Geoplex erweitert seine Anwendung PlexMap 3D um Simulationen. Dies schafft den missing link für die Realisierung von Umweltanalysen und -simulationen auf Basis von 3D-Stadtmodellen.
Auf Besucher des Kölner Dom warten viele kulturelle Überraschungen. Eine davon lässt sich unmittelbar vor dem gotischen Bauwerk auf der Domplatte erleben: Es weht nämlich meist ein strammer Wind, der im Winter schnell für kalte Nasen sorgen kann – und das auch bei scheinbar windstillen Tagen. Für genau dieses Phänomen gibt es im Englischen den Fachausdruck Pedestrian Wind Comfort, der sich in Deutschland unter dem Begriff Windkomfort schnell verbreitet. Mit einher geht die Verwendung von Simulationen bei architektonischen oder städtebaulichen Planungen, die auch Fragen zur Luftqualität oder Schadstoffausbreitung beantworten können.
Simulation aus dem GIS ansteuern
Bauwerksaerodynamische Untersuchungen wurden bislang meist in Windkanälen durchgeführt, deren Ergebnisse sich jedoch wenig skalieren lassen., vor allem in Hinblick auf zusammenhängende Untersuchungen größerer räumlicher Gebiete und insbesondere im Hochbau.
Simulationen bieten dafür eine technologisch sinnvollere, weil flexible und kostengünstige Alternative. Doch nun gibt es einen innovativen Ansatz, der erstmals 3D-Stadtmodelle und Simulationstechnik direkt miteinander verbindet. Vorgestellt wurde er von der Geoplex GIS GmbH aus Osnabrück, die eine Partnerschaft mit dem Simulationsexperten HOMMEL & GRAF ENVIRONMENTAL (HGE) UG aus Hamburg eingegangen ist. „Wir sind davon überzeugt, dass wir als GIS-Unternehmen die notwendige Plattform dazu bieten. Nun haben wir auch einen Simulationsspezialisten gefunden, mit dem wir solche Szenarien in die Praxis umsetzen“, sagt Frederik Hilling, Geschäftsführer der Geoplex GIS GmbH.
Kasten: PlexMap 5
Simulationen in 3D-Stadtmodellen ist Teil von der neuen Version PlexMap 5. Weitere neue Features sind die Integration von Drohnendaten, neue Darstellungsmöglichkeiten für 3D-Meshes sowie die Visualisierung von Schrägluftbildern. Zudem gibt es ein Update des PlexMap Switchboards, das wichtige Arbeitshilfen mitbringt, etwa die „Context-View“, die PlexMap-Prozesse in einer vertikalen Ansicht übersichtlich darstellt.
Besonderheit dabei ist, dass der Nutzer direkt aus PlexMap von Geoplex die Wind-Simulation für das entsprechende Gebiet starten und auswerten kann. Die GIS-Software ist als Internetanwendung direkt an die Simulationen, die auf einer Hochleistungsserver-Infrastruktur laufen, verbunden. Über das Geoplex-Switchboard, dem Modul für automatisierte Daten-Workflows und ETL -Prozesse, wird dabei der Prozess der Datenaufarbeitung für die Simulation automatisch gesteuert. „Das ist zum einen sehr intuitiv, da der Nutzer sich nicht noch in ein Simulationsprogramm einarbeiten muss, zum anderen muss der Nutzer keine Investitionen in die für Simulationen anspruchsvolle IT-Infrastruktur tätigen“, so Hilling. Neben Wind unterstützen die Systeme auch andere umweltrelevante Simulationen etwa für Hochwasser, Hitze, Luftqualität (Ausbreitung von Rauch oder Schadstoffen ) oder Schallemissionen.
Beide Seiten profitieren
Simulation und GIS, das ist eine innovative Verbindung, von der beide Seiten profitieren. „Bisher gab es eine Maßstabs-Lücke in der Simulationswelt: zwar sind die Bereiche Klima und Meteorologie natürlich per se hochentwickelt. Für Anwendungsfelder wie beispielweise Windströmungen in der Stadt lagen die notwendigen Daten bisher jedoch nicht vor “, beschreibt Dr. René Hommel, Geschäftsführer der HGE.
Die Ursache liegt bei den fehlenden Daten für die standortbezogenen Umwelt-Simulationen. Diese sollten geografische sowie Klima- bzw. Wetter-Daten und objektbezogenen Fachdaten aus den Bereichen Gebäude/Architektur (BIM) umfassen . „Die Herausforderung liegt darin, diese Daten aus den jeweiligen Fachsystemen zu extrahieren und simulationsgerecht aufzuarbeiten“, so Hommel. Dies gelte vor allem für die Geodaten. Zwar gebe es mit CityGML einen Geodaten-Standard, in dem die Datensubstanz enthalten war, „bisher waren die GIS-Systeme aber schnell überfordert oder nicht geeignet, diese automatisiert für die Simulation zu exportieren“, so der Experte . Umgekehrt seien auch die Simulationstools dazu aufgefordert, den Import der Geodaten zu unterstützen, was nicht immer gegeben sei. Der Schlüssel liege zum Beispiel darin, die Datenmenge und Detailfülle richtig zu reduzieren und die wichtigen Inhalte fachgerecht zu modellieren – eine Aufgabe „die von einem GIS nur gelöst werden kann, wenn das GIS die entsprechenden Workflows für die automatisierten Datenmodellierung und den -export bereitstellt“, so Hommel. „Mit Switchboard haben wir endlich den missing link zwischen GIS und Simulation am Markt gefunden.“
Konkret bedeutet das, dass Anwender nun aus dem WebGIS heraus die Simulation definieren und ansteuern können, ohne dass sie dafür das Expertentool für die Simulation bedienen müssen. Damit können dann beispielsweise bereits GIS-Nutzer erkunden, wie Neubauten das städtische Mikroklima und das damit verbundene Windströmungsfeld verändern können.
Branchenstandards für Windanalyse
Dass umweltbezogene Analysen für Städte aktuell wichtig sind und in Zukunft an Bedeutung gewinnen, dürfte niemand bestreiten. Doch den Themen fehlen in Deutschland teilweise noch die professionellen Standards. Im Bereich Windkomfort beispielsweise entstehen erst jetzt Branchenstandards, die derzeit vorwiegend in Großbritannien und in Skandinavien auch in der Praxis genutzt werden. Mit der Simulation via 3D-Stadtmodell dürfte sich dieser Prozess beschleunigen. „Man kann Ergebnisse sehr intuitiv auf Basis eines 3D-Modells darstellen“, so Hommel. Dies ergebe verständliche Visualisierungen, die gleichzeitig benutzerfreundlich und inspirativ sind, so dass die Integration in die Planungsprozesse einfach zu realisieren ist. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Maßnahmen zur Steigerung des Windkomforts, beispielsweise die Anpflanzung von Vegetation oder gebäudetechnische Maßnahmen, in ihrer Wirkung gut virtuell dargestellt werden können. „In skandinavischen Ländern, in Großbritannien oder den USA ist das Thema Windsimulation daher schon viel weiter fortgeschritten“, sagt Hommel.