Seit einem Jahr steht die xPlanBox von lat/lon als Open-Source-Lösung zur Verfügung. Die Cloud-Lösung unterstützt eine Dienste-basierte vernetzte Zusammenarbeit bei der Bauleitplanung.
Es gibt Mailboxen, Paketboxen, Lautsprecherboxen oder Pferdeboxen. Boxen im Allgemeinen sind Behältnisse, die auf standardmäßigen Formen basieren, massenhaft gefertigt werden und demnach großen Praxisnutzen haben können. Im Bereich XPlanung gibt es mit der xPlanBox eine Software, die einer ähnlichen Idee folgt: Sie soll einfach, schnell und kostengünstig anwendbar für alle sein, die mit dem Bereich der Bauleitplanung zu tun haben. Dazu hat der Entwickler, die Firma lat/lon GmbH aus Wachtberg bei Bonn, die Software, die sie seit rund 10 Jahren anbietet, im letzten Jahr komplett über die OpenCoDE-Plattform zur Verfügung gestellt, sprich eine state of the art Open Source Lösung daraus gemacht.
Die „Box“ ist zu einer kostenfreien Lösung geworden. Sie folgt Standards, die von allen eingesetzt werden können und ist vollständig Cloud-
basiert. So schöpft sie die Möglichkeiten des neuen Standards voll aus und wird den Anforderungen des Onlinezugangsgesetz (OZG) im Themenfeld Bauen & Wohnen (Umsetzungsprojekt Bürgerbeteiligung und Information) gerecht. „Die Dienstebasierte Vernetzung über die Cloud ermöglicht die übergreifende Nutzung der Planwerke über die gesamte Wertschöpfungskette“, sagt Torsten Friebe, Geschäftsführer von lat/lon. Das Unternehmen hat dafür die notwendigen Entwicklungsmeilensteine gemeistert. Die xPlanBox basiert auf einer durchgängigen SaaS-Infrastruktur, nutzt Container-Dienste und die Kubernetes-Technologie, mit der die Containerdienste orchestriert werden können. Damit ist es möglich, die von der XLeitstelle Planen und Bauen in Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung der Behörder für Stadtentwicklung und Wohnen nach dem EfA-Prinzip entwickelten Anwendungen (bei denen lat/lon auch maßgeblich beteiligt war) in die Praxis zu bringen – mit der notwendigen Performance, der IT-Sicherheit und der entsprechenden Einfachheit in der Bedienung. „Wir haben bereits viele Kommunen, weitere Bundesländer und kommunale Dienstleister als Kunden gewonnen, die das entstandene Ökosystem rund um die xPlanBox sehr produktiv nutzen“, so Friebe.
Damit wird auch der Grundgedanke des OZG und dass damit zusammenhängende EfA-Prinzip unterstützt – und zwar, ohne dass die einzelnen Akteure in den Mantel einer vorgefertigten Lösung gezwungen werden müssen. Individuelle Ausprägungen und Anpassungen werden dabei im Rahmen von professionellen Services und Weiterentwicklungen von lat/lon erledigt – was dem eigentlichen Geschäftsmodell der auf Open-Source spezialisierten Firma entspricht. „Wir dienen damit auch als Schnittstelle im Erfahrungsaustausch, denn es kommt häufig vor, dass der eine vom anderen lernt“, so Friebe. So sei beispielsweise in der Hamburger EfA-Lösung durchaus auch eine spezifische „Handschrift“ erkennbar, die für den einen Nachnutzer nützlich ist, für den anderen nicht. Langfristig werden die Standards der Bauleitplanung immer mehr harmonisiert, aber kurzfristig gebe es durchaus Platz für eine auch nötige Individualisierung.
Maßgeblich seien aber die Vorteile des EfA-Prinzips, beispielsweise auf dem Gebiet der DiPlanung-Plattform (https://www.diplanung.de), nutzbar. Diese in Hamburg entwickelte Lösung bildet alle Prozesse der Beteiligung der Öffentlichkeit under Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Planung ab. Ebenso können Anwender:innen den XPlanValidator nutzen – eine Software die ebenfalls Open Source ist und als Teil der xPlanBox auch von
lat/lon entwickelt wird, die prüft, ob XPlanGML-Dokumente technisch korrekt sind. lat/lon entwickelt diese Software aktuell im Auftrag der XLeitstelle weiter, um die Validierung auf dem neuesten Stand zu halten. „Ziel ist es, dass alle Anwender mit dem XPlanValidator allein alle spezifischen Ausprägungen bei der Datenmodellierung berücksichtigen können“, so Friebe. Ergänzend dazu gibt es seit kurzem auch das QGIS-basierte Open-Source-Plugin „XPlan-Reader“, mit dem alle Nutzer desktopbasiert GML-Dateien visualisieren können.
Mit dem jetzt erreichten Reifegrad des Ökosystems rund um die xPlanBox steht der breitflächigen Nutzung nichts mehr im Wege. „Auch privatwirtschaftliche Unternehmen können dies produktiv nutzen“, sagt Friebe. Dabei stellt lat/lon seine Entwicklungskompetenz auch für diese Nutzergruppe zur Verfügung. „Noch gibt es in der kommunalen Praxis eine große Varianz bei den genutzten Daten zur Bauleitplanung. Bis sich hier ein einheitlicher Standard etabliert wird, der allen nutzt und alle Vorteile der einzelnen Lösungen in sich aufgesogen hat, wird noch einige Zeit vergehen“, so Friebe. Vor diesem Hintergrund sei die xPlanBox auch als Reifebox zu verstehen, die das notwendige Klima bereitstellt, innerhalb dem sich der Datenstandard nachhaltig entwickeln kann.
Anwendungsfall RVR
Ein Anwender der xPlanBox ist der Regionalverband Ruhr mit seinen 15 Mitgliedern. Der RVR stellt mit seinem interkommunalen Geonetzwerk Metropoleruhr unter anderem die Bauleitpläne seiner Mitglieder im Rahmen eines Geoportals online zur Verfügung.
Die meisten Städte liefern inzwischen auch XPlanGML-basierte Dokumente sowie die Flächenumringe vor dem Hintergrund der europäischen INSPIRE-Richtlinie. Der RVR hatte bereits 2019 mit XPlanung begonnen und seine Mitgliedskommunen gebeten, neben den Umringen weitere Attribute zu liefern. „Ein Großteil der kleineren Kommunen wartet noch ab, sie haben auch nicht die personellen Ressourcen, um alle Pläne XPlanungs-konform zu digitalisieren“, weiß David Arndt, Teamleiter beim Team Geodaten-Technik beim Regionalverband Ruhr. „Wir leisten noch viel Überzeugungsarbeit und werben für die Mehrwerte einer durchgängigen und vollvektorisierten Bereitstellung der Bauleitpläne. Aber uns ist bewusst, dass dies einen großen Aufwand bedeutet und die Mitarbeiter:innen erst in zehn Jahren maximal von den Vorteilen profitieren werden“, so Arndt. Vor diesem Hintergrund hat das Land NRW einen Rahmenvertrag organisiert, der Kommunen bei der nachträglichen Digitalisierung von Bebauungsplänen mit bis zu 50 Prozent fördert. Es muss kein eigenes Vergabeverfahren durchgeführt werden. In einigen Regionen des Ruhrgebiets gibt es rechtskräftige Bebauungspläne, die über 100 Jahre alt sind.
Auch für die Portallösung beim RVR gilt es, mit der Heterogenität der Pläne umzugehen. Schließlich lässt das XPlanungs-Gesetz einen großen Spielraum, wie die Pläne XPlanungs-konform aufbereitet werden müssen. Zwischen einer einfachen Umrandung und der voll vektorisierten Variante, bei der allen Sachdaten die entsprechenden Flächen zugeordnet werden können, gibt es viele Abstufungen. „Die Erfassungstiefe ist sehr unterschiedlich“, sagt Laura Klement, XPlanungs-Spezialistin beim RVR. Auch bei der Datenmodellierung merke man die jeweilige „Handschrift“ der Kommunen. „Jede Kommune arbeitet ein bisschen anders“, so Klement.
Der RVR kümmert sich um die Validierung der Daten und die Bereitstellung der Dienste. Dazu nutzt er den XPlanValidator, der in die xPlanBox integriert ist. Der RVR steht voll hinter dem Efa-Prinzip und will mit der XPlanBox alle Dokumente in einer zentralen Anwendung bereitstellen. Zukünftig könnte auch DiPlanung unterstützt werden, um den Kommunen ein digitales Beteiligungsverfahren zu ermöglichen.
Grundsätzlich folgt der RVR dabei den Lösungen, die in Hamburg entwickelt wurden. „Wir stehen mit der dortigen Leitstelle schon länger in Kontakt und haben die dort entwickelte Lösung immer sehr positiv bewertet“, so Arndt. Zudem gebe es den Bedarf der Mitglieder nach einer einheitlichen Lösung. „Für uns ist es auch sehr wichtig, dass die xPlanBox Open Source zur Verfügung gestellt wird, da das Geonetzwerk Metropoleruhr im RVR im Bereich der GDI-Technologie ausschließlich auf Open Source Lösungen setzt, schließlich sollen die entwickelten Lösungen auch von den Kommunen einfach und lizenzkostenfrei nachgenutzt werden können.