Im Zuge einer engeren Partnerschaft von Pitney Bowes Software mit BI-Anbietern wie IBM sollen Mehrwerte für die Integration von Geodaten in die Unternehmenssteuerung und -analyse gewonnen werden.
Der Markt für Business Intelligence (BI) ist weltweit mehrere Milliarden Euro schwer. Alleine in Deutschland umfasst er laut Umfragen rund eine Milliarde Euro. Die Software für die Geschäftsanalytik wird allerorten benötigt, um Unternehmenskennzahlen zusammenzuführen, zu berichten und zu analysieren. BI ist zentrales Tool für Marketing, Vertrieb und Controlling.
Nun sollte man vermuten, dass der BI-Markt seit Jahrzehnten gierig nach Geodaten ist, um Ergebnisse zu verbessern, Analysen, um den Raumbezug zu erweitern, gar völlig neu aufzustellen oder schlicht die Ergebnisse zu visualisieren. Jedoch weit gefehlt. BI und Geomarketing, so der in Deutschland geläufigste Name für raumbezogene und GIS-basierte Wirtschaftsanalysen, entwickelten sich getrennt voneinander. Während der BI-Markt prosperierte und höchstens einfache Kartenvisualisierungen adaptierte, entwickelte sich eine Geomarketing-Szene, die oftmals eigene Abteilungen, Gruppen oder Experten in den Unternehmen heranzüchtete, die als GIS-Experten eine Dienstleistungsrolle einnahmen. Vernetzte Prozesse, integrative Unternehmens- IT oder gar Location Intelligence (LI), wie es zuletzt häufiger auch in Deutschland bezeichnet wurde, waren selten anzutreffen.
Doch nun verdichten sich die Anzeichen für einen Paradigmenwandel. So hat das Unternehmen IBM, mit den BI-Plattformen Cognos und Watson einer der weltweiten Marktführer, in den letzten beiden Jahren die Erweiterung dieser Lösungen in Richtung Geo-Datenverarbeitung und -Analyse angekündigt. Zudem hat IBM einen Wetterdatenanbieter (The Weather Company) übernommen.
Ende 2016 haben IBM und Pitney Bowes, einer der weltweit tätigen LI-Anbieter, eine Partnerschaft besiegelt. Darin geht es sowohl um eine tiefere Integration beider Softwarewelten als auch um ein Datengeschäft: IBM integriert Teile des Geodatenangebots in seine eigenen Lösungen. Vor allem Nutzer von Cognos und Watson sollen so Zugriff auf Geodaten haben. Ab der Version 11.0.6 von Cognos Analytics Mapping (März 2017) können Kunden sogar Daten bis auf Ebene einzelner Straßen von Pitney Bowes beziehen.
Partnerschaften zwischen LI- und BI-Anbietern
Pitney Bowes sieht drei wesentliche Treiber für die zunehmende Integration von LI in BI: Die täglich wachsende große Menge standortbasierter Daten, deren erhöhte Qualität sowie die Art und Weise, wie sie mit verschiedenartigen Datensätzen verknüpft werden. „Eine physikalische oder digitale Adresse verankert tausende von Datenpunkten. Doch Daten allein reichen nicht aus. Daten müssen für Sie funktionieren. Die Erweiterung von BI um LI mit entsprechenden Geodaten und Marktdaten ist ein natürlicher Schritt der aktuellen Entwicklungen“, sagt Burchard Hillmann Köster von Pitney Bowes Software.
Pitney Bowes ist seit über 30 Jahren auf den Bereich LI spezialisiert. Von dem internationalen Marktforschungsunternehmen Forrester wurde es im Jahr 2016 als weltweit führend im Bereich Geospatial Analytics Tools and Platforms klassifiziert. Ergänzende Angebote wie weltweite Daten, Datenmanagement und –qualität, Data Science sowie BI und einige spezielle Anwendungen für den Bereich Kundengewinnung, machen LI zu einem integrierten Bestandteil des Lösungsangebots.
Fünf wesentliche Schritte für LI
Doch was genau ist LI? Für Pitney Bowes gibt es fünf Schlüsselelemente. Neben der Visualisierung sind dies Geokodierung, GeoEnrichment, die Geo-Analyse und die Integration in BI-Systeme.
Dabei ist eine präzise Geokodierung das Fundament. Die Koordinate ist das universellste Element, was im Rahmen von Referenzsystemen immer genutzt werden kann, unabhängig von politischen oder administrativen Grenzen wie etwa von Postleitzahlen. „Mit der Koordinate können Verbindungen über alle Datenbank-Grenzen erstellt werden“, sagt Hillmann-Köster. Nach dieser geographischen Verankerung folgt das GeoEnrichment, also die Datenanreicherung. So können beispielsweise verschiedene statistische Daten miteinander verbunden werden, um Verhaltensmuster von Verbrauchern abzubilden. „Kunden können erfahren, dass wechselwillige Kunden beispielsweise in bestimmten Straßenabschnitten wohnen“, beschreibt Hillmann Köster. Die Grenzen der Datenintegration verschieben sich im Zeitalter von Smartphones, Internet und IoT immer mehr, so dass die Kunst darin bestehe, Big Data produktiv zu nutzen. Darauf folgt die eigentliche Kür von LI, nämlich die Analyse. Sie unterstützt Entscheidungen etwa für neue Filialstandorte, Kundensegmentierungen, Controlling oder Risikobewertungen. Der Trend geht dabei zum zentralen Verwalten von Transaktions-, Sach- und Geodaten. „Verwalten einzelne Abteilungen ihre eigenen Daten, Karten und räumlichen Vermögenswerte, verschwenden Organisationen Zeit, verdoppeln Anstrengungen und verpassen große Chancen“, so Hillmann Köster.
Der fünfte Schritt ist die eingangs erwähnte Integration in BI-Systeme. Analytik, Reporting und Scorekarten werden um ortsabhängige Zusammenhänge erweitert. Die LI-Lösungen von Pitney Bowes lassen sich in eine breite Palette von Plattformen und Anwendungen integrieren: Beispielsweise SAP Business Objects, IBM Cognos, IBM Watson, Tableau, QlikView, QlikSense, MicroStrategy, Microsoft Reporting Services oder einfach Microsoft Excel.
IBM-Partner sehen konkretes Potential für Kunden
und Geomarketing. Ob Transportrouten, Vertriebsstrukturen, Individualverkehr
oder öffentlicher Verkehr – rund 600 Mitarbeiter planen und optimieren
weltweit alles, was Menschen und Güter bewegt. Vorne an: die marktführenden
Produktlinien PTV Map&Guide zur Transportroutenplanung und Vision
Traffic Suite zur Verkehrsplanung.
Wir wissen, räumliche Analysen schaffen Fakten und neue Perspektiven. Mehr als 400 Unternehmen vertrauen der WIGeoGIS und ihren Geomarketing-Produkten.
Die Integrationswelle von BI und LI erreicht auch Zentraleuropa. So setzt das Münchner Unternehmen MIP, BI-Spezialist und Partner von IBM, auf das Thema. „Eine Karten-basierte Darstellung von BI-Ergebnissen ist eine Funktionalität mit nice-to-have-Charakter, viel wichtiger für unsere Kunden sind Geodaten-basierte Analysen, die echte Mehrwerte bringen können“, fasst Ursula Flade-Ruf, Geschäftsführerin von MIP, den Trend zusammen.
Die Aufgabe von MIP als Projektdienstleister ist es zum Beispiel, mit dem Kunden zu eruieren, welche Geodaten genutzt werden können und auf welcher Softwareebene die Geo-Analysen durchgeführt werden können. „In der Tendenz können einfache Funktionalitäten beispielsweise schon auf der IBM-Cognos-Plattform durchgeführt werden, andere, meist anspruchsvollere Anwendungen gehören in die Zuständigkeit der PB-Systeme MapInfo Pro oder Spectrum“, erklärt Flade-Ruf.
Grundsätzlich schaffe der BI-basierte Ansatz die Möglichkeiten, Geoanalyse auf breiter Ebene in den betrieblichen Alltag zu integrieren. Sprich, sie schafft mehr unmittelbaren Nutzern als vergleichsweise ein Expertensystem für Geo-Fragestellungen. Klassische Fragestellungen wie etwa das Servicemanagement, die Steuerung von Außendienst oder Vertrieb oder die Standortplanung könnten so in BI-Systemen beantwortet werden. „Einer der wichtigsten Vorteile ist auch, dass typische BI-Analysen viel besser in Beziehung gesetzt und daher bewertet werden können.
Zum Beispiel bei unternehmerischen Kennzahlen: Ein Umsatzwachstum von zehn Prozent pro Jahr bringt nur dann eine Erkenntnis, wenn eine Geodaten-basierte Analyse gleichzeitig ein Bild des Gesamtmarktes liefert“, beschreibt Flade- Ruf. Geodaten könnten so die Analyse der Unternehmensprozesse weiter objektivieren und die Ergebnisse belastbarer machen.