Mit vermehrtem Nutzen von 3D-Stadtmodellen in Anwendungen wachsen auch die Anforderungen an die Qualität der Daten.
Navigationssoftware, Funkwellenausbreitung, Hochwassersimulationen, Energieleitplanung und Datengrundlage für Smart City Konzepte: Die Verwendungsmöglichkeiten für virtuelle Stadtmodelle haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Sie werden nicht mehr nur für die reine Visualisierung genutzt, sondern für wichtige kommunale Aufgaben. Gleichzeitig ist deren Bestand massiv angewachsen. Durch den Beschluss 121/10 der AdV (Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltung der Länder der Bundesrepublik Deutschland) zur Erfassung und Vorhaltung flächendeckender 3D-Stadtmodelle gehören die virtuellen Abbildungen zum Standardrepertoire vieler Kommunen – nicht nur bei Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern.
Viele Anwendungen auf kommunaler Ebene benötigen ein qualitätsgesichertes 3D-Gebäudemodell, das im Detaillierungsgrad über die vorhandenen Modelle der Landesvermessung hinausgeht. Wiederholt wurde dort über die Notwendigkeit herstellerunabhängiger Prüfmethoden zum Qualitätsmanagement diskutiert.
Die oben skizzierten Anwendungen beziehen sich meist auf zukunftsgerichtete Simulationen. „In der Praxis sind derartige numerische Simulationen derzeit allerdings mit einem hohen manuellen Aufwand für die Reparatur und Aufbereitung der Modelle verknüpft“, sagt Professor Volker Coors von der Hochschule für Technik (HFT) Stuttgart.
Neue Ansätze bei QS
Bislang konzentrieren sich Bewertungstools und -methoden vor allem auf semantische und geometrische Fehler wie beispielsweise Kantenüberschneidungen oder die Übereinstimmung mit einem Standard wie CityGML. Neue Ansätze gehen darüber hinaus. So auch bei dem bekannten CityDoctor, einem kostenlosen Tool zur Überprüfung der Qualität der 3D-Datengrundlage. Die Lösung geht auf ein Forschungsprojekt zurück, das in den Jahren zwischen 2010 und 2013 umgesetzt wurde. Nun geht der „CityDoctor 2.0” in eine zweite Phase. Darin geht es darum, einen Prozess zur automatisierten Reparatur virtueller Stadtmodelle zu entwickeln.
Im Rahmen des Projekts wurden außerdem verschiedene Methoden zur automatisierten Heilung implementiert, die aber eine eher geringe Komplexität aufweisen. Es konnte zwar anhand von Beispielen der Stadt Stuttgart und der Stadt Rotterdam gezeigt werden, dass bei einfachen Gebäudemodellen in City- GML LoD2 etwa 80 Prozent der geometrischen und topologischen Fehler geheilt werden können. Vor dem Hintergrund eingangs erwähnter Anwendungen reicht dies aber nicht aus. „Der daher aktuell vorhandene Flaschenhals für den umfassenden Einsatz von Stadtmodelldaten für unterschiedliche Anwendungsgebiete soll durch das Projekt ‚CityDoctor 2.0‘ möglichst weitgehend behoben werden“, so Coors.
Aktuelle Entwicklungen
Am Markt gibt es bereits mehrere Methoden, welche die Abweichung von 3D-Stadtmodellen und Punktwolken aus Laserscan- Daten systematisch beurteilen. Moderne Tools sollen beurteilen, wo bei der Gebäudemodellierungen Toleranzgrenzen aufhören und Fehler beginnen.
Die Firma Geoplex beispielsweise hat kürzlich eine studentische Abschlussarbeit gefördert, in deren Rahmen ein Verfahren zur automatischen Überprüfung der geometrischen Genauigkeit von LoD2-Gebäudemodellen untersucht wurde, das auch bei großen Datenmengen angewendet werden kann. Vor allem ist dies interessant für die Prüfung von automatisiert erstellten Stadtmodellen, so zum Beispiel der landesweiten Gebäudemodelle. Diese beinhalten standardisierte Dachformen. Da die Gebäudemodelle der Öffentlichen Hand von den Gebäudeumrissen aus den Katasterdaten (ALKIS) abgeleitet werden, können hier Konflikte innerhalb der verschiedenen Referenzdaten auftauchen. Im Zuge zunehmender Integration von Einzeldatenbeständen innerhalb von 3D-Modellen wird diese Integration verschiedener Referenzdatensätze in Zukunft ein bestimmendes Thema sein, auch im Umfeld von BIM-Anwendungen.
Neue Arbeitsgruppe
Die Kommission „3D-Stadtmodelle“ plant derzeit gemeinsam mit der „Special Interest Group 3D“ (SIG3D) die Gründung einer Arbeitsgruppe Qualität (AG Qualität). Diese hat das Ziel, überprüfbare Anforderungen an 3D-Stadtmodelle zu entwickeln, die über einfache LoD2-Gebäudemodelle hinausgehen. Zudem soll ein Prüfplan entwickelt werden, der diese Anforderungen abbildet. Auch sollen Prüfmethoden definiert werden, um den Prüfplan softwareneutral zu implementieren. Die AG will zukünftig Modelle bereitstellen, die zum Testen von Prüfsoftware genutzt werden können. Die Mitwirkung durch Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Unternehmen und Hochschulen in der AG Qualität ist erwünscht.
Weiterhin bestimmen die Diskussionen rund um die Nutzung von CityGML-Dateien im Kontext von Building Information Modeling (BIM) die Branche. Erwartet wird auch die Verabschiedung der Version 3.0 von CityGML durch das OGC für das erste Quartal 2019. Wichtige Neuerungen sind die Umsetzung eines vollständig modellbasierten Ansatzes, die Harmonisierung mit der INSPIRE-Richtlinie, die Überarbeitung des LoD-Konzepts und die Aufnahme von nicht-gebäudetypischen Strukturen.