Die Siegburger Wierig Profiltechnik GmbH nutzt für die Sanierung von Industriehallen und Dächern eine UAV-Lösung von Microdrones. Ziel ist ein automatisierter Ablauf von der 3D-Punktwolke bis zur Sanierungsplanung.
„Hallensanierung mit System“ – mit diesem Slogan wirbt die Wierig Profiltechnik für ihre Angebote. Das Unternehmen bietet Hallenbau-Management aus einer Hand. Grundlage dafür ist eine Sanierungsplanung, die auf Basis einer 3D-Bestandsaufnahme der Gebäude durch einen Drohnenflug abgeleitet wird. Das per photogrammetrischer Messung erstellte 3D-Modell dient dabei nicht nur als Ausgangspunkt für das zu erstellende Angebot. Der BIM-Gedanke wird hier viel mehr konkret in der Praxis über den gesamten Lebenszyklusses eines Projektes durchgeführt.
Aufmaß schon vor der Angebotsabgabe
Wierig Profiltechnik aus Siegburg bei Bonn ist damit ein Pionier in der Branche. Im Bereich der Sanierung von Industriehallen und Gebäuden ist bisher ein mehrstufiges Vermessungskonzept an der Tagesordnung. In der Angebotsphase werden Gebäude zunächst grob im Bestand erfasst, um damit die Größenordnung von Projekten zu erschließen und so eine halbwegs objektive Grundlage für die Kalkulation zu erhalten. Kommt es dann zum Projekt, ist die nochmalige, genauere Vermessung üblich. Dazu gehört in der Regel – falls überhaupt möglich – eine Begehung des Daches, dem meist sensibelsten Teil von Sanierungen. „Alles in allem ist das eine umfangreiche Arbeit im Außendienst, die zudem dafür sorgt, dass in den Projekten häufig Nachträge gestellt werden müssen. Schließlich basiert die Kalkulation auf rudimentären Daten und dies ist bei nahezu allen Sanierungsprojekten ein Garant für nicht absehbare Entwicklungen“, beschreibt Geschäftsführer Stephan Wierig.
Hinzu kommt: Die Dach- und Wandverkleidungen von Industriehallen werden heutzutage maßgeschneidert an den Bestand angepasst. Jede Verschalung passt also zu 100 Prozent an die vorgesehene Position. Liegt das Aufmaß daneben, müssen die Verschalungsteile aufwendig angepasst oder gar neu gefertigt werden. Um „System“ in diesen Vorgang zu bringen, geht die Wierig Systemtechnik seit ihrer Gründung im Jahr 2012 andere Wege als in der Branche bisher üblich und setzt auf die Vermessung des Bestands via Drohnen. Durch die Hallensanierung mit System verspricht das Unternehmen, dass keine Kostennachträge entstehen. „Unser auf Basis der Drohnenerfassung erstelltes Angebot steht felsenfest, darauf können sich unsere Kunden zu 100 Prozent verlassen“, so Wierig. Die BIM-basierte Methode beinhaltet zwar einen Mehraufwand bereits vor Angebotslegung. „Mit dem Mehr an Transparenz, Zuverlässigkeit und Effektivität wird dies aber um ein Vielfaches kompensiert“, so der Geschäftsführer. Sein bereits heute deutschlandweit aktives Unternehmen verfolgt eine klare Wachstumsstrategie. Durch den Drohneneinsatz wird dieses Ziel untermauert. „Aktuell stehen wir durch unsere Erfahrungen sehr weit vorne im Markt“, ist Wierig überzeugt.
An Qualität führt kein Weg vorbei
Zunächst schaffte der Unternehmer dafür eine Drohne aus dem Einstiegssystem eines chinesischen Herstellers an, um die Gebäude aus der Luft zu vermessen. Da Wierig die per Drohne erstellte Punktwolke und die darauf aufbauende Modellierung über den gesamten Projektverlauf nutzt, wurde schnell klar, wie hoch die Anforderungen an die Genauigkeit sind.
Hintergrund ist die Technik für die Fassaden- und Dachgestaltung. Dieentsprechende Paneelen und Fassadenelemente müssen genau in die Konstruktion eingepasst werden. Die Hersteller sind darauf spezialisiert, Maßanfertigungen herzustellen und benötigen von den Planern dazu die genauen Maße. „Dabei ist Millimeterarbeit gefragt“, weiß Wierig. Fehler beim Aufmaß können demnach hohe Folgekosten in den Projekten verursachen.
Vor diesem Hintergrund hat Wierig Systemtechnik Ausschau nach einer speziellen UAV-Lösung gehalten, die diese Genauigkeitsanforderungen bedienen kann. Fündig wurden die Rheinländer bei der Firma Microdrones in Siegen. Das Unternehmen konzentriert sich auf Vermessungslösungen und bietet eine breite Palette an integrierten Systemen für nahezu jede Genauigkeitsanforderung. Im Spätsommer 2018 schaffte sich Wierig schließlich eine md4-1000+ mit zwei austauschbaren Sensorsystemen an. Zur Ausstattung gehören eine Sony-Kamera RX1R2 und eine Wärmebildkamera (Flir Duo Pro). Beide sind mit einer speziellen Bildstabilisierung (brushless gimbal) ausgestattet. Hier werden bürstenlose Elektromotoren eingesetzt, um die Bewegungen der Drohne exakt auszugleichen und so möglichst stabile Aufnahmen zu erreichen. „Wir können damit zuverlässig die Genauigkeit im Millimeterbereich erzeugen, die wir benötigen“, so Wierig über das neue System.
Forschung und Thermografie
Die Thermographie ist ein neuer Anwendungsfall für Wierig Profiltechnik. Dabei wird per integrierter Wärmebildkamera detektiert, wo Wärmebrücken in der Konstruktion liegen. Dies ist interessant für die energetische Sanierung, wird aber auch bei Solaranlagen genutzt, um Systemfehler zu erkennen.
„Die Vermessung vor Ort dauert in der Regel nur eine Stunde“, berichtet Wierig, der auch selbst als Pilot tätig ist und die Drohnenvermessung als Geschäftsführer sehr eng begleitet. In diesem Zeitraum werden auch Passpunkte eingemessen, die notwendig sind, um Punktwolken in höchster Genauigkeit zu erhalten. Für die Datenauswertung setzt das Unternehmen Software von Agisoft ein.
Die Drohnenabteilung von Wierig Profiltechnik umfasst inzwischen drei Mitarbeiter, aktuell stellt das Unternehmen einen weiteren Spezialisten für Photogrammetrie ein. Schließlich wartet auf die Spezialisten auch ein Teil Entwicklungsarbeit. „Unser Ziel ist, von der Datenaufnahme bis zur Planung einen weitestgehend automatisierten Prozess umzusetzen“, beschreibt der Bauingenieur. Dazu sei umfassende Entwicklungsarbeit notwendig.
Vor diesem Hintergrund ist das Unternehmen auch bei Forschungsprojekten aktiv. In einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Kooperationsnetzwerk arbeitet Wiering Profiltechnik beispielsweise mit der RWTH Aachen an der Verbesserung der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz bei Gebäudehüllen. Dabei sollen Bauteile und Verbindungen sowie neue Verfahrenstechniken zur Berechnung und Montage innovativer Technologien erforscht werden. Die mit Wärmebildkameras bestückten Drohnen sollen dabei Wärmebrücken identifizieren. (sg)