Zwar wird die Bedeutung von präzisen Wetterprognosen in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger, gleichzeitig entsprechen viele Wetterstationen in Deutschland nicht mehr den aktuell
geforderten Gütekriterien. So auch in der nordhessischen Stadt Kassel, in der vor über sieben Jahren die Wetterstation aufgrund einer nicht mehr zeitgemäßen Ausstattung geschlossen werden musste. Die Kasseler Wetterdaten werden seitdem hilfsweise aus der nächstgelegenen Wetterstation in Schauenburg-Elgershausen erstellt. Die Probleme dabei liegen auf der Hand: Die Prognosen sind räumlich zu ungenau für die Stadt – was insbesondere in der geographischen Lage der Stadt begründet ist. Aus diesem Grund hat nun eine neue Wetterstation auf dem Gelände einer Wassergewinnungsanlage der Städtischen Werke Netz + Service GmbH ihren Betrieb aufgenommen. Betreiber der Station ist die MeteoGroup Deutschland, einer Tochter des weltweit größten privaten Wetterdienst DTN.
Die Initiative für eine eigene Kasseler Wetterstation ging von den Städtischen Werken sowie ihren Schwester- und Tochterunternehmen aus. „Gerade in der Fernwärmeversorgung benötigen wir exakte Prognosedaten, um zum richtigen Zeitpunkt die richtige Fernwärmemenge zur Verfügung zu haben. Doch die Wetterdaten aus Schauenburg waren nicht gut auf Kassel mit seiner besonderen Kessellage übertragbar“, erklärt Dr. Michael Maxelon, Vorstandsvorsitzender der Städtischen Werke sowie Geschäftsführer der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV). „Deshalb haben wir uns für eine neue Kasseler Wetterstation eingesetzt. Sie ist für uns von strategischer Bedeutung“, begründet der Funktionär weiter.
Passender Standort
Die neue Station liefert bereits jetzt Wetterdaten. Zur Vorhersage genutzt werden können sie jedoch erst in rund 18 Monaten. In der Zwischenzeit wird die Wetterstation kalibriert. „Sie lernt quasi ihre Umgebung kennen“, erläutert Maxelon. Zudem werden die erhobenen Daten mit denen anderer Stationen abgeglichen.
Sven Plöger, Diplom-Meteorologe und Wettermoderator in der ARD, ist vor allem von der Lage der Wetterstation angetan: „Der Standort muss einen ganzen Katalog von Vorgaben und Kriterien der World Metrological Organisation erfüllen. Beispielsweise sehr große Mindestabstände bei der Windmessung, Schutz vor Fremdeinwirkung oder Gras als Untergrund für die Temperaturmessung. Im städtischen Bereich sind diese Anforderungen nur schwer einzuhalten. Und jetzt haben wir mit diesem Gelände einen der besten Standorte in Deutschland zur Messung von Stadtklima.“
Vorteile der neuen Station
Die neue Wetterstation bietet der KVV und anderen städtischen Institutionen zudem weitere Vorteile: Die Auslastung der Strom- und Gasnetze kann besser vorhergesagt werden, was Risiken und damit die Kosten senkt. Die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft kann wiederum durch genauere Wetterprognosen besonders im Winter die Verkehrssituation besser einschätzen und in Extremsituationen schneller und präziser eingreifen. Auf diese Weise können beispielsweise Weichenheizungen eingeschaltet werden, noch bevor sie drohen einzufrieren. Aber auch die Feuerwehr oder der Streudienst können auf die Wetterdaten zugreifen und ihre Einsätze bei Hochwasser, Stürmen oder Schneefall besser planen. (jr)