Mit den Lösungen VC View und VC Suite hat Virtual City Systems aus Berlin eine Plattform entwickelt, die durch die Nutzung von 3D-Stadtmodellen und Digitalen Zwillingen dem Management urbaner Ressourcen und Infrastrukturen dient.
Die Bauindustrie ist laut einem Bericht der Vereinten Nationen (UNO) weltweit gesehen für knapp 40 Prozent der CO2-Emissionen und für mehr als ein Drittel des Energieverbrauchs verantwortlich. Gleichzeitig ist klar: der Bund will den nationalen Gebäudebestand klimaneutral gestalten. Was können Entwickler, Wissenschaftler, Planer, Ingenieure und Architekten also tun, um dies zu erreichen? „Gemeinsam anpacken“, betont Stefan Trometer, Geschäftsführer von Virtual City Systems, und erklärt: „Verschiedene Akteure der Planungs- und Bauwirtschaft müssen zur Zielerreichung zusammengebracht werden und zu einer Durchgängigkeit der Daten über alle Phasen der Bauprozesse beitragen.“ Um in diesem Zusammenhang entscheidende Fortschritte erreichen zu können, müssten zunächst die komplexen Herausforderungen der urbanen Realität verstanden und ausgestaltet werden. „3D-Geoinformationen und darauf aufbauende Digitale Zwillinge von Städten und Quartieren sind dafür eine wichtige Basis“, so Trometer.
Für die Virtual City Systems (VCS) GmbH ist die wesentliche Grundlage dafür eine Technologie, die das kollaborative und fachübergreifende Arbeiten in der Stadtentwicklung verbessert und transparente Kommunikation fördert. Daher hat das Unternehmen aus Berlin die Lösungen VC View und VC Suite entwickelt. „Mit VC View und VC Suite entsteht durch die Nutzung von 3D-Stadtmodellen und Digitalen Zwillingen eine zukunftsweisende Plattform, die dem Management urbaner Ressourcen und Infrastrukturen dient, die für die Integration und Vernetzung von Daten sorgt und insbesondere nachhaltige Entscheidungen auf Basis von Analysen und Simulationen ermöglicht“, so der VCS-Geschäftsführer.
Mehr als reine Visualisierung
Dabei muss der Digitale Zwilling nach Ansicht von VCS über die reine Visualisierung von Datenbeständen hinausgehen. Vielmehr müssen den Objekten Funktionen, Beziehungen sowie räumliche und thematische Eigenschaften zugewiesen werden. Zudem muss die Kopplung mit BIM-, IoT- und GIS-Daten sichergestellt sein. „Wird der Digitale Zwilling sukzessive mit diesen Informationen angereichert und verknüpft“, berichtet Trometer, „stellt er eine Plattform dar, die interdisziplinär für unterschiedliche Fragestellungen eingesetzt werden kann und die einen tatsächlichen Mehrwert bietet.“ Auf diese Weise sollen sämtliche Informationen, die im Bauprozess wichtig sind, zentral abrufbar und im Kontext der Stadt im virtuellen Raum erlebbar werden.
Doch wie funktioniert das im Detail? Stefan Trometer erklärt: „Den ersten Schritt stellt die Visualisierung von Datenbeständen, die Integration und Kopplung mit weiteren Systemen sowie die Attributierung von Objekten dar. Dadurch wird zunächst der Ist-Zustand abgebildet.“ Doch das allein reiche noch nicht aus: „Ein großer Mehrwert des Digitalen Zwillings entsteht erst dadurch, dass mithilfe des Digitalen Zwillings bestimmte Was-wäre-wenn-Szenarien schon in den ersten Idee- und Konzeptphasen simuliert werden können. Immer dann also, wenn es konkret darum geht, die beste Lösung in einem komplexen Umfeld zu finden.“
Diese Szenarien betreffen dabei alle Bereiche im urbanen Kontext – von der Stadt- und Verkehrsplanung bis hin zu Umweltsimulationen von Windfeldern, Hochwasser und/oder Starkregen. Mit dem Digitalen Zwilling können vorab Modellierungen und Simulationen für unterschiedliche Szenarien durchgeführt werden, ohne hohe Kosten zu verursachen oder große Risiken eingehen zu müssen. Die Ergebnisse können anschließend fachlich diskutiert und als Entscheidungshilfe herangezogen werden. Nicht zuletzt können die Ergebnisse im Digitalen Zwilling visualisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Beispiele aus der Praxis
Wie das funktionieren kann, zeigt unter anderem die Stadt Lörrach an der Grenze zur Schweiz. Hier stellt die Verwaltung ihren Bürgern ein öffentliches 3D-Stadtmodell zur Verfügung, in dem Entwürfe und Planungen von Bauobjekten im Kontext der Stadtumgebung visualisiert werden. Dadurch ist bereits früh erkennbar, wie sich beispielsweise Sichtachsen verändern und Planungen in die Umgebungsbebauung einfügen. „Der 3D-Kontext macht Planungen für alle verständlicher und ermöglicht somit sachliche, klare und bessere Entscheidungen im Planungsprozess“, betont Trometer.
Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Bremen: mithilfe von VCS führt die Hansestadt für das Plangebiet und Quartier Überseestadt seit Anfang der 2000er Jahre eines der größten städtebaulichen Projekte in Europa zur Hafenrevitalisierung durch. Besonderes Augenmerk dabei liegt auf der Wind- und Klimasimulation. „Dafür wurde das Bremer 3D-Stadtmodell aktualisiert und um konkrete Planungsmodelle und Varianten des Straßenplanungsamtes angereichert. Auf dieser Basis werden nun Wind- und Klimaeffekte mit der Software Ansys Discovery im 3D-Modell simuliert. Mit den erzielten Ergebnissen lassen sich Einflüsse herausarbeiten, Varianten vergleichen und der Nutzen von konkreten Maßnahmen bewerten“, berichtet der VCS-Geschäftsführer. (jr)