In England ist mit GeoConnect+ ein Leuchtturmprojekt für die Umsetzung einer übergreifenden Projektplattform entstanden, bei dem heterogene Daten für Anlagenbetreiber integriert werden.
BIM ist als Methode für das digitale Bauen auf Projektebene das derzeit vorherrschende Thema der Bauwirtschaft. Doch wie gehen Infrastrukturbetreiber mit dem Thema um, die mehrere Baustellen in Planung oder Umsetzung haben? Experten sehen in diesem übergreifenden Ansatz den folgerichtig nächsten Schritt bei der Digitalisierung des Infrastrukturmanagements. Dafür gibt es bereits einen entsprechenden Begriff: Common Data Environment, kurz CDE. Das Ziel der CDE der nächsten Generation ist es, eine durchgängige Projektplattform zu realisieren, auf der Verwaltung und Nutzung aller Projektdaten über die Grenzen einzelner Projekte in einem integrierten Asset Informationsmodell unterstützt wird.
Vorreiter sind wie bei vielen BIM-relevanten Themen die angelsächsischen Länder. In einem zweijährigen Forschungsprojekt in Großbritannien ist eine Lösung entwickelt worden, die hohe Aufmerksamkeit erfährt. Sie ist bereits für die BIM Initiative of the Year bei den 2017 Building Awards und die Technological Innovation of the Year bei den 2017 London Construction Awards nominiert worden. Sie nennt sich GeoConnect+ und ist ein Gemeinschaftsprojekt des Beratungsunternehmens PCSG Ltd, des Softwareanbieters Group BC und der Ordnance Survey (britische Vermessungsverwaltung). Um diese Datenmanagement-, Integrations- und Prozessmanagement-Plattform zu entwickeln, die konzeptionell und technisch neue Wege geht, haben die Partner in den letzten drei Jahren ihre Lösungen und Dienstleistungen weiterentwickelt und aufeinander abgestimmt. Das Projekt begann ursprünglich als Forschungsprojekt zur Geolokalisierung grundlegender technischer Dokumentationen. Im Weiteren entstand ein größerer Ansatz und schließlich eine Plattform, die Games Technology, Mapping, technische Informationen sowie Sensordatenintegratoren und Echtzeitdaten aus der Sensorik verbindet. Das mittelfristige Ziel ist es, eine dezentrale, verknüpfte, offene Datengraphen-fähige Lösung bereitzustellen. In GeoConnect+ sind Personen, Prozesse, Informationen und Systeme systemund firmenübergreifend verbunden. Somit ist GeoConnect+ eines der weltweit meistbeachtesten Leuchtturm-Projekte für den Aufbau einer CDE und bildet eine mögliche Blaupause für weitere Projekte.
Dabei werden verschiedenste Datentypen und -anwendungen, die im Bereich Infrastrukturmanagement üblich sind, integriert: Geodaten, Karten und Pläne, Kataster aller Art, Fernerkundungsdaten, Analysen, Untersuchungsergebnisse, Planungsdaten, Szenarien, Kalkulationen, Dokumente, Sensordaten oder Fotos. Oft liegen Kombinationen aus strukturierten und unstrukturierten Formaten vor.
Geoconnect+ ist eine Cloud-basierte Plattform, die Daten der bebauten Umwelt mit Geo- und anderen Daten (etwa aus GIS) über verschiedene Silos hinweg verwalten kann. Sie kann die Daten speichern, verwalten, geolokalisieren und bietet den Zugriff für Kunden, auch im Rahmen von Bürgerdiensten, zu allen Lebensphasen des Projektlebenszyklus.
Von einem DMS- zu einem Plattform-Ansatz
Eine der Hauptaufgaben war es, die Verbindung offener Daten der Ordnance Survey, die Land- und Liegenschaftsdaten, das Leitungskataster sowie Hochwasser-, Fluss- und Straßennetzdaten herzustellen. In diesem Geodatenpool sollte gleichzeitig die betriebswirtschaftliche Bewertung der Anlagen im Rahmen eines Asset Managements in diesem System vollzogen werden. Geoconnect+ entspricht bereits vollständig der internationalen BIM-Norm ISO 19650 (in Entwicklung; siehe Kasten S. 21) und gängigen Sicherheitsstandards.
Zudem werden Geodaten, die projektspezifisch erhoben werden (etwa von hauseigenen GISTeams oder externen Lieferanten) eingebunden. Ziel war es, dass maßgeschneiderte Kartendaten auch an weitere Verantwortliche weitergegeben werden können, ohne dass dafür ein Zugang zu kostenintensiven GIS-Systemen notwendig ist. Die Plattform kann sogar Echtzeit- Sensordaten aufnehmen, die von Satelliten erfasst werden.
Dabei werden externe Datenquellen in eine Vielzahl von Industriestandardprotokollen und -formaten über Webservices und Datenbusschichten mit Objekten aus Engineering- und Simulationsmodellen verknüpft, mit der Dokumentation verbunden, aufbereitet und schlussendlich in einer Vielzahl von Medien präsentiert. Eine kleine Auswahl von integrierten Technologien und Formaten sind Revit, IFC, Unity, KML, XML, MassMotion, PDF, JSON und DWG. Informationen aus der CDE können auch über Barcodes, QRCodes oder RFID getagged werden und so auch mobil – etwa bei Design, Produktion oder Wartung – aufgerufen werden.
Schichtenmodell
Auf technischer Ebene besteht die GeoConnect+-Plattform aus sechs Service-Layern, die jeweils sicherheitstechnisch einzeln abgeschirmt sind. Diese sind die Präsentationsschicht, die Dienstleistungs- und Anwendungsschicht, die CDE-, Simulations-, Modell-, Daten- und Engineering-Schicht, die Datenbusschicht, die Transportschicht für Webservices und die externe Datenquellenschicht.
Dieses Schichtenmodell spielt eine wichtige Rolle für die technische und semantische Integration der einzelnen Daten. Der Anspruch ist, diese Verbindungen auf jeder Maßstabsebene abzubilden. Der Übergang vom Makro- zur Mikro-Sicht und umgekehrt soll jederzeit homogen möglich sein, also in jedem Maßstab eine inhaltlich konsistente Sicht- und Auswertung ermöglichen – von großflächigen Karten in kleinem Maßstab bis hin zu technischen Detailplänen. Sie ermöglicht den am Lebenszyklus von Anlagen beteiligten Fachleuten also die Navigation innerhalb von Karten-basierter Informationsdarstellung, über virtuelle 3D-Sichten bis hin zu detaillierten technischen Informationen, die in BIM, Zeichnungen und Zeitplänen entwickelt wurden.
„Die Entwicklung von GeoConnect+ war eine echte Zusammenarbeit zwischen allen drei Partnern (PCSG, BC und OS), die Fachwissen und Fähigkeiten über Technologie, Services und Daten hinweg vereint“, erklärt Adrian Burgess, CTO bei PCSG. „Das Ergebnis ist ein innovatives Produkt, das es Asset-Eigentümern und Auftragnehmern bereits heute ermöglicht, auf eine Vielzahl von hochrelevanten Datenquellen über ihre Anlagen, Standorte und die Umgebung zuzugreifen, diese miteinander zu verbinden und so bestehende Portfolios effektiver zu pflegen und neue Assets zu verwalten.“
Einer der ersten Nutzer des Systems, Thames Water, berichtet bereits von erheblichen Einsparungen und Renditen. Eine Reihe anderer Pilotanwender erwarten ebenfalls große Einsparungen, obwohl diese derzeit noch nicht quantifizierbar sind.