Auf der A24 wird derzeit ein Pilotprojekt realisiert, bei dem erstmalig in der Geschichte Planung, Ausführung und Erhaltung mit BIM aus einer Hand erfolgen.

Das Pilotprojekt auf der Havellandautobahn wird erstmals komplett auf Basis von BIM durchgeführt. Unter anderem kann so ein belastbarer Soll-Ist-Vergleich vorgenommen werden. Foto: ARGE A10 / A24 Havellandautobahn
Seit 2020 ist in Deutschland die BIM-Methode im Infrastrukturbau Pflicht – zumindest in der Theorie. Die tatsächliche schrittweise Umsetzung beim Bau von Autobahnen und Bundesstraßen erfolgt mittlerweile jedoch nach dem „Masterplan Bundesfernstraßen“, der BIM erst ab 2025 im Regelbetrieb vorsieht. Der Weg dorthin führt insbesondere über die Durchführung diverser Pilotprojekte. Das erste davon, bei dem Planung, Ausführung und Erhaltung mit BIM in einer Hand liegen, ist das sogenannte Verfügbarkeitsmodell A 10/A 24. Das Projekt wurde als eines der ersten ÖPP-Projekte der „Neuen Generation“ im Bundesfernstraßenbau durch den öffentlichen Auftraggeber DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH ausgeschrieben und beauftragt.
In dessen Rahmen sollen bis 2023 zwischen dem Autobahndreieck Pankow und der Anschlussstelle Neuruppin ein kritisches Stück der A 10 ausgebaut sowie ein Teil der A 24 grundhaft erneuert werden. Ein Bauabschnitt auf der A 24 bildet das mit BIM umzusetzende Teilstück. Um eine praktikable Blaupause für die Zukunft im deutschen Straßenbau abzubilden, erfolgt das Projekt obendrein in OPEN BIM. Auch ALLPLAN-Lösungen kommen dabei zum Einsatz.
Komplexe Aufgabe
Die „eine Hand“, in die das ÖPP-Projekt im März 2021 gelegt wurde, ist die Projektgesellschaft Havellandautobahn GmbH & Co. KG, bestehend aus invesis (ehemals BAM PPP) und PGGM sowie der HABAU PPP GmbH. Die Planungs- und Bauleistungen unterliegen der ARGE A 10/A 24 Havellandautobahn, die sich zu jeweils gleichen Teilen aus der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG (Royal BAM Group) und der HABAU Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH zusammensetzt. Betrieb und Erhaltung unterliegen wiederum der Havellandautobahn Services GmbH & Co. KG.
Die Komplexität der Unternehmensstruktur gilt ebenso für die eigentliche BIM-Aufgabe: die BIM-Vertragsstrecke umfasst auf der A 24 einen Bauabschnitt von 5.500 Metern Länge, inklusive zweier Tank- und Rastanlagen sowie zweier Ingenieurbauwerke, bestehend aus dem Ersatzneubau der Brücke BW2 über die Ortsverbindungsstraße Kuhhorst-Linum und einer 265 Meter langen Lärmschutzwand. Die vertraglich festgelegten BIM-Anwendungsfälle enthalten die Erstellung von Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und BIM-Abwicklungsplan (BAP), die Generierung und Fortschreibung der Fachmodelle, BIM-Koordination, 2D-Planableitungen aus den BIM-Modellen, modellbasierte Visualisierungen, die Bereitstellung der Lieferobjekte gemäß DIN ISO EN 19650, Verlinkung der Pläne, Dokumente etc. sowie eine 4D-Bauablaufsimulation und einen 4D-Soll-Ist-Vergleich. Für die Erhaltungsphase ist zudem eine Visualisierung der Erhaltungsmaßnahmen und der Ergebnisse gemäß den ZTV-Funktionen vorgesehen.
OPEN-BIM-Datenaustauch in IFC 4.0

Die eingebettete Schalungsplanung in der Bauablaufsimulation ergänzt den herkömmlichen Bauzeitenplan. Foto: ARGE A10 / A24 Havellandautobahn
Um das Projekt erfolgreich abschließen zu können, müssen mehrere Fachmodelle (Gelände, Ingenieurbauwerke, Strecke, Tank- und Rastanlagen, Brücken) erstellt werden, von denen sich die meisten wiederum aus verschiedenen Teilmodellen (zum Beispiel Bestand, Bodenschichten, Brücke, Lärmschutzwand, Sparten, Ausstattung) zusammensetzen. All diese Modelle werden dann in einer gemeinsamen Datenplattform zusammengeführt und koordiniert. Der OPEN-BIM-Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Software-Lösungen erfolge – soweit es möglich ist – im offenen IFC-Format (IFC 4.0). Für die Modellierung der beiden Brücken (Bestand und Neubau) verwendet Wayss & Freytag Ingenieurbau AG außerdem die Software Allplan. Gleichwohl steckt in jedem weiteren Stahlbetonbauteil ein bisschen Allplan drin, denn auch bei der Bewehrungsplanung setzen die Ingenieure auf die BIM-Software.
Die Vorteile der BIM-Methode, insbesondere bei derart komplexen Bauvorhaben, liegen auf der Hand: Planungsfehler können drastisch reduziert und somit planungsbedingte Fehler in der Umsetzung vermieden werden. Mengen, Kosten und Zeitpläne bleiben stets akkurat und transparent, was Optimierungen und letztlich ein effizienteres, wirtschaftlicheres Bauen ermöglicht. (jr)