Die Terra-Digital GmbH aus Hofheim am Taunus hat sich auf die Ortung von Leitungen mittels Bodenradaren spezialisiert. Geschäftsführer Wilhelm Dresselhaus sieht nun die Branche in der Pflicht, die neue Technologie in ihre Prozesse zu integrieren.
Es ist eine alte Wahrheit: Wesentliche Voraussetzung für ein gutes, funktionierendes Bauprojekt ohne böse Überraschungen sowohl für die bauausführende Firma als auch den Bauherren ist eine belastbare, exakte und vollständige Planung des gesamten Bauprozesses. Doch was spätestens mit der Einführung der BIM-Methodiken für Gebäude und Infrastrukturbauprojekte gilt, findet derzeit seine Grenzen bei der Leitungsplanung. Zu oft noch herrscht Unkenntnis über die Lage und Tiefe von unterirdischen Kabeln, Rohren und Leitungen. „Zwar gibt es mit dem Bodenradar mittlerweile eine Technologie, die hier Abhilfe verspricht und Leitungen auch ohne Grabungen und unabhängig ihrer Dimensionierung sowie ihres Materials detektieren kann, doch innerhalb der Branche fehlt es nach wie vor an Wissen, was die radargestützte Leitungsortung überhaupt ist und welchen Nutzen sie verspricht“, weiß Wilhelm Dresselhaus, Geschäftsführer der im August 2018 gegründeten Terra-Digital GmbH, die sich auf Lösungen zur Leitungs- und Kabelortung sowie Bodensondierung spezialisiert hat.
Leitungsortung meint das georeferenzierte Lokalisieren von Leitungen, Kabeln und Rohren im Baugrund. Das wichtigste Werkzeug dabei ist das sogenannte Bodenradar. Bei der Terra-Digital kommen gleich drei verschiedene Bodenradare von Leica zum Einsatz: der DS2000, der Stream C und seit wenigen Wochen auch der Stream Up, die jeweils für unterschiedliche Anwendungsfälle konzipiert wurden. Der IDS Stream C ist ein Mehrkanalgerät und hat eine Zentralfrequenz von 600 Mhz und kann mit einem Arbeitsgang für quer und längs verlaufene Leitungen genaue Ergebnisse liefern, der DS2000 arbeitet hingegen mit einer zentralen Antennenfrequenz von 700 Mhz und gleichzeitig 200 Mhz. Damit kann in nur einem Messschritt in unterschiedlichen Tiefen gemessen werden. Der leistungsfähige Stream Up verbindet diese Vorteile miteinander. Das Gerät arbeitet mit 200 Mhz und 600 Mhz, misst quer und längs verlaufene Leitungen und wird von einem Auto gezogen. „Die Technologie gibt es schon seit einigen Jahren und die Leistungsfähigkeit der Anwendung ist mit den modernen Auswertemethoden so stark gewachsen, dass wir sehr belastbare Ergebnisse produzieren können“, so Dresselhaus. Insbesondere dann, wenn das Bodenradar um die Vermessung von sichtbaren Leitungsmerkmalen, beispielsweise Hydranten, und Orthofotos ergänzt wird und auf dieser Basis ein digitales, genaues, dreidimensionales Abbild des Baugrunds modelliert werden kann, spielt die Technologie ihre Stärken aus. „Im Zusammenspiel des Bodenradars und anderer Vermessungstechnologien können wir gewissermaßen einen Digitalen Zwilling des Baugrunds entwickeln – mit allen Vor- und Nachteilen. Auch können der Verlauf und die Tiefe aller Leitungen flächendeckend nachverfolgt werden“, berichtet der Terra-Digital-Geschäftsführer.
Ein Bodenradar ermöglicht somit die zentimetergenaue Ortung von allen Leitungstypen bei Projektgrößen bis zu mehreren Hundert Kilometern Trassenlänge – auch von Kunststoff- und/oder Telekommunikationsleitungen. „Es konnten sogar dünne Lichtwellenleiter (LWL)-Kabel mit dem Bodenradar detektiert werden“, so Dresselhaus. Zudem können Bodenanomalien wie Fundamente oder Hohlräume mit der Lösung geortet werden. „Mit unseren Geräten werden sogenannte Radargramme erzeugt, die softwaregestützt ausgewertet und analysiert werden“, so der Geschäftsführer. Im höchsten Qualitätslevel A kann der Auftraggeber mit einer Genauigkeit der (Tiefen-)Lage von 10 Zentimetern rechnen. Als Ergebnis entstehen Dokumentationen entweder in Form von 2D-Karten inklusive Tiefenangaben, die in PDF-Formaten oder in Standard-3D-Formaten (z.B. als .dxf- oder shapefile-Dateien) für CAD oder Geo-Informationssysteme ausgegeben werden.
Geringere Belastung für Anwohner, Verkehr und Umwelt
Weil alle Leitungen durch den Einsatz von Bodenradaren in Lage und Tiefe genau abgebildet werden, sollen stichpunktartige Suchschachten der Vergangenheit angehören. „In der Folge ist der Aufwand und die Belastung für Anwohner, Verkehr und Umwelt deutlich geringer. Neben den Suchschachten entfallen somit auch Absperrungen oder Baugruben“, betont Dresselhaus. Das zeigt sich letztlich auch in finanzieller Hinsicht: im Vergleich zur invasiven Suchschachtung ist das Bodenradar nach Angaben der Terra-Digital bis zu 17 Prozent günstiger. „Darüber hinaus steigt die Sicherheit der Anwender, es wird weniger Personal benötigt und es ergibt sich die Möglichkeit, Maschinensteuerungen einzusetzen. Und es kann letztlich schneller gegraben werden, da es deutlich weniger Unterbrechungen oder gar Leitungsschäden gibt“, so der Terra-Digital-Geschäftsführer.
Den Vorteilen zum Trotz hat sich die Technologie in der Branche bisher noch nicht flächendeckend durchsetzen können. Doch woran liegt das? „Einerseits sicherlich daran, dass das Bedienen eines solchen Geräts großes Knowhow benötigt“, sagt Dresselhaus. „Wenn man zum ersten Mal die Hyperbeln eines Bodenradars sieht, kann man leicht nachvollziehen warum sich dem Anwender dieses Verfahren nicht sofort erschließt“, so der Spezialist. Um ein verlässliches Ergebnis zu erhalten, sei viel Erfahrung in der Ortung und interdisziplinäres Wissen notwendig: Geophysik, Vermessungswesen und Kenntnisse über Hochfrequenztechnik sowie IT sind wichtig. Andererseits seien die Unternehmen in der Verantwortung, das Verfahren in ihre Prozesse zu integrieren, um aus den Erfahrungen zu lernen und die Vorteile auch nutzen zu können. (jr)