Mit einer speziellen Kombination von App, Smartphone und GNSS-Rover ermöglicht die Firma vh software tools eine Zentimeter-Vermessung, die von dem bisherigen Spezialisten-Ansatz stark abweicht.
Ein Game Changer ist jemand, der die („Spiel“-)Regeln eines Marktes grundsätzlich ändert. Laut dieser Definition ist Volker Hülsmann dieser Kategorie zugehörig. Mit dem Angebot seiner Firma vh software tools aus Oldenburg stellt er gleich zwei Branchengesetzmäßigkeiten auf den Kopf: Zum einen bietet er Lösungen für die Vermessung per Smartphone. Zum anderen ermöglicht er in seiner gleichzeitigen Rolle als Händler die Miete von fabrikneuen GNSS/Empfängern. Die Vermessung 4.0 – hier scheint der ansonsten inhaltsarme Marketing-Slogan wirklich einmal angebracht. Was steckt dahinter?
Im Zentrum des Angebots steht die Software €asyGis, eine Anwendung, mit der Geodaten einfach visualisiert werden können. Die Anwendung ist speziell für den Einsatz auf Smartphones und Tablets konzipiert, stellt also eine App dar, die aber professionelle Ansprüche unterstützt. Die Anwendung, die monatlich mit lediglich 15,00 Euro zu Buche schlägt, läuft auch offline ohne Mobilfunk-Anbindung.
Der Fokus liegt auf der einfachen Bedienung. Für die Erfassung von Koordinaten zeigt ein Fadenkreuz die aktuelle Position auf der Karte an, der Benutzer kann dann mit automatisierten Eingabelisten Attribute zu den dokumentierten Objekten aufnehmen. Für die jeweiligen Anwendungsfälle bietet vh software tools nutzerkonfigurierbare Eingabelisten. Im Standardbetrieb liefert ein handelsübliches mobiles Endgerät eine Genauigkeit von rund fünf Metern, für genauere Werte bietet €asyGis eine GNSS-Anbindung an externe Sensoren (Rover). Da vh software tools auch Händler von STONEX-Geräten ist, kann die Anwendung eine besonders ausgefeilte Schnittstelle zu den Rovern aus Italien bieten. „So erreichen wir zum Beispiel mit dem STONEX S5 in kürzester Zeit gefixte Daten“, beschreibt Hülsmann, der als selbständiger Unternehmer bereits seit über 30 Jahren in der Geodäsie- und CAD-Branche aktiv ist. Der Empfänger besitzt eine Größe von lediglich 12×9 Zentimetern (bei einem Gewicht von 290 Gramm) und stellt somit einen Sensor dar, der auch bezüglich der Baugröße ideal zum Smartphone passt, allerdings mit seiner technischen Ausstattung Profi-Anforderungen erfüllt. Für die Kommunikation zwischen Endgerät und GNSS-Empfänger besitzt €asy GIS die Schnittstelle NMEA 0183, wodurch auch andere GNSS-Typen universell integriert werden können.
Ebenso lassen sich zum Beispiel erstellte Bilder oder PDF-Dateien mit Ortsdaten verknüpfen. „Generell zeichnet sich die Lösung durch eine einfache Handhabung aus, wodurch jedermann einfach Vermessungsaufgaben übernehmen kann“, sagt Volker Hülsmann. Etwaige Sicherheitsbedenken bezüglich der drahtlosen Datenübertragung begegnet €asyGis durch die Datenübertragung via AES 256. Dieser Verschlüsselungsalgorithmus (Advanced Encryption Standard) ist einer der derzeit meistgenutzten und stellt mit seiner 256-Bit-Schlüssellänge die höchste Sicherheitsstufe dar, die auch von Regierungen oder Banken genutzt wird.
vh software tools zielt mit dem Angebot auf den stark zunehmenden Bedarf Vermessungsaufgaben per Smartphone zu erledigen und erweitert so die Zielgruppe der Geodäsie nochmals. Nicht nur das einfache Konzept wird dabei überzeugen, sondern auch die geringe Investitionsschwelle des Angebots. Smartphones sind heute schließlich im mobilen Arbeitsalltag omnipräsent. Um auch Fachleute, die die Zentimetergenauigkeit benötigen, zu überzeugen, wählt vh software tools auch bei der GNSS-Beschaffung den Weg der geringsten Erstinvestition und bietet die Geräte zur Miete an. Was ein heutzutage im Markt noch außergewöhnliches Vorgehen bedeutet. „Immer mehr Kunden, gerade die Vermessungseinsteiger, fragen das Mietmodell stark nach“, sagt Hülsmann. Mieten statt kaufen: Dieses Motto, das in der Softwarebranche zunehmend Schule macht, spielt also auch in der Vermessung zukünftig eine Rolle.
Die Lösung für die Smartphone-( Ingenieurs-)Vermessung spricht vor allem Unternehmen an, die bisher in den eigenen Reihen keine große Expertise für die Geodäsie aufgebaut haben oder bisherige Vermessungsaufgaben an Dienstleister vergeben hatten. So kann die Bauund Agrarwirtschaft Vermessungen durchführen oder im ersten Schritt die Lokalisierung von Bildern über den Baufortschritt durchführen. „Die Aufnahme von Handy-Fotos in der Baubranche ist heute bereits an der Tagesordnung, mit €asygis können diese Fotos automatisch geolokalisiert und dadurch systematisiert werden“, beschreibt Hülsmann. Aber auch klassische Vermessungsarbeiten können gewissermaßen auf Basis dieser „alternativen“ Infrastruktur angegangen werden. So haben die Stadtwerke Wesel auf einem Spezialfahrzeug für die Spülung von Schächten und Entwässerungskanälen direkt einen GNSS-Rover installiert, der per Bluetooth mit den Smartphones der Mitarbeiter kommuniziert. Dadurch können beliebige Objekte einfach und effektiv zentimetergenau eingemessen werden. Die Stadtwerke haben zudem eine Schnittstelle zum Smallworld GIS installiert, sodass die Daten gleich in das Backend-System übertragen werden können. „Die Berührungsängste für die Erfassung von georeferenzierten Netzdaten von mobilen Mitarbeitern, die keinen expliziten Vermessungshintergrund haben, sind dadurch verschwunden“, beschreibt Hülsmann. Und Unternehmen können die Lösung in kleinen Schritten einführen und testen. Der Weg ins Vermessungs-Neuland war noch nie einfacher.