Bei einer Fahrbahnsanierung in Bad Boll kam das SmoothRide-System von Topcon zum Einsatz, das sich mobile Scanner, 3D-Modelle und Punktwolken zu Nutze macht.
Eine vernetzte Baustelle, bei der Baumaschinen, Planer, Bauüberwacher und Vermessung miteinander kommunizieren und Prozesse automatisiert werden, das war Gegenstand des Forschungsprojektes SmartSite im Jahr 2016. Nun haben sich die dort erarbeiteten Grundlagen für eine dynamische, reaktive Bauprozesssteuerung in der Praxis bewährt. Die Unternehmen Topcon GmbH und Ammann Group haben mit ihren Partnern auf der Verbindungsstraße zwischen Bad Boll und Bezgenriet die Fahrbahnsanierung erstmals unter realen Bedingungen optimiert. Dies war sogar dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann einen Besuch vor Ort wert. Dabei formulierte er als Ziel, dass ab 2018 der Einsatz von hochgenauen mobilen Scannern zur Erstellung von Punktwolken und einem 3D-Modell im Straßenbau verbindlich sein sollen.
Auf gut zwei Kilometern Strecke wurde die Verbindungsstraße zwischen Bad Boll und Bezgenriet grundhaft saniert und eine komplett neue Oberfläche eingebaut. Federführend bei der ersten realen Umsetzung waren die Unternehmen Topcon mit dem eigenen SmoothRide-System und Ammann mit der fachgerechten Verdichtung durch Walzen mit intelligenter Verdichtungsregelung und Messung sowie der Topcon-Maschinensteuerung zur flächendeckenden Verdichtungskontrolle.
Intelligente Verdichtungskontrolle
Das SmoothRide-System besteht aus dem Dreischritt „Scannen-Planen-Bauen“. Das Besondere an diesem Prozess ist, dass zur Berechnung – etwa der exakten Frästiefe – kein absoluter Höhenbezug mehr notwendig ist. Das SmoothRide- System nutzt rein die vom Straßenscanner RD-M1 gescannten Daten der Bestandsoberfläche. SmoothRide ist nach Angaben von Ammann dazu in der Lage, den gesamten Bauprozess schneller und wirtschaftlicher umzusetzen.
Willi Reutter, Application Manager Heavy Equipment bei Ammann, kommentiert: „Wir hatten im Forschungsprojekt bereits wichtige Erfahrungen gesammelt, die wir hier in dieses Projekt einfließen lassen konnten. Das Zusammenspiel von Sensortechnik, Maschinensteuerung und der flächendeckenden Verdichtungskontrolle auf unseren drei ARP 95-Walzen mit ACEpro hat ausgezeichnet funktioniert. Die von der Planung vorgegebenen Soll-Daten konnten wir mit der in den Walzen verwendeten intelligenten Verdichtungsregelung ACEpro präzise umsetzen“. Bei der Bedarfsplanung kam die Asphaltwalze ARP 95 mit flächendeckender Verdichtungskontrolle zum Einsatz. Die Tandemwalze mit einem Gewicht von 9,5 Tonnen ist gerade für mittlere und große Straßenbauprojekte konzipiert.
Die angereiste Delegation um Verkehrsminister Winfried Hermann war von der Präzision des SmoothRide-Systems beeindruckt, sodass der Minister seine Ankündigung bekräftigte, ab 2018 bei Straßensanierungen ein Verfahren mit vorherigem Scan der Straße und genau definierter Punktdichte sowie Genauigkeit verpflichtend einsetzen zu müssen.
SmoothRide Verfahren
Raimo Vollstädt, Support GeoPositioning & Machine Control bei Topcon und Projektleiter bei dieser Baumaßnahme, stand über eine Stunde lang Rede und Antwort bei Fragen der Politiker: „Wir freuen uns sehr, dass unsere Technologie auch von der Politik so gut angenommen wird – und das Ergebnis spricht ja für sich. Trotz eines engen Zeitplans und Wetterkapriolen konnte das Bauunternehmen pünktlich eine optimal sanierte Straße übergeben“. Das SmoothRide-Verfahren von Topcon kommt bei einer Baumaßnahme wie dieser wie folgt zum Einsatz: Zunächst wird per Überfahrt mit dem Scanner RD-M1 der Ist-Zustand erfasst. Diese Daten fließen dann in die Software MAGNET Office Resurfacing und werden zu großen Punktwolken und zum Modell der Fahrbahn. Die RDMC-Maschinensteuerung kann mit diesen Daten den Fräsvorgang exakt ausführen. Durch diese einzigartige Technologie können die eingesetzten Fräsen mit variabler Tiefe immer genau auf das richtige Sollmaß pro Durchlauf abtragen. Beim anschließenden Einbau der Tragschicht asphaltieren die Fertiger, ebenfalls mit SmoothRide-Technologie ausgestattet, auch immer nur in der notwendigen vorgegebenen Stärke. Dabei wird der prozentuale Verdichtungsfaktor berücksichtigt. So lässt sich nach dem Abwalzen eine gleichmäßige, ebene Asphaltoberfläche in der erforderlichen Schichtstärke erzielen. Binder und Decke können somit einfach nach Stärke eingebaut werden.
Auch wie schon im vorhergegangenen Forschungsprojekt stammt der Heißasphalt aus der nahe gelegenen Asphaltmischanlage in Gruibingen – ein wesentlicher Faktor, denn Distanz und Zeit spielen eine große Rolle beim Transport des Materials hin zur Baustelle. So konnte durch kurze Wege zwischen den verschiedenen Schauplätzen des Gesamtprojekts garantiert werden, dass die Asphaltmischung die richtige Temperatur behält.
In der Praxis sind sämtliche Prozesse über eine cloud-basierte Lösung aufeinander abgestimmt. Das Mischwerk produziert zum definierten Zeitpunkt die exakte Menge Mischgut und verlädt dies auf die ebenfalls getakteten LKW. Die LKW fahren zum Beschicker. Sie versorgen diesen pünktlich mit der genau festgelegten Asphaltmenge, die auch die zum Einbringen richtige Temperatur aufweist. Dadurch ist das Fertiger-Team in der Lage, das Mischgut optimal einzubringen.
Anschließend folgt gleich die Walze mit intelligenter Verdichtungsmessung sowie Regelung und verdichtet die Asphaltschicht im genau richtigen Maß. Sensoren in den Ammann-Walzen messen die Temperatur und die entwickelte Verdichtungsenergie. Diese Daten werden in die Topcon Walzensteuerung übernommen. Die Zahl der Überfahrten kommt aus der GNSS-Position der Walze. Die Bestandshöhe wiederum wird über hochsensible Sensoren wie den Sonic Tracker ST-3 gemessen. Zu guter Letzt fließen auch Wetterdaten in die Planung mit ein – etwa bei aufkommendem Regen oder starkem Wind – was das System den Prozessmanagern meldet. Ziel ist, den Einbau schnell, hochgenau, ressourceneffizient und nachhaltig abzuwickeln. Um prompt auf aktuelle Ereignisse zu reagieren, bietet das cloudbasierte System Rückmeldungen in Echtzeit und Möglichkeiten, um in den Arbeitsablauf einzugreifen.
Viele kleine Details, wie der exakte Geländeverlauf, die Menge und Temperatur des angelieferten Mischguts sowie Einbauhöhen, haben starken Einfluss auf die Qualität der fertigen Straße – daher bietet eine intelligent digital gesteuerte und vernetzte Baustelle großes Potenzial. In konkreten Zahlen: Untersuchungen haben ergeben, dass eine Straße bis zu 30 Prozent länger hält, wenn das verarbeitete Mischgut eine konstante Temperatur hat. Daher haben sowohl die Auftraggeber als auch die Anwohner und die ausführenden Unternehmen ein großes Interesse am Einsatz dieser Zukunftstechnologie.