Im Tiefbau und in der Bahnplanung setzen sich BIM-Methoden noch recht langsam durch. Thomas Kreißl von OBERMEYER Planen + Beraten zeigt auf, wie sich die Situation in der Praxis darstellt.
Es ist hinlänglich bekannt, dass BIM den Ursprung im Hochbau hat. Vor rund 20 Jahren gründete sich auf Initiative führender Planungs-, Ausführungs- und Bausoftwareunternehmen der Verein buildingSMART e.V. (damals noch IAI). Das Ziel des Vereins ist bis heute den Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Planungstools zu optimieren und somit die Möglichkeit zu schaffen, dass unterschiedliche Beteiligte an einem gemeinsamen Modell arbeiten. buildingSMART gilt somit als Urheber des BIM-Gedankens und liefert folgende Definition von BIM: „BIM ist die zeitgemäße Arbeitsmethode für das Planen, Erstellen und Betreiben von Bauwerken. BIM basiert auf der aktiven Vernetzung aller Beteiligten über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Für die damit verbundenen Prozesse und Schnittstellen sind klar definierte Konventionen erforderlich.“ Diese Definition ist immer noch sehr stark auf den Hochbau fokussiert. Seit rund drei Jahren wird nun vor allem von Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefordert, dass BIM auch im Tiefbau Einzug hält und bis 2020 stufenweise eingeführt wird. „Seitdem ist die Verwirrung groß und alle an der Planung Beteiligten rätseln nun, was das für jeden einzelnen zu bedeuten hat“, so Thomas Kreißl von OBERMEYER Planen + Beraten (OPB). Viele Programmanwender erwarten eine komplett neue Software zu bekommen, da BIM ja vermeintlich etwas vollkommen Neues ist, so der Vertriebsleiter für den Bereich Software.
OPB ist Gründungsmitglied des buildingSMART und unterstützt dort seit 1995 in leitender Funktion die Entwicklung von neutralen BIM-Standards in Deutschland. Seit über zehn Jahren werden Projekte bei OPB mit BIM-Methoden ausgeführt. Auch am „BIM-Leitfaden für Deutschland“, der 2014 im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadtund Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung erstellt wurde, haben die Fachleute der Münchener Planungsgesellschaft mitgearbeitet. Dort ist die Kernanforderung an BIM festgelegt. Demnach soll das gleichzeitige Arbeiten mehrerer Personen am gleichen Modell möglich sein. Ferner sollte eine moderne BIM-Anwendung BIM durch neutrale Schnittstellen unterstützen und einen einfachen Zugang zu den Informationen gewähren.
„Alle diese Anforderungen deckt die BIM-Software ProVI beispielsweise ab“, sagt Thomas Kreißl. So ermöglicht die zentrale Datenhaltung das Arbeiten in Projektteams – auch standortübergreifend. Das datenbankgestützte dreidimensionale Trassenmodell beinhalte zudem alle trassierungsrelevanten Daten sowie deren Abhängigkeiten untereinander. Zudem würden benachbarte Gewerke wie beispielsweise der Kanal- oder Leitungsbau ebenso in das Projekt eingebunden, wie die Vermessung oder Katasterdaten. Somit ist es gewährleistet, dass alle am Projekt beteiligten Mitarbeiter stets auf den aktuellsten Datenstand zugreifen und diesen über entsprechende Schnittstellen übergeben können. Die DB Station und Service hat als erster Auftraggeber auf die Ankündigung des BMVI reagiert und Revit als Software für die BIM-Modelle ihrer Bahnhöfe und Stationen festgelegt. Die Erfahrungen sind nur begrenzt überzeugend „Diese aus dem Hochbau stammende Software ist für den Einsatz in der Gebäudemodellierung durchaus sinnvoll“, erläutert Kreißl. Für Linienbauwerke sei Revit nicht optimal. Der Aufsatz „ice BIM rail“ errechnet zwar das 3D-Modell eines Bahnsteiges in Revit, es hat aber keine echten Koordinatenwerte, eine schlechte Qualität beim DGM und keine Trassierungsfunktion. Das Revit-Modell enthält demnach alle notwendigen Daten für die Erstellung des Leistungsverzeichnisses, die an iTWO übergeben werden können, ist aber losgelöst vom restlichen Modell der Strecke und passt sich bei Änderungen der Trassierung nicht automatisch an. Kreißls Fazit: „Man darf bei dem Wunsch, ein Gesamtmodell zu erzeugen nicht aus dem Auge verlieren, dass man die passende Software der richtigen Aufgabe zuordnet.“ Wichtig sei es, beide Welten sinnvoll miteinander zu verbinden und zu überlegen, wo für welche Software die Grenze ist.
IFC-Standard
Gleiches gelte für den offenen IFC-Standard. Dieser diente bisher der Beschreibung von Gebäudemodellen und ermöglicht die Übertragung von 3D Bauelementen zusammen mit ihren Attributen zwischen unterschiedlichen Entwurfssystemen. „Aber für den Tiefbau gibt es derzeit noch keine Objekte, die über diese Schnittstelle ausgetauscht werden können“, erläutert Kreißl. Im November 2015 erhielt die TU München den Auftrag vom BMVI, die internationale Standardisierung im Bereich IFC-Rail/IFC-Road zu begleiten. Aktuell werden die Objekte Achse und Gradiente in einem internationalen Abstimmungsprozess modelliert. Bis also die IFC-Schnittstelle vollwertig eingesetzt werden kann, wird sicher noch einige Zeit vergehen.
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Arbeiten bietet Ingenieurbüros, Bauunternehmen und öffentlichen Auftraggebern
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bezüglich Kosten und Zeit und ermöglicht so kürzere Projektdurchlaufzeiten.
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optische Vermessung und Maschinensteuerung, sowie Anwendungssoftware an.
Grundsatzfragen klären
Auch das Thema Kosten könne sich seiner Erfahrung nach zum Stolperstein bei der Umsetzung von BIM in der Tief- und Ingenieurbaupraxis entwickeln. „Von Seiten der Auftraggeber kommt bei der Forderung nach einem erhöhten Honorar wegen der Anwendung von BIM-Methoden gern das Gegenargument, dass sich der Auftragnehmer Geld und Arbeit spart, weil Planungsfehler vermieden und bestimmte Leistungen einfacher erbracht werden können. Eine Wertung möchte ich hier nicht abgeben“, so Thomas Kreißl. Dabei verlagern sich viele Wertschöpfungsprozesse bei dem digitalen Bauprozess an den Projektanfang in die Modellierungsphasen sowie in das Gesamtmanagement des BIM-Modells. Diese Verschiebung ist derzeit in der HOAI nicht abgedeckt. „Hier besteht Regelungsbedarf“, ist Kreißl überzeugt.
Entsprechend schreibt der im Bau- und Architektenrecht tätige Rechtsanwalt Dr. Jörg L. Bodden im Fachportal Springer Professional: „Detaillierte Bestimmungen zum Thema BIM finden sich in der HOAI bislang nicht. Die HOAI-Novelle 2013 hat jedoch die „3D oder 4D Gebäudemodellbearbeitung“ als zusätzliche Besondere Leistung in LPh 2 der Anlage 10 aufgenommen. Dies dokumentiert, dass der Einsatz von BIM-Methoden nicht zu den Grundleistungen der HOAI gehört. Damit findet das zwingende Preisrecht auf BIM-Planungen nur insofern Anwendung, wie mit BIM-Methoden die herkömmlichen Grundleistungen erledigt werden.“ Er rechnet im Weiteren nicht mit einer grundlegenden Reform der HOAI im Hinblick auf den BIM-Planungsprozess.
Bleibt also abzuwarten, wie schnell sich eine Entwicklung im Tiefbau durchsetzt, die jetzt im Bereich Architektur nach rund 20 Jahren erst langsam akzeptiert wird. Thomas Kreißl meint: „Ein wichtiger Schritt in Richtung BIM wäre schon getan, wenn die vorhandenen Möglichkeiten zu einem standardisierten Datenaustausch konsequent genutzt werden. Im Straßenbau erleben wir es zum Beispiel noch viel zu oft, dass proprietäre Datenformate anstatt dem schon vor Jahren eingeführten OKSTRA vorgeschrieben werden. Vielleicht wäre es ratsam, zunächst die technischen Voraussetzungen zu schaffen, indem eine auf den Tiefbau abgestimmte IFC-Schnittstelle definiert wird, um zukünftig eine reibungslose Datenübergabe zwischen Trassierung, konstruktivem Ingenieurbau, technischer Ausstattung etc. zu gewährleisten.“ Ziel ist es ja, das Gesamtprojekt zu betrachten und nicht einzelne Teile daraus.
Bilder: OBERMEYER Planen + Beraten GmbH