), Magnetometer und optional auch Gammaspektroskopie, mit der radioaktive Strahlung aufgezeichnet wird.
Im Jahr 2020 hatte Gravionics solche Sensorsysteme in einen Tragschrauber der Firma AutoGyro aus Hildesheim (Cavalon) integriert – ein bis dato weltweit einmaliger Ansatz. „Gegenüber den klassischen Prospektionsverfahren wie der Seismik erzielen wir eine dreimal höhere Trefferquote bei einem Zehntel der üblichen Kosten“, so Heyen.
Gravionic ist noch auf weiteren Feldern aktiv. Zum einen vertreibt es die Drohnenlösung von Topodrone aus der Schweiz in Deutschland. Deren Lösungen basieren auf DJI-Drohnen und integrieren modifizierte Messtechnik, etwa optimierte Sony-Alpha-Kameras für die Photogrammetrie. Gravionic ist zudem in Europa Alleinvertreter der ZLS-Gravimeter, hat mit dem Hydro-One eine Schlauchboot-basierte Lösung für die Tiefenmessung in Binnengewässern entwickelt, die gleichzeitig auch einen Umgebungsscan ermöglicht.
Ebenso führt Gravionic auch Verbundprojekte durch. Beispielsweise am Terminal CTA der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), bei dem das Schienennetz von Automatikkränen millimetergenau vermessen werden musste. Bei diesem Projekt (AeroInspekt) konnte das Unternehmen nachweisen, dass die drohnenbasierte, photogrammetrische Vermessung genauso gute Ergebnisse erzielte, wie die klassische Vermessung, ohne jedoch den Betrieb für einen gesamten Tag aussetzen zu müssen (nur eine Stunde für die Passpunkt-Vermessung).
Phoenics: Von der
Vermessung zum GIS
Alles in allem ein agiles, forschungsgetriebenes Unternehmen mit hohem Innovationsdrang, aber will man neue Vermessungsangebote breit anbieten, benötigt man nicht nur personelle Kapazitäten und Qualitäten, sondern auch das entsprechende Auswerte- und GIS-Know-how. Denn die Vermessung allein ist nichts wert, solange die Daten nicht für spätere GIS-/CAD- oder sonstige Applikationen weiterverarbeitet und veredelt werden. Genau dies ist der Schwerpunkt der Phoenics GmbH.
Das über 30 Jahre bestehende Unternehmen ist auf Geodaten, GIS und Photogrammetrie spezialisiert. „Bildflug, Photogrammetrie und Fachkataster, so kann man unseren Firmenansatz mit kürzesten Worten zusammenfassen“, sagt Guretzki. Folglich ist in den letzten Jahren auch die Drohnenbefliegung hinzugekommen, Phoenics hatte von Gravionic sogar ein Topodrones-System geordert. Hinzu kommt umfangreiches Equipment für die Datenauswertung.
Zusammen haben die Partner schon mehrere Projekte mit Copter-Einsatz durchgeführt, unter anderem für den Neubau eines großen Tank- und Rastplatzes. „Dieses Projekt hat gezeigt, wie wichtig einerseits der Teil der hochgenauen Erfassung für die Wertschöpfung eines Projektes, und andererseits die Erzeugung und Auswertung der daraus folgenden Datenprodukte ist“, beschreibt Guretzki die Arbeitsschwerpunkte der jeweiligen Partner. „Der Gyrocopter hat eine hohe Flächenproduktivität und ist in Sachen Genehmigung viel flexibler als eine Drohne“, so Guretzki. Sein Einsatzspektrum beginnt gerade da, wo die Drohne außerhalb der Sichtweite nicht mehr fliegen darf.