Das Ziel einer großangelegten Forschungskooperation in Österreich ist es, Daten zum Gesundheitszustand des Waldes schnell, genau und umfassend zu erfassen. Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf), größter Waldbewirtschafter des Landes, setzen dazu auf Künstliche Intelligenz (KI) und Fernerkundung, um eine Datenbasis für eine nachhaltige Bewirtschaftung ihres Waldbestandes zu gewinnen. Vor allem für entlegenere Waldgebiete, die zu Fuß schwer oder gar nicht erreichbar sind, aber gleichzeitig für die Menschen im Tal eine wichtige Schutzfunktion übernehmen.
Im Rahmen einer dreijährigen Forschungsinitiative wird gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und dem Institut für Waldwachstum der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) erhoben, wie KI die Waldbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels unterstützen kann. In zwei vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützten Projekten (Nov.2022 – Okt.2025) wird nach innovativen Möglichkeiten zur digitalen Erfassung von Waldbeständen und zur KI-Unterstützung für das Monitoring der heimischen Wälder gesucht. Auch spezielle Laser-Systeme (LiDAR-Technologie), die 3D-Struktur der Vegetation und das darunterliegende Gelände digital abbilden, kommen zum Einsatz.
Smarte Forstwirtschaft in Pilotregion
Seit November 2022 wird auf rund 5.000 Hektar ÖBf-Flächen im Raum Ebensee (OÖ) getestet, in welcher Qualität Walddaten mittels Laserscan am Boden und mit Drohnenbefliegungen erhoben sowie mit KI-Unterstützung sinnvoll ausgewertet werden können. Im Rahmen der Forschungsinitiative sollen unter anderem Durchmesser und Höhe der Bäume, Kronendichte, Totholzanteil und natürliche Verjüngung vermessen werden. Die gesammelten Daten werden durch eigens entwickelte, selbstlernende Algorithmen analysiert und in Modelle, sogenannte „digitale Zwillinge“ übersetzt, die Rückschlüsse auf Waldzustand und -gesundheit erlauben.
Ergänzend zu den Einschätzungen der Forstexperten sollen besonders in schwer zugänglichen Schutzwäldern auf diese Weise Informationen zur Beurteilung der Schutzwirkung gewonnen werden oder nach Wetterextremen, wie Stürmen bzw. Borkenkäferbefall, ein rascher und verlässlicher Überblick über das Schadensausmaß erlangt werden können.
„Wir sehen in technischen Innovationen und Digitalisierung eine große Chance, die Bewirtschaftung und Pflege unserer Wälder noch besser im Sinn von sicherer für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, qualitativ hochwertiger und kostengünstiger zu gestalten“, so Mag. Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Bundesforste, die rund 15 Prozent der heimischen Wälder nachhaltig betreuen. „Viele unserer Wälder sind sehr steil und schwer bis gar nicht zugänglich. Erhebungen am Boden können daher oft nur eingeschränkt durchgeführt werden und bergen ein nicht zu unterschätzendes Unfallrisiko, das wir minimieren wollen. Eben dort können Daten aus der Luft und KI zum Game-Changer werden“, hebt Schöppl hervor.
Nutz- und Schutzwälder
Auch sogenannte Schutzwälder sind von großer Bedeutung. „Sie spielen im Gebirgsland Österreich eine wichtige Rolle als natürlicher Wall gegen Naturgefahren wie Lawinen oder Steinschlag“, so Schöppl. In dem Projekt geht es um das Ziel, diese Wälder „schon heute klimafit“ zu machen. Dafür ist Wissen und belastbares Datenmaterial über seinen Zustand und seine Veränderungen essenziell.
„Österreich verfügt über ein etabliertes Monitoringsystem seiner Waldbestände. Besonders die Fernerkundung mit bundesweiten Luftbildaufnahmen, Laserscans, Satellitendaten, Gelände- bzw. Oberflächenmodellen spielt im Rahmen der Österreichischen Waldinventur eine große Rolle“, sagt Dr. Peter Mayer, Leiter des BFW. Detailinformationen können in Folge der geringen Auflösung mancher bisher genutzten Datenquellen nur eingeschränkt erfasst werden. Sie sind jedoch für das Erkennen von Waldverjüngung und deren Schäden, der Totholzvorkommen und für Planungen der Waldentwicklung sowie der Holzernte von großer Bedeutung. „Gemeinsam testen wir nun, wie hier neue Technologien sinnvoll eingesetzt werden können, um deutlich präzisere Informationen über die heimischen Wälder gewinnen zu können“, erläutert Dr. Arne Nothdurft, Professor für Waldmonitoring am Institut für Waldwachstum der BOKU Wien.
Im Rahmen der beiden dreijährigen Forschungsprojekte werden – aufbauend auf der langjährigen Erfahrung und Kompetenz der BOKU Wien im Bereich der „Digitalen Waldinventur“ und des Knowhows des AITs im Bereich autonomer Systeme, in Zusammenarbeit mit dem BfW – die bestehenden Verfahren weiterentwickelt und ein modernes und digitales Waldinventurverfahren für die Forstpraxis erarbeitet. „Wir digitalisieren den gesamten Datenfluss, um so wesentliche Fragen zur Bewirtschaftung des Waldes einfacher und anlassbezogener zu beantworten. Auch Auswirkungen von Schadereignissen können damit besser beurteilt werden“, so Dr. Manfred Gruber, Head of Competence Unit Assistive & Autonome Systeme des AIT.