In Datenworkflows sehen sowohl Microdrones als auch Esri große Potenziale. Zwischen Datenerhebung und -nutzung etablieren sich auch Methoden der Künstlichen Intelligenz.

Datenerfassung per Drohne: Von der hohen Aufnahmequalität profitieren dann u.a. die späteren GIS-Analysen. Foto: Microdrones
Die Theorie ist so alt wie das GIS selbst: Qualitativ hochwertige, aktuelle Luftbilder zu nutzen, war schon immer der Wunsch von Anwendern. Doch dieser blieb bis vor wenigen Jahren nur schwer zu erfüllen. Luftbild-Befliegungen per Flugzeug wurden nur im Abstand einiger Jahre gemacht und die Auflösung unterhalb von 10 Zentimetern blieb zunächst selten. Ab den späten Nullerjahren kam dann mit den Drohnen eine Technologie auf, die diese Lücke zu schließen begann. Nun war es möglich, aktuelle Orthofotos kleinerer Gebiete und photogrammetrisch erzeugte 3D-Bilder von Infrastrukturobjekten zu erzeugen. Die neue Quelle für Vermessungsdaten sprudelte schnell ergiebig, doch in gleichem Maße kam die Herausforderung auf den Plan, die erfassten Daten möglichst produktiv im GIS zu nutzen.
Nun haben zwei technologisch führende Unternehmen auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit bekannt gegeben. Der Hersteller von Vermessungsdrohnen Microdrones und der weltweite GIS-Anbieter Esri veranstalten erstmals gemeinsam Webinare. Darin wollen beide Unternehmen die Synergien zeigen, die in der engen Integration von GIS und UAV liegen.
Vor allem geht es um produktive Workflows von der Datenerfassung bis zur Endnutzung. Weitere Zusammenarbeit bei Softwareentwicklung oder Vertrieb sind zunächst nicht geplant. Genauso wenig basiert die Zusammenarbeit auf Exklusivität, sondern auf dem Charme der inhaltlichen Zusammenarbeit auf einem Gebiet, auf dem noch immer Pionierarbeit zu leisten ist. „Wir sind von der Leistungsfähigkeit der Microdrones-Lösungen begeistert und wissen, wie sehr unsere Kunden hochgenaue Daten schätzen und fordern“, sagt Christoph Kany, Account Manager bei Esri Deutschland. Nach den ersten Webinaren am 18. Juni sowie Mitte Juli sollen weitere gemeinsame Projekte entwickelt werden. „Damit adressieren wir alle möglichen GIS-Zielgruppen. Derzeit ist das Interesse in den Bereichen Forst, Agrar, Umwelt, Innere Sicherheit, Versicherungswirtschaft und in der Bauindustrie besonders hoch“, so Kany. Drohnen seien heute schon bei vielen Kunden elementarer Bestandteil im Asset Management und deren Bedeutung werde weiter stark steigen, so der diplomierte Geograph. Aus Sicht von Microdrones geht es darum, die Datenaufarbeitung ihrer Vermessungslösungen weiter in Richtung der Endanwender hin zu optimieren.
Produktive Schnittstelle
Microdrones hat sich strategisch bereits vor einigen Jahren so aufgestellt, drohnenbasierte Vermessungsanwendungen zu entwickeln und versteht sich demnach als reiner Lösungsanbieter. Den Fokus auf GIS-Märkte verfolgt das Unternehmen weltweit. Mit der Kooperation will Microdrones nun den GIS-Anwendergruppen die Vorteile näherbringen, die in der engen Kopplung von UAV-Lösungen und dem GIS liegen.
Umgekehrt hat auch Esri als GIS-Anbieter die UAV-Entwicklungen als wichtigen Datenlieferanten seit Langem im Fokus. Mit Drone2Map hat das Unternehmen im Jahr 2016 ein Produkt in den Markt eingeführt, das speziell auf die Verarbeitung von Drohnendaten zielt. Die Anwendung ist Bestandteil der Esri Geospatial Cloud und hat die Aufgabe, die Daten in verschiedenste Anwendungen, Apps und Portale im Zuge teilautomatisierter Workflows zu integrieren. Drone2Map enthält die Bildverarbeitungs-Engine von Pix4D, mit der Bilder von Drohnen analysiert und 2D- und 3D-Karten konvertiert werden können. Der besondere Ansatz der Esri-Plattform ist es, dass Daten-Workflows multidimensional gedacht werden. Konkret geht es darum, dass die erfassten Primärdaten, im Fall von Drohnen sind dies meist Bilder oder auch Laserscandaten, für möglichst viele Endanwendungen maßgeschneidert aufgearbeitet werden.
Spezialtool
Drone2Map bietet als Expertentool verschiedenste Werkzeuge für die Bearbeitung. Das beginnt bei schnellen Analysen für die Vorabprüfung der Drohnendaten und geht über spezielle Mapping-Anwendungen für 2D-Daten, die Erstellung von 3D-Produkten bis hin zu spezialisierten Inspektionswerkzeugen, bei denen die erfassten Objekte aus den verschiedensten Perspektiven visualisiert werden können. Für alle vier Teilbereiche gibt es Templates in Drone2Map. Ebenso wird die Definition von Ground Control Points (gcp) unterstützt, mit denen Anwender Einfluss auf die Genauigkeit der Punktwolken nehmen können.

Analyse von Drohnendaten: Die 3D-Punktwolke einer Straßenbrücke ist Zentrum der Infrastrukturplanung. Eine Analyse in ArcGIS Pro untersucht, inwiefern davon Radwege (die per Webdienst eingeladen werden) betroffen sind. Foto: Esri
Für spezielle Analysen werden die Daten an ArcGIS Pro übergeben, dem GIS-Expertenwerkzeug von Esri. Als Beispiel für die erweiterte Analysefunktionen führt Christoph Kany den Bau einer Straßenbrücke an. Der Kunde kann beispielsweise einfach feststellen, ob davon auch umliegende, öffentliche Radwege betroffen sind. „Dazu lädt der Nutzer aus dem umfangreichen Dienste- und Datenangebot von ArcGIS Online zur Beantwortung seiner räumlichen Fragestellungen die jeweiligen Daten in seine Karte“, so Kany. Er kann dabei einfach auswählen, wie die Radwege visualisiert werden sollen und stellt dann unmittelbar fest, ob sich dies mit der Brückenkonstruktion überschneidet.
Eine weitere Analysemöglichkeit ist die Berechnung des Erdaushubs, der durch die Analyse der 3D-Punktwolken berechnet wird. Dies kann der GIS-Planer an die entsprechenden Kostenstellen weitergeben oder an das bauausführende Unternehmen. Je genauer hierbei die erfassten Daten, desto zuverlässiger die Ergebnisse und effizienter die Arbeitsprozesse. „Auch für uns als Lösungsanbieter ist es beeindruckend zu sehen, in wie vielen GIS-Anwendungsfällen sich konkrete Vorteile für die gesamte Organisation ergeben“, so Mirjam Bäumer, Marketing Manager Europe bei Microdrones.
Ausblick KI
Einer der aktuellen Bereiche bei der Entwicklung von GIS-Technologie ist für Esri die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning. Auch dazu gibt es bereits zahlreiche Use Cases zur Nutzung drohnenbasierter Daten. Mit GeoAI gibt es bereits ein Schlagwort, unter dem Esri seit geraumer Zeit Nutzer und darunter zahlreiche Entwicklungen subsummiert. Für das Unternehmen geht es unter anderem darum, KI-Systeme für GIS-Analysen zu nutzen und die Ergebnisse in die Workflows zu integrieren. Zur Anwendung kommt dieses Verfahren etwa bei der Fortführung und Aktualisierung von 3D-Stadtmodellen, bei denen die Drohnendaten mit KI analysiert und Änderungen im Bestand erkannt werden. Zudem soll KI die Klassifizierung einzelner Messpunkte zu Objekten oder Gebäuden unterstützen und stärker automatisieren. Besonders wirksam ist KI bei der Mustererkennung. „So können bei Großveranstaltungen auf Basis der Drohnendaten beispielsweise die Anzahl der anwesenden Menschen automatisch geschätzt werden, Risse in der Oberfläche einer Start- und Landebahn detektiert oder einzelne Bäume im Kronendach identifiziert werden“, beschreibt Kany. (sg)