Im Gegensatz zu den Sparten Strom, Wasser, Abwasser und insbesondere Gas stellen Kabelnetze eine geringere Gefahr für Leib und Leben dar. Diese „besondere“ Situation der Kabelnetzbetreiber ist ein Grund dafür, dass die Dokumentation und Leitungsauskunft von Kabelnetzwerken im Vergleich weniger reguliert sind und der dazugehörige Softwaremarkt weniger intensiv von weltweit tätigen GIS-Anbietern bedient wird als bei den übrigen Sparten. GIS für Kabelnetzwerke, das ist weiterhin ein Sonderfall.

Kabelnetze haben besondere Anforderung an die GIS-Dokumentation. Webbasierte Systeme halten erst seit einigen Jahren Einzug. Foto: Unitymedia
Genau in dieser Nische ist der Softwarehersteller cosymap GmbH aktiv. Das Leipziger Unternehmen ist vor zehn Jahren aus Teilen der ehemaligen MUM-Tochter creaTa Software GmbH entstanden. Die inhabergeführte GmbH arbeitet europaweit und ist darauf fokussiert, die Besonderheiten des Kabelnetzes softwaretechnisch abzubilden.
Als Basis für die Dokumentation der Kommunikationsnetze haben sich daher beispielsweise CAD-Systeme stärker verbreitet als die sonst im Leitungsbereich üblichen Geoinformationssysteme (GIS). CAD-Systeme sind aber in der Regel nicht für ein Datenbank-basiertes Management, wie es im GIS-Bereich üblich ist, ausgelegt. Viele Unternehmen im Kommunikationsbereich arbeiteten daher mit Datei-orientierten Strukturen. Die Umstellung auf ein datenbankorientiertes Arbeiten wurde zudem erschwert, weil – vor allem beim marktführenden Programm AutoCAD – die Umstellung auf eine Datenbank mit größeren Veränderungen der Benutzerschnittstelle verbunden ist.
Vor diesem Hintergrund entstand das aktuelle Angebot von cosymap. Der Autodesk-Entwicklungspartner bietet seit rund fünf Jahren eine komplette GIS-Lösung bestehend aus dem WebGIS cosymap und der AutoCAD Map/Civil App flexiCAD an.
Multidatenbank-Konzept
flexiCAD ist eine auf AutoCAD Map/ Civil basierende App, die trotz datenbankbasierter Arbeitsweise dem Anwender dieselben Werkzeuge und die gewohnte Benutzeroberfläche zur Verfügung stellt. „Damit erfüllen wir die Anforderungen an ein modernes GEO-datenbankbasiertes Anlagen-Inventory- System, wie es bereits bei sehr großen Netzbetreibern üblich ist, bei gleichzeitig geringeren Anschaffungskosten und höherer Akzeptanz bei den Nutzern durch Beibehaltung der gewohnten Arbeitsumgebung“, erklärt Thomas Schamal, CTO von cosymap.

Die Leitungsauskunft von cosymap ist speziell auf Kabelnetzbetreiber und ihre Bedürfnisse ausgerichtet. Foto: cosymap GmbH
flexiCAD kümmert sich dann im Wesentlichen um die Einhaltung von Zeichnungsstandards und um die Aktualisierung der Daten. Unterstützt wird die Datenhaltung in einer Oracle-Datenbank, inzwischen ist dies aber auch mit MS SQL und PostgreSQL möglich. Besonderheit ist zudem, dass auch Multidatenbank-Modelle realisiert werden können. Das heißt, unter einer einheitlichen Nutzeroberfläche sind die Daten verschiedener Netzbereiche in unterschiedlichen Datenbanken mit ihren jeweils eigenen Modellen möglich. Dies ist wichtig, weil im Kabelnetz-Segment eine starke Marktkonsolidierung stattgefunden hat, sprich neu entstandene Unternehmen haben oft mehrere Netzdatenbanken, die aufgrund ihrer eigenständigen Historie nur äußert schwer und zu horrenden Kosten homogenisiert werden könnten und so weiterhin einzeln gepflegt werden.
cosymap heißt die WebGIS-Lösung des gleichnamigen Unternehmens. Sie beinhaltet drei Fachanwendungen. Eine Online-Leitungsauskunft, ein unternehmensinternes WebGIS für Vertrieb, Dokumentation und den Netzbetrieb sowie eine mobile Netzauskunft und Erfassung. „Auch das Thema WebGIS wurde bei Kabelnetzbetreibern erst später nachgefragt als beispielsweise bei Strom, inzwischen ist dies aber auch das Top-Thema der Branche“, weiß Schamal.
Tele Columbus AG
cosymap zählt eine große Anzahl Kabelnetzbetreiber zu seinen Kunden. Einer der wichtigsten ist die Tele Columbus AG, der drittgrößte deutsche Kabelnetzbetreiber, der seine Produkte unter dem Markennamen Pyur (gesprochen wie das englische pure) anbietet. Die Marke entstand im Jahr 2017 im Rahmen des Zusammenschlusses der vier Kabelnetze primacom, HL komm, pepcom und Tele Columbus, und bedient aktuell rund 3,3 Millionen deutsche Haushalte mit Fernsehen, Telefon und Internet.

Aktuell etabliert sich beispielsweise das Verlegeverfahren des Microtrenching, bei dem die Oberfläche lediglich „aufgeschlitzt“ wird. Foto: Unitymedia
Tele Columbus arbeitet mit flexiCAD, um die Konstruktions- und Geodaten der Kabelnetze im DWG-Format vollständig und blattschnittlos in einer Oracle-Datenbank zu speichern. Durch Firmen- und Netzübernahmen existieren in einigen Großstädten wie Berlin und Leipzig bis zu vier verschiedene Anlagendokumentationen, die weiterhin getrennt beauskunftet werden müssen. Bei den aktuell 100.000 Leitungsanfragen pro Jahr (Tendenz steigend) stellt dies eine verwaltungsintensive Aufgabe mit hohem Kostenaufkommen dar. Aus Sicht der Bauunternehmen bestand die Herausforderung eines unübersichtlichen Auskunfts-Prozesses im Zuge der parallelen, verschiedenartigen Anfragen.
Mit cosymap erhält nun seit 2014 jeder berechtigte Anwender Einsicht in die aktuelle Netzdokumentation, die zudem mit weiteren Unternehmensdaten verknüpft ist. Im Rahmen der Anwendung kann der Kabelnetzbetreiber Verfügbarkeitschecks schnell ausführen und beim Anschluss neuer Kunden automatisch Vorschläge zur Netzerweiterung inklusive Kostenrechnung generieren. Auch die cosymap Online-Leitungsauskunft befindet sich zurzeit in der Einführungsphase und geht voraussichtlich Ende März in den produktiven Betrieb. (sg)