Welche Anforderungen an ein BIM-Modell gestellt werden, variiert von Projekt zu Projekt. Planer stellen beispielsweise zunächst die Geometrie des BIM-Modells oder der Teilmodelle für die Kollisionsprüfung in den Vordergrund. Die Attributierung ist dabei zunächst nebensächlich. Andere dagegen bevorzugen ein BIM-Gesamtmodell, bei dem weniger die Geometrie entscheidend ist, sondern eher die Informationen im Vordergrund stehen – also die Attribute, die für weitere Auswertungen gemäß Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) entscheidend sind. Dass BIM-Modellen beziehungsweise den Teilmodellen in Sachen Darstellungen nahezu keine Grenzen gesetzt sind, ist mitunter nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Wie wäre es zum Beispiel, Berechnungsergebnisse mit den Geometrieinformationen in einem Modell zu vereinen?
Festlegung von Grundsätzen für das Modell
Ein solches BIM-Modell hat die KOCKS Consult GmbH als Planungs- und Beratungsunternehmen vorgenommen. Die KOCKS-Ingenieure erhielten den Auftrag, einen lärmtechnischen Fachbeitrag zur Planung von Lärmschutzmaßnahmen in Gebäuden zu erstellen. „Wir wurden mit der Aufgabe konfrontiert, im Rahmen der kommenden Entwurfsplanung die Berechnungsergebnisse der Lärmuntersuchung in einem BIM-Modell abzubilden“, berichtet Dipl.-Ing. Michael Hoffmann von KOCKS. BIM-Modelle, die Berechnungsergebnisse abbilden, unterliegen allerdings in der Darstellung und Attributierung keinen Standards. „Daher mussten wir verschiedene Grundsätze für die bevorstehende Aufgabe erarbeiten und festlegen.“
Die Anforderung bestand darin, die Modelle planungstauglich zu gestalten. Das bedeutet, die Elemente des Modells müssen eindeutige Ergebnisse anzeigen. „Die Frage ist: Was heißt das genau?“, rätselt Hoffmann. In der Vorarbeit setzten sich die KOCKS-Ingenieure mit verschiedenen Parametern auseinander, die für die Erstellung des Modells wichtig waren. So wurde erst einmal untersucht, welche geometrische Darstellung für die Berechnungsergebnisse geeignet sind und welche Einzelelemente, also Bauteile, sinnvoll zu deren Abbildung sind. Auch legten die Ingenieure fest, welche Attribute die Elemente des Modells zugewiesen bekommen sollten. Zu guter Letzt stand noch die Frage im Raum, ob unterschiedliche Farben neben den Attributen zusätzliche Informationen anzeigen könnten.
Modellerstellung mit card_1 und CardScript
Nachdem die Grundsätze zur Darstellung der Berechnungsergebnisse festgelegt waren, hieß es, diese in ein BIM-Modell mitsamt der Berechnungsergebnisse zu überführen. Da BIM allerdings keine Software ist, sondern eine Methode zur Bauplanung, muss diese erst einmal mit geeigneten Werkzeugen in einer Softwarelösung implementiert werden. Das galt auch für die Darstellung der Lärmberechnungsergebnisse. Die Ingenieure bei KOCKS nutzten dazu die von der IB&T Software GmbH entwickelte Lösung card_1, die über BIM-Module und die integrierte Programmiersprache CardScript verfügt.
Die KOCKS-Ingenieure entwickelten ein CardScript zur Darstellung eines 3D-Modells, das neben den lärmtechnischen Berechnungsergebnissen ebenfalls die Geome- trieinformationen der Berechnungspunkte enthielt. Diese wurden in Form von Zusatzattributen an die einzelnen Bauteile geschrieben. Nachdem der Umfang der im Modell benötigten Attribute festgelegt war, wurden diese aus der Software für die Lärmberechnungen in Tabellenform ausgegeben. Die Ergebnislisten lasen die KOCKS-Ingenieure in card_1 ein und verarbeiteten diese mittels des erstellten CardScriptes in einem Modell weiter: Die Geometriedaten wurden zur Attributierung und Positionierung der Bauteile genutzt und diese dann mit den Berechnungsergebnissen versehen.
Ausgabe als Gesamtmodell
In Verbindung mit den CityGML-Daten der Gebäude entstand so ein Modell mit Bauteilen halbzylindrischer Darstellung der einzelnen Berechnungspunkte über alle Stockwerke, bestehend aus drei Teilelementen: Dem Berechnungsergebnis mit Lärmschutz, den Geometriedaten und dem Berechnungsergebnis ohne Lärmschutz. Gleichzeitig kennzeichnet der Grad der Farbgebung die lärmschutztechnische Grenzwertüberschreitung. Den drei Bauteilen eines Berechnungspunktes sind die Berechnungsergebnisse als Zusatzattribute zugeordnet. Das Modell wurde anschließend im CPIXML-Format exportiert und ist so nun in BIM-Viewern oder in DESITE MD als Gesamtmodell nutzbar. Hoffmann resümiert die Aufgabe: „Die Darstellung von Berechnungsergebnissen als Modell war eine sicherlich nicht alltägliche Herausforderung. Hier zeigt sich, dass es neben den zu erwartenden Standards im Infrastrukturbereich immer noch Spielraum für Modelle, Objekte und Attribute ohne Standards gibt, die an die jeweiligen Projekterfordernisse anzupassen sind.“ (vb)